64 Slices Of American Cheese / Il Pavone Reale
Il Pavone Reale Spielzeit: 36:14
Medium: CD/LP
Label: Go Records, 2016
Stil: Post Jazz Rock

Review vom 04.06.2016


Joachim 'Joe' Brookes
"Il Pavone Reale" ist der Titel des Albums der italienischen Formation 64 Slices Of American Cheese. Der Bandname klingt schon ein wenig abgedreht und die Mucke der sechs Musiker ist es irgendwie auch. 'Der royale Pfau' passt als Albumtitel, denn bunt sind die neun instrumentalen Kompositionen schon. Die Gruppe existiert seit 2002 und im Informationsblatt steht: »[...] The Band has introduced Calexico's style in Italy, [...]«. Und weiter heißt es: »[...] but in the last years they have turned into jazz and prog sounds.«
So wie es sich liest, ist die Musik dann noch breiter gefächert, denn die sechs Herren haben auch noch ein Faible für Filmmusik beziehungsweise »90's psychedelic post-noise.« Noch Fragen?
Die Lieder auf "Il Pavone Reale" sind die neun Antworten exklusiv ausgeführt von 64 Slices Of American Cheese. Der bunte Fasan ist definitiv nicht hochnäsig, hat eher etwas von Bürger- oder besser gesagt Hörernähe. Okay, wer nicht auf Instrumentals steht und wer obendrein auch nichts mit Saxofon, Klarinette oder Trompete am Hut hat, kann hier aufhören zu lesen.
Für alle anderen aufgeschlossenen Hörer ist 64 Slices Of American Cheese schon von Interesse, weil man es geschafft hat, verdammt viele Stile erfolgreich zu mischen. In gut sechsunddreißig Minuten rührt die Formation einen unterhaltsamen Musik-Teig an, der oberflächlich betrachtet zu keiner Langeweile Anlass gibt. Natürlich wird bei RockTimes immer auch genauer hingehört. Manchmal nimmt man sich nicht unbedingt stets Zeit für gute Musik. Die Spreu trennt sich vom Weizen.
Vom Keyboardsound kommt einem der Opener "Sigla" irgendwie bekannt vor. Die Erinnerung nimmt ihren Gang und führt zu Van Halens "Jump". Mag sein, dass der eine oder andere Hörer woanders landet, aber bekannt ist der Klang schon. Paolo Gradari springt quasi mittendrin mit seinen Saxofon-Fantasien ein und reißt das Steuer dieser rockig-kurzen Album-Eröffnung in Richtung ordentlich.
Ups, was soll das denn jetzt? Die simpel-kindlich gehaltene Tastenfahrt führt zu Beginn von "Theo Die 64" zur NDW. Die Bläser setzen dagegen auf oberflächlichen Jazz und die Saiten-Abteilung macht weiter in Rock. Der Musik-Mixer muss viele Zutaten klein arbeiten. Diese Nummer ist allerhöchstens unterhaltsam, aber von einer anregenden Kreativität soweit entfernt, wie Pinocchio von der Wahrheit.
"Il Pavone Reale" fängt aus meiner Sicht erst bei "Piedons Mmmigo" so richtig an. Es wird vertrackt, verschiedene Elemente verbinden sich hier schon viel besser zu einem Song, der vielschichtig und folglich interessant wird. Der Bläser-Jazz rückt der Ernsthaftigkeit auf den Pelz und die Gitarren haben die Rock-Brille noch nicht abgelegt. Zum Schluss des Stücks tritt die Combo dann noch im Zirkus auf.
"Terminator" bracht länger, als die anderen Kompositionen, um zum Finale zu kommen. Sechseinhalb Minuten erwarten den Hörer. Und was machen die 64 Slices Of American Cheese daraus? Die Musik kommt vom Experimentiertisch eines Klang-Alchemisten. Das Lied hört sich an, wie der Rest aus dem Topf, indem die Sounds angerührt wurden. Ansatzweise kratzt man an der Psychedelic. Die trifft, nach einem verträumt-wabernden Intermezzo schließlich wieder auf die einfach-durchschaubaren Erzählkünste des Keyboards. Als zweite Buchstütze taucht "Sigla" nochmals aus der Versenkung auf. Seinen Bass setzt Andrea Zanella mit Wah Wah-Pedal-Einsatz aussagekräftig ein. Dieses "Sigla" verfügt über Progressive Rock-Stimmung und ist hier dementsprechend großformatig inszeniert worden.
Ein klasse Abschluss eines Albums, das sich durch Höhen und Tiefen auszeichnet. Die Begeisterung hat Grenzen. Wessen Kreislauf standhaft ist, kann "Il Pavone Reale" von 64 Slices Of American Cheese gerne auf die Teststrecke schicken.
Line-up:
Andrea Zanella (bass, keyboard)
Filippo Bianchi (guitar)
Matteo Castagnoli (guitar)
Federico Guardigni (drums)
Paolo Gradari (saxophone, clarinet)
Simone Marzocchi (trumpet, keyboard)
Tracklist
01:Sigla
02:Theo Die 64
03:Piedons Mmmigo
04:Balboa
05:L'Oliva Taggiasca
06:Olimpiadi
07:Ooooooph!
08:Terminator
09:Sigla
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