Ernst Hofacker
Giganten - Die legendären Baumeister der Rockmusik
Giganten - Baumeister der Rockmusik 480 Seiten mit zahlreichen Fotos (s/w)
Sprache: Deutsch
Medium: Taschenbuch, Broschur
Format: 17,8 x 11 cm
Erschienen im Hannibal Verlag, 2011
1. Auflage
ISBN: 978-3-85445-363-5, EUR 16,99 (D)

Review vom 28.10.2011


Steve Braun
Wenn man das zweifelhafte Vergnügen hat, täglich News zu machen, fällt auf, wie inflationär im Music-Bizz mit dem Begriff 'Legende' umgegangen wird. Wenn irgendein säuselnder Barde oder kreischende 'Haarspray-Band' aus den Achtzigern dieses Etikett verpasst bekommen, nur weil sie damals ein paar Millionen Platten verkauft haben, beginnen sich Magenkrämpfe einzustellen, aber grundsätzlich falsch ist es nicht. Persönlichkeiten, die aufgrund besonderer Leistungen eine mediale Präsenz und damit größte Berühmtheit erlangen, kann man durchaus so bezeichnen. Somit wäre bspw. Lady Gaga bereits eine 'Lebende Legende' - Abermillionen von Plattenkäufern können sich nicht irren!
Ich denke bei diesem Begriff eigentlich eher an stark überhöhende Erzählungen von Begebenheiten aus dem Leben oder vom Tod von Personen - ganz ähnlich der Sage oder dem Mythos immer hart am Rand von Dichtung und Wahrheit. Nach dieser Definition braucht's schon ein wenig mehr zur Legende, nämlich so etwas, was man als 'bleibende Lebensleistung' bezeichnen kann. Völlig klar also, dass man demzufolge Keith Richards als Legende bezeichnen muss, während bspw.
Axl Rose mindestens noch ein paar Jährchen warten muss...
Ernst Hofacker, der Autor von "Giganten - Die legendären Baumeister der Rockmusik", hat wirklich etwas zu erzählen. Mit unzähligen Künstlern, auch mit vielen, die in seinem Buch vorgestellt werden, hat er im Rahmen seiner Tätigkeit für den Rolling Stone, Guitar, Musikexpress und Goodtimes Interviews geführt. Derzeit ist er als Chefredakteur für Guitar Dreams tätig. Als Buchautor veröffentlichte er vor zwei Jahren "Confessin' The Blues - Die Musik der Rolling Stones 1963-2008", ein Buch, das man bereits nach kurzer Zeit durchaus als Standardwerk bezeichnen darf. Wenn so einer über die (seine!) 25 bedeutendsten Persönlichkeiten bzw. Bands schreibt, kann man eine fundierte Arbeit erwarten - und so ist es auch.
In seinem Vorwort beschreibt Hofacker in kurzer, aber treffender Form die Entstehung des Rock'n'Roll und seiner Subgenres. Hier beleuchtet er schlaglichtartig das Aufweichen der strikten Rassentrennung in den US und die Entstehung eines neuen Lebensgefühls, das sich - ausgehend von den USA und Großbritannien - nahezu überall auf der nördlichen Hemisphäre als neue Jugendkultur manifestierte. Natürlich kann dies im Rahmen eines solchen Buches nur ein kurzer Abriss sein, denn allein dieses Thema wäre eines Wälzers in doppeltem Umfang von "Giganten..." wert. Hofacker bringt es aber kurz und prägnant auf den Punkt.
Welche Künstler der Autor für "Giganten..." ausgewählt hat, möge der Leser bitte den weiter unten gelisteten Kapiteln entnehmen. Es dürfte fraglos sein, dass alle dort aufgeführten Musiker und Bands mit Fug und Recht als Schlüsselfiguren der Rockmusik in dieses Buch aufgenommen werden mussten. Natürlich kann man sich trefflich streiten, wer noch in dieses Buch gehört hätte, aber Hofacker ging es wohl darum, den Umfang auf seine fünfundzwanzig Favoriten zu begrenzen - macht Sinn, denn sonst wäre es ein Lexikon geworden. Unverzeihlich ist allerdings das Fehlen von zwei Namen, die unbedingt in "Giganten..." biografisiert hätten werden müssen: Elvis Presley und Freddie Mercury. Ich denke, das muss nicht weiter ausgeführt werden...
Die Biografien sind mit etwa fünfzehn Seiten pro Künstler ebenfalls kurz und prägnant ausgefallen. Die wichtigsten Informationen sind sicherlich enthalten, wenn man allerdings tiefer in ein Thema einsteigen möchte, empfiehlt es sich, eine der zahlreichen Veröffentlichungen auf dem Buchmarkt zu suchen. Teilweise gibt es mittlerweile sogar Autobiografien der hier beschriebenen Musiker.
Hofacker geht chronologisch vor, beginnt in den Fünfzigern mit Größen wie Muddy Waters oder Chuck Berry und endet mit Stevie Ray Vaughan und Tom Petty in den Achtzigern. Das macht Sinn - die Fortsetzung müsste dann logischerweise in zehn bis zwanzig Jahren, beginnend in den achtziger Jahren, folgen.
Exemplarisch - weil besonders schön ausgefallen - sei die Vorstellung Lynyrd Skynyrds genannt. Hier wird der in den Abriss eine nahezu minutiöse Schilderung der Ereignisse des 20. Oktober 1977 (der Flugzeugabsturz) eingearbeitet. Das ist stilistisch 'großes Kino'...
Hinterfragenswürdig ist dagegen, warum das Kapitel zu John Lennon nicht den Beatles, das zu Keith Richards nicht den Rolling Stones gewidmet wurde - gleiches gilt für Pete Townshend und Ray Davis. Hier kann man nur mutmaßen, dass Hofacker einen vorgegebenen Rahmen nicht sprengen wollte. Es ist ja völlig klar, dass diese Bands keinesfalls auf etwa fünfzehn Seiten abgehandelt werden können.
Zum Abschluss möchte ich noch kurz einen positiven und einen negativen Aspekt herausstellen. Großartig und dankenswert ist das Anfügen eines Registers, das nicht nur dem Redakteur die Arbeit mit diesem Buch extrem erleichtert.
Das Format in Form eines dicken Taschenbuches mittlerer Größe ist dagegen unglücklich gewählt. Bei häufigen Gebrauch dürfte sich "Giganten..." ziemlich schnell in seine Einzelteile auflösen. Aber dies scheint einem sehr moderaten Preis geschuldet.
Fazit: Lesenswerte Kurzbiografien, die einen schnellen Überblick bieten - als Schnelldurchlauf für Einsteiger hervorragend geeignet. Wer mehr als Basiswissen möchte, sollte sich der Fachliteratur zu den einzelnen Themen zuwenden.
Kapitel:
Prolog: Helden und Opfer
01:Muddy Waters: Blues-Buddha
02:B.B. King: Grandaddy Guitar
03:Chuck Berry: Reelin' And Rockin'
04:John Lennon: Working Class Hero
05:Bob Dylan: Mr. Tambourine Man
06:Keith Richards: Des Teufels rechte Hand
07:Ray Davis und die Kinks: Misfits
08:Pete Townshend: Behind Blue Eyes
09:Van Morrison: Caledonia Soul
10:Eric Clapton: Journeyman
11:Jimi Hendrix: Voodoo Chile
12:Pink Floyd: Crazy Diamonds
13:Creedence Clearwater Revival: Bad Moon Rising
14:Peter Green: Albatross
15:David Bowie: Starman
16:Gram Parsons & Emmylou Harris: Love Hurts
17:Free: Geschmolzenes Gold
18:Rory Gallagher: Der Schweiß des Blues
19:Led Zeppelin: Götterhämmerung
20:The Eagles: Desperados
21:Bob Marley: Soul Rebel
22:Lynyrd Skynyrd: Turn It Up!
23:Bruce Springsteen: Der Boss
24:Tom Petty & The Heartbreakers: Anything That's Rock'n'Roll
25:Stevie Ray Vaughan: Der letzte Bluesmann
Register
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