Agalloch / The Serpent & The Sphere
The Serpent & The Sphere Spielzeit: 59:58
Medium: CD
Label: Eisenton, 2014
Stil: Folk/Doom/Black Metal


Review vom 01.07.2014


Andrea Groh
Aaaaaaaaaaahh, Agalloch - da freut sich Andrea… weil seit "The Mantle" begeistert von der Band. Für alle, die jetzt fragen, Aga-wer? Hier ein paar Infos:
1996 kam eine Gruppe aus Portland, Oregon auf die Idee, sich nach dem Agallochum malaccense (= Adlerholzbaum) zu benennen. Das erste Demo von 1997 hatte passenderweise ebenfalls einen baumigen Titel, "From Which Of This Oak". Diesem folgten noch einige Veröffentlichungen, von denen ich hier nur die Full-Lenght-CDs aufzählen will: "Pale Folklore" (1999), "The Mantle" (2002), "Ashes Against The Grain" (2006) und "Marrow Of The Spirit" (2010).
Aus den Abständen könnte man schließen, dass es 2014 wieder einen Longplayer geben müsste - und ja, dem ist so. Dieser nennt sich "The Serpent & The Sphere" und kommt stilvoll im Digi, wobei die Zwischenräume der Schlange auf dem Frontcover ausgestanzt sind. Toll aufwändig gemacht, sehr schön.
Weiter könnte man nach Herkunftsbundesstaat und den CD-Titeln folgern, dass wir es hier mit Cascadian Black Metal zu tun haben. Tatsächlich werden Agalloch dazu gezählt, wobei sie (neo-)folkiger sind als die meisten anderen Bands dieser Kategorie. Ihre Musik setzt sich in wechselnder Dosierung aus Elementen von Neofolk, Doom und (Post) Black Metal zusammen, ist dabei häufig sehr stimmungsvoll, manchmal zart und schön, manchmal auch etwas rau und sperrig. Inhaltlich geht es häufig um die Natur (das dürfte niemanden verwundern) mit Tendenzen zum (Neu-)Heidentum, um Leben und Tod.
Nun widmen wir uns der Frage, was sich hinter der Schlange verbirgt, zwischen ihrem Kopf "(Serpens Caput)" und ihrem Schwanz "(Serpens Cauda)": das Herz der Schlange "Cor Serpentis (The Sphere)" bzw. die Sphäre.
Was in diesem Fall bedeutet: Atmosphäre. Diese ist im ersten Moment etwas schwer zugänglich - schnell wird klar, die vorliegende Scheibe erfordert mehr als nur einen Durchgang. Sie will erst erobert/entdeckt werden. Doch dann setzt die Faszination ein; und wächst… mal ehrlich: Hat jemand etwas anderes erwartet? Agalloch wollten noch nie einfach sein, sondern langsam ihre Intensität aufbauen.
Gleich der Opener "Birth And Death Of The Pillars Of Creation" hat nicht nur einen langen Titel, sondern auch lange Spielzeit. Ermöglicht damit, gleich einiges von der musikalischen Bandbreite zu präsentieren: beginnend mit ruhig-folkigen Klängen bis Heavy-Riffs einsetzen, dabei sich (fast schon hypnotisch) wiederholen, zunächst eine Breitwand erzeugen, dann sanfte Momente einzubauen und sich wieder steigern. Es dauert fast fünf Minuten bis der Gesang anfängt, John Haughm bewegt sich dabei zwischen flüstern und keifen. Die Instrumente erzeugen weiterhin Schwingungen, die etwas Wellenartiges haben. Dann scheint alles zu verklingen, ein kurzer Eindruck von Ruhe, gefolgt von einer fremdartig-schönen Harmonie.
Der verspielt und verträumt wirkende zweite Track "(Serpens Caput)" ist ein Instrumental - wie übrigens alle mit Klammer und Schlangenbegriff im Titel - Ausnahme von dieser Regel ist lediglich das längste Stück "Plateau Of The Ages", das ebenfalls ohne Worte auskommt. Das ist schon nicht einfach, zwölf Minuten ohne Gesang interessant zu gestalten - doch es gelingt durch wechselnde Intensität und Pulsieren von Energie.
Dennoch muss ich zugeben, mit Vocals gefällt es mir noch eine Ecke besser, zumal die Lyrics philosophisch-poetisch sind - hier ein Beispiel aus "Celestial Effigy":
»My allegiance is with the inner self
The dark celestial voice of wisdom
Beyond the dust that is this world.«
…einfach schön… und passt gut zur Musik, die ihre eigene Schönheit entfaltet, wenn man sie gewähren lässt.
Bei "The Serpent & The Sphere" kann man sich einen Wald vorstellen, durch den man langsam wandelt. Dem flüchtigen Wanderer wird vieles entgehen, was erst bei eingehender Betrachtung zu sehen ist. Das Wechselspiel von Dunkelheit und Licht, die Feinheiten in den Verästlungen der Bäume, die immer wieder ähnlich und doch anders sind, wenn man den Blick schweifen lässt.
Doch neben dem Sichtbaren gibt es noch mehr: die Energie des Existierens, die Erinnerung an vergangene Zyklen, Sterben und Entstehung von neuem Leben.
Agalloch gelingt es, diese Empfindungen in Klänge umzusetzen. Das mag vielleicht nicht eingängig sein, doch auf gewisse Weise ein Kunstwerk, ein Spiegel der Natur, eingefangen in folkig-metallische Sounds, die immer wieder be-/verzaubernde Momente bieten.
Und es nimmt mich gefangen, erweckt das Verlangen, wieder und wieder darin einzutauchen… danke für das Erlebnis…
Die hohen Erwartungen wurden erfüllt, auch wenn keine neuen Elemente hinzugekommen sind (muss ja auch nicht), die Kombination der vorhandenen Aspekte wirkt einheitlicher als zuvor und auch ganzheitlicher.
Line-up:
John Haughm (guitars, acoustic guitar, vocals, whisper, percussion)
Don Anderson (guitars, piano, keyboards)
Jason William Walton (bass)
Aesop Dekker (drums)

Guest:
Nathanaël Larochette (acoustic guitars)
Tracklist
01:Birth And Death Of The Pillars Of Creation [10:30]
02:(Serpens Caput) [3:38]
03:The Astral Dialogue [5:13]
04: Dark Matter Gods [5:12]
05:Celestial Effigy [6:59]
06:Cor Serpentis (The Sphere) [3:00]
07:Vales Beyond Dimension [6:50]
08:Plateau Of The Ages [12:28]
09:(Serpens Cauda) [3:12]
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