Miller Anderson / From Lizard Rock!
From Lizard Rock! Spielzeit: 58:53 (CD 1), 58:17 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Out Of Time Productions, 2009
Stil: Blues & More

Review vom 28.04.2010


Jürgen Bauerochse
Eigentlich ist es gar nicht nötig, den Werdegang des schottischen Sängers/Gitarristen Miller Anderson nachzuzeichnen, denn seine verschiedenen Stationen werden allen Fans hinlänglich bekannt sein.
Wenn ich trotzdem noch einmal auf die Wichtigsten zurückblicke, dann einzig und allein, weil sich der bescheidene Musiker fast immer dezent im Hintergrund hielt, obwohl er sehr oft eine tragende Rolle in den jeweiligen Bandgefügen spielte.
Im Jahr 1969 nahm er mit der Keef Hartley Band am legendären Woodstock Festival in Bethel teil, bei der er auch als Komponist die musikalischen Fäden fest in der Hand hielt. Nach seinem Ausstieg folgte 1971 sein erstes Solo-Album "Bright City", bevor Anderson zusammen mit dem
Chicken Shack-Mastermind Stan Webb bei Savoy Brown einstieg und den phänomenalen Longplayer "Boogie Brothers" (1974) einspielte.
Es folgten Gastspiele bei Marc Bolans T. Rex und der amerikanischen Heavy Rockband Mountain an der Seite von Leslie West. Schließlich landete Miller Anderson bei der
Spencer Davis Group, mit der er auch heute noch aktiv ist. Außerdem wirkt er beim
British Blues Quintet mit, mit dem er seine Landsfrau Maggie Bell (Ex- Stone The Crows) nach Jahren zurück auf die Bühne holte.
Zwischen diesen Stationen trieb er auch kontinuierlich seine Solo-Karriere immer weiter voran. So auch mit dieser Doppel-CD, die im Jahr 2008 bei diversen Gigs in Deutschland mitgeschnitten wurde. Die Live-Silberlinge, die übrigens über eine hervorragende Tonqualität verfügen, zeigen die ganze Vielfältigkeit der Miller Anderson Band auf, die sich musikalisch nicht einfach einordnen lässt. Natürlich nimmt der Blues eine wichtige Rolle ein, ohne jedoch zu überwiegen. Immer wieder bricht der Schotte aus dem gängigen Bereich des 12-Takters aus und wechselt in den Folk Rock ("House Of The Rising Sun"). Auch als Singer/Songwriter ("Borderline") macht er eine hervorragende Figur, und selbst in Southern Rock-Gefilden im Stile der Allman Brothers ("Think It Over") scheint er sich sehr wohl zu fühlen.
Einen großen Anteil daran hat mit Sicherheit auch Keyboarder Frank Tischer, der, je nach Bedarf, zwischen schweren Orgelsounds und flockigen Piano-Passagen hin und her pendelt und immer genau das bringt, was jeder einzelne Song von ihm fordert. Ganz stark sein Einsatz beim Losgehrocker "Sinnin' For You", bei dem die Band gleich mal einen alten Klassiker aus der Feder von Keef Hartley wieder belebt hat.
Mit "Just To Cry" fühlt man sich unwillkürlich an "Riders On The Storm" von den Doors erinnert, denn die Ähnlichkeit mit den magischen Keyboards von Ray Manzarek ist doch schon sehr deutlich.
Miller Anderson selbst lässt sein riesengroßes Potential an der Gitarre fast durchgehend aufblitzen, obwohl er nie alleine im Zentrum des Geschehens steht. Egal, ob er das Slide-Röhrchen überstülpt, die Akustische umschnallt oder einfach nur 'ganz normal' mit der Stromgitarre hantiert, der Mann ist einfach überall zu Hause. Wandelt er bei "Leavin' Trunk" fast schon auf Jimi Hendrix-Pfaden, so gibt er sich bei "By The Light" schon fast zart, wie ein leiser Mark Knopfler.
Auch über seine prima Vocals brauchen wir uns nicht weiter zu unterhalten. Mal kräftig, mal gefühlvoll, mal lieb, mal böse - Miller Anderson trifft immer den richtigen Ton. Und wenn er dann auch noch zum Mississippi-Saxofon greift, ist eh alles zu spät…!
Und den Blues hat er natürlich auch, dieser Tausendsassa. So gehören für mich die Coverversionen von B.B. Kings "Think It Over" und Robert Johnsons "Ramblin' On My Mind" zu weiteren Highlights dieses Twofers. Dabei ist das Arrangement beim erstgenannten Song besonders erwähnenswert, denn hier hält sich die Gruppe recht eng an die Fassung der Keef Hartley Band aus dem Jahr 1968. Außerdem möchte ich noch auf die Akustik-Version von Tony Joe Whites "As The Crow Flies" hinweisen, in der Miller Anderson im Alleingang das Publikum in seinen Bann zieht. Noch ein weiteres Highlight dieses Albums.
Bemerkenswert an diesem Mitschnitt ist auch die besondere Atmosphäre dieser Konzerte. Perfekt wurde der intime Rahmen und die sympathische Art des Protagonisten eingefangen. Man höre sich nur mal die "Memories Of Woodstock" an, in denen Miller Anderson seine Gefühle beschreibt, mit denen er als junger Musiker in Bethel auf die Bühne ging, nachdem vorher gerade Santana ihren sensationellen Gig bei der Mutter aller Festivals beendet hatte. Einfach nur köstlich!
Inzwischen ist die Band in der gleichen Besetzung wieder in unseren Landen unterwegs und ich freue mich schon riesig auf ihren Auftritt in der Bluesgarage im Mai dieses Jahres. "From Lizard Rock!" ist der ideale Appetitanreger für ein Konzert mit diesem hervorragenden Musiker!
Line-up:
Miller Anderson (guitar, vocals, harmonica)
Kris Gray (bass, backing vocals)
Frank Tischer (keyboards, backing vocals)
Klaus Schenk (drums)
Tracklist
CD 1:
01:City Blues
02:Fallin' Back Into The Blue
03:Sinnin' For You
04:Just To Cry
05:Leavin' Trunk
06:By The Light
07:Borderline
08:House Of The Rising Sun
09:Little Man Dancing
CD 2:
01:High Tight And High Water
02:Think It Over
03:Drinking Man
04:Ramblin' On My Mind
05:Boogie Brothers
06:As The Crow Flies
07:Don't Let Me Be Misunderstood
08:Memories Of Woodstock
09:Houston
10:Eye On The Prize

Bonus Track:
That's All Right Mama
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