Phil Sutcliffe
AC/DC High Voltage Rock'n'Roll:
Die ultimative Bildbiografie
C/DC High Voltage Rock'n'Roll 224 Seiten, ca. 500 Fotos/Dokumente
Hardcover, gebunden, 28 x 24 x 2
Medium: Buch
Erschienen bei Edel Germany GmbH, Hamburg, 2011
ISBN: 978-3-8419-0079-1, € 24,95 (D), € 25,70 (A)

Review vom 18.09.2011


Jochen v. Arnim
Der 1. September 1984 hat sich bis heute unauslöschbar in meine Erinnerung gebrannt. Es war der Tag, an dem eine von zwei Monsters of Rock-Veranstaltungen in Deutschland angesagt war, der Tag, an dem wir bis nach Karlsruhe ins Wildparkstadion pilgerten, um mit weiteren 45.000 Fans unter glühend heißer Sonne ein spitzenmäßiges Line-up zu sehen. Und für mich war es zudem Tag 1 nach Bon Scott, will sagen, 'mein' erstes Konzert der Australier mit Brian Johnson als Sänger. Klar war ich gespannt, gelinde ausgedrückt, hatte AC/DC doch bereits seit etlichen Jahren mit unterschiedlicher Intensität meinen Musikkonsum beeinflusst. Der Ablauf des Tages soll hier aber ebenso wenig eine Rolle spielen, wie der augenscheinlich betrunkene David Lee Roth, der schlechte Sound bei Ozzy, die weinenden Mädels bei Empty Rooms oder der Auftritt von Dio. Wichtig für mich war, dass die Headliner meine Erwartungen auch live mit dem 'Neuen' nicht enttäuschen würden. Und in der Tat, es war schon dunkel draußen, als die ersten Glockenschläge ertönten und den Auftakt für gut zwei Stunden Vollrausch bildeten. Unauslöschbar. Wäre 'meine' Feuertaufe mit Johnson in die Hose gegangen, hätte ich mich womöglich von der Band abgekehrt und nicht über ein viertel Jahrhundert später den Finger gehoben, als es um die Rezension des hier vorliegenden Buches ging. Auch die Bezeichnung Bildbiografie hat mich mehr gereizt, als die mögliche Aussicht, ein weiteres Mal 500 Seiten nüchterner Fakten zu studieren, nur um anschließend ein Votum abzugeben, ob und wieviel Prozent des Geschriebenen nun wirklich previously undisclosed ist.
Genug des Vorgeplänkels, packen wir das Buch mal aus. Schön brav, wie wir es im Verlag gelernt haben, beginnen wir damit, zuerst Optik und Haptik wirken zu lassen. Liegt gut und angenehm in der Hand, fast schwer und fast quadratisch. Angenehm auch der monochrom gehaltene Grundton des Covers, bis auf die in roter Farbe krude mit Schablone aufgemalten Schriftzüge. Als Gimmick hat sich der Verlag eine in den Deckel eingelassene Drehscheibe ausgedacht, auf der Angus Young in einer für ihn typischen Pose seine Gibson bearbeitet und mit der man mittels Drehung den Angus-Salto vollführen kann. Auf der Rückseite wird es dann mit den Abbildungen alter Eintrittskarten, Buttons und Pässe etwas farbiger; gleichzeitig auch schon ein Hinweis auf Teile des Inhalts?
Der Autor, Phil Sutcliffe, ist wahrlich kein Unbekannter in der Musikszene, macht er sich doch seit Mitte der siebziger Jahre immer wieder aufs Neue einen Namen durch gute Interviews, tiefgründige Betrachtungen und fundierte Rezensionen. Zählt man nur seine wichtigsten Veröffentlichungen, so kommt man schon spielend auf 600. Und wie viele weitere Beiträge er für Publikationen wie die Los Angeles Times, Sounds und nicht zu vergessen Mojo schon verfasst hat, mag er alleine wissen. Hier nun hat er unglaublich viel Material zusammengestellt und auf über 200 großformatigen Seiten ansprechend präsentiert.
Und schon sind wir im Innenteil des im Jahre 2010 im Original erschienen Werks. Zehn große Kapitel unterteilen das Buch in sinnvolle Abschnitte von der Vorgeschichte der Familie Young in Glasgow bis zum zuletzt veröffentlichten Soundtrack zu "Iron Man 2", der 2008 herausgebracht wurde und der jüngsten Welttournee. Unterstützt wurde Sutcliffe in seinen Bemühungen, hier auch viel bislang nicht veröffentlichtes (Bild-)material zwischen die Buchdeckel zu bringen, von Kommentaren und Beiträgen nicht nur aus den Reihen der Band selbst, sondern es melden sich alte Wegbegleiter von Page über Steve Vai bis Perry. Neben den biografischen Darstellungen, die natürlich nicht aus der Enthüllung sensationeller Geheimnisse bestehen, dennoch immer wieder für kleine Aha-Effekte sorgen, gibt es eine umfassende Diskografie und Bilder, Bilder, Bilder. Dass hierauf besonders viel Augenmerk gelegt wurde, sieht man schon am ersten doppelseitigen Foto. Das fisheye hat eine, wohl beliebige, aber typische Szene eines der frühen Auftritte der Band in Cleveland eingefangen. Seitlich vom Bühnenrand aufgenommen zeigt es die komplette Band, Bon und Angus in allseits bekannter Manier mit nackten Oberkörpern, der Eine das Mikro in der Hand und der Andere über seine Gitarre gebeugt und der Rest des Fotos wird vom Publikum ausgefüllt. Eine nicht zu differenzierende Masse im Municipal Stadium - Innenraum, Unter- und Oberrang sind knüppelvoll, ganz wie heute und trotzdem kommt das Flair der späten Siebziger durch. Und genau so geht die Zeitreise weiter. Sutcliffe nimmt uns mit Hilfe von tollen Fotos tief hinein in die Anfangsgeschichte der Band und ihrer Mitglieder. Man muss dankbar dafür sein, dass irgendwelche Fotografen (die natürlich alle namentlich genannt werden) vor 35 Jahren und früher die Weitsicht besaßen, Auftritte zu knipsen, als die Youngs und die anderen späteren AC/DCs noch in Combos spielten, die auf so schöne Namen lauschten wie Pony oder Chequers.
Die Textpassagen der einzelnen Kapitel werden neben den vielen fantastischen Fotos, teilweise natürlich nicht in Farbe, von einer Unmenge sogenannter Collectibles aufgelockert. Und hier muss das Herz eines jeden Fans höher schlagen: Tickets, Buttons, Sticker, Aufnäher, Flyer, Plakate, Plattencover (auch die von Cover-Bands) und Fotos von und mit Fans, einfach alles Dinge, die in eine ordentliche Bildbiografie gehören. Liebevoll zusammengestellt passt das Alles zeitlich auch immer in die jeweilige Phase der Alben, die als ein Teil des Buches besprochen werden.
Bildbiografie heißt das Ding, und genau das ist es auch. Wir haben es nicht mit einer drögen Abhandlung der letzten 40 Jahre des Lebens zweier schottischer Söhne, die, der wirtschaftlichen Not der Familie folgend, als sogenannte 10 Pound Poms (die Passage kostete als Teil eines staatlich geförderten Programms lediglich zehn Pfund Sterling) ihr Glück in Australien suchten - und von dort letztendlich als gefeierte Rockstars einen manchmal steinigen Siegeszug um die ganze Welt antraten. Man setzt sich nicht hin, fängt auf Seite 3 an zu lesen und hört auf der letzten Seite des Index wieder auf. Das Buch hat natürlich einen chronologisch korrekten roten Faden, inhaltlich auf hohem Niveau, ist aber wegen seiner Machart mit den Hunderten von Abbildungen dafür prädestiniert, den Leser ständig hin und her blättern zu lassen. Möglicherweise kann man beim Betrachten dieser Reminiszenzen eigene Erinnerungen wach werden lassen und in diesen schwelgen. Tolles Buch - eine Empfehlung nicht nur für den beinharten AC/DC-Fan, dem man ja nachsagt, er kaufe und konsumiere kritiklos nahezu alles, was aus der Merchandise-Ecke auf den Markt geschmissen wird. Textlich informativ, gut und locker geschrieben, ansprechend layoutet, qualitativ und preislich überzeugend - und eben keine 500 Seiten Text mit einigen wenigen Bildern. Der Edel-Verlag hat sich neben den vielen anderen Veröffentlichungen aus seinem Haus mit dieser Bildbiografie sicherlich einen Gefallen getan.
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