Gwyn Ashton / Radiogram
Radiogram Spielzeit: 50:48
Medium: CD
Label: Fabtone Records, 2012
Stil: Blues Rock

Review vom 16.10.2012


Steve Braun
Ich liebe diese Blueser, die es vorwiegend rocken, gelegentlich auch mal krachen lassen. Gwyn Ashton ist einer von diesen und reiht sich somit nahtlos bei meinen Lieblingen Rob Tognoni und Walter Trout ein. Er legt dabei größten Wert auf eine sehr raue, direkte Produktion. Gar nicht hoch genug kann man ihm anrechnen, dass er nicht - wie so manch anderer Blueser - im Jahresrhythmus seine Platten abliefert und damit Gefahr läuft, sich ständig selbst zu zitieren. Nein, wenn Ashton was Neues abliefert, dann hat das Hand, Fuß und Köpfchen!
Ein bisschen kauzig ist der 51-jährige in Australien aufgewachsene Waliser schon und das merkt man seinen Produktionen stets an. Das ist kein Stomlinien-Blueser, sondern ein Musiker mit Ecken und Kanten. Den oft gezogenen Vergleich (und der bezieht sich nicht nur auf die Optik) mit dem größten Iren aller Zeiten kann Ashton bestimmt nicht mehr hören, aber seinen frühen Alben merkt man eine Seelenverwandtschaft durchaus an. Spätestens mit Prohibition hat er sich aber 'freigeschwommen' und seinen letzten Output, "Two-Man Blues Army" (2009), kann man nur als Geniestreich werten! Die Messlatte für "Radiogram" liegt also hoch...
...und wird nicht gerissen! "Radiogram" ist vielleicht nicht ganz so spektakulär, aber gewiss nicht minder gehaltvoll. Das zeigt sich besonders schön in dem siebenminütigen Instrumental "Bluz For Roy", in dem Ashton die Saiten unvergleichlich schön zum Schwingen und Singen bringt. In einem bald folgenden Interview wird zu klären sein, wem er diesen gefühlvoll-intensiven Slow Blues gewidmet hat.
Selbstverständlich macht Ashton auf "Radiogram" das, was ich am meisten an ihm schätze: Mächtig auf den Haufen hauen!! Gleich beim Opener "Little Girl" brennen die Socken... beim vorletzten Song, "Comin' Home", bereits das Gebälk - zwei herrlich rumpelige, knarzige Hau-drauf-Abrocker. Aber mein persönliches Highlight ist die Halbballade "Don't Wanna Fall" - schön (aber leider viel zu leise) untermalt von einer Hammond steigert sich die Strophe in einen 'catchy' Refrain, der dich sofort am Haken hat. Vergleiche mit den Small Faces drängen sich auf - die waren Meister dieses Fachs.
Sehr hörenswert ist auch eine sehr eigenwillige Interpretation der ollen Dixon/Waters-Nummer
"I Just Wanna Make Love". Das ist purer Sex, dem der vertrackt swingende Boogie "Let Me In" in nichts nachsteht.
Für meinen Geschmack fällt "Angel", trotz tollem Solo, etwas (aber nur leicht) ab, weil mir die Nummer dann doch etwas zu sehr von Little Wing inspiriert scheint. Da wende ich mich lieber der anderen Ballade, "Fortunate Child" zu... Wie geil ist das denn? Man könnte fast meinen, die 'unkopierbaren' Slade wären mit Schnodderschnauze Noddy Holder zurückgekehrt. Ganz groß!
Und weil mit "Dog Eat Dog" sowie "For Your Love" zwei Songs das Album vervollständigen, bei denen man selbst mit verbundenen Augen sofort weiß, dass Gywn Ashton der Urheber ist, deshalb ist "Radiogram" ein ganz klarer Kauftipp! Nicht nur für die Bluesgemeinde, sondern auch für Rocker, die kantig und rau bedient werden wollen.
Tracklist
01:Little Girl (4:18)
02:Don't Wanna Fall (4:43)
03:Let Me In (4:03)
04:Fortunate Child (3:43)
05:I Just Wanna Make Love (4:31)
06:Dog Eat Dog (5:01)
07:Angel (7:08)
08:For Your Love (5:54)
09:Comin' Home (3:47)
10:Bluz For Roy (7:21)
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