Susanne Alt / 27.09.2013, Coffeehouse, Kleve
Klever Jazzfreunde e.V. Susanne Alt
Coffeehouse, Kleve
27. September 2013
Stil: Jazz
Konzertbericht


Artikel vom 05.10.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Susanne AltDie 1978 in Würzburg geborene Komponistin und Saxofonspielerin Susanne Alt lebt seit 1996 im niederländischen Amsterdam. Sie studierte Jazzsaxofon und setzte ihr Studium nach ihrem Abschluss an der Berliner Universität der Künste fort. Unter dem Namen Susanne Alt/Susanne Alt Quartet wurden bisher fünf Alben veröffentlicht: "Nocturne" (2004), "Delight" (2007), "On Track" (2009), "Live At Bimhuis" (2011) sowie "How To Kiss" (2012). Besondere Aufmerksamkeit erhielt sie durch ihre Platte "On Track", denn kein Geringerer als Posaunist Fred Wesley (unter anderem auch James Brown, George Clinton & Parliament Funkadelic) war einer der Gastmusiker. Es kam auch zu Liveauftritten mit Fred Wesley beziehungsweise Funk-Master George Clinton und diversen anderen Formationen wie der Jamal Thomas Band. Bei "How To Kiss" war Thijs van Leer (Focus) einer der Special Guests. Besonders interessant dürfte ihre Kooperation mit einigen DJs sein. In diesem Zusammenhang fallen Namen wie Wicked Jazz Sounds, DJ Maestro, Graham B., DJ Roog oder Piglife. Mit der Formation Euro Cinema spielte Susanne Alt eine echt heiße Version von der "Der Alte"-Titelmelodie ein. Kontrabassist Sven Schuster scheint so etwas wie ihr ständiger musikalischer Begleiter zu sein, taucht sein Name doch verdammt oft auf Tonträgern oder Konzerten auf. So auch beim Gig bei den Klever Jazzfreunden e.V..
Susanne AltDas Quartett des Abends vervollständigen der Gitarrist Eran Har Even (Little Known Facts) und Schlagzeuger Jamie Peet. Was der Vierer in den fast zwei Stunden auf der Bühne zu bieten hatte, war Jazz der allerfeinsten Sortierung. Dabei standen viele Songs des Albums "How To Kiss" im Vordergrund. Aber auch bei den Fremdkompositionen, wie zum Beispiel Eddie Harris' "Cold Duck Time" war die Freude an der Improvisation/Interpretation schier grenzenlos. Neben Liedern aus eigener Feder stand auch das herrliche groovende "Music For President", geschrieben von Sven Schuster auf dem Programm. Mit diesen drei Männern hatte Susanne Alt kongeniale Partner an ihrer Seite. Die Saxofonistin, die sich in der Zugabe auch als gute Sängerin hervortat, Eran Har Even, Sven Schuster sowie Jamie Peet verdeutlichten in vielen Soli, wie vielschichtig ihr Spiel war und zwischen verträumt-balladesken Momenten und furiosen Fahrten wurde die Virtuosität des Jazz quasi zelebriert..
Susanne AltNicht nur in seinen Alleingängen servierte der Gitarrist dem Publikum eine auditive Delikatesse nach der anderen. Dabei ließ er seine halbakustische Gibson kreativ swingen oder gab seinem Spiel als Farbtupfer auch einen bluesigen Anstrich. Als Verfeinerung des Sounds seines sehr weich klingenden Arbeitsgerätes war oft das Wah Wah-Pedal gewinnbringend im Spiel. Wenn es um den Funk im Jazz ging, hatte die Ideenfabrik von Eran Har Even einen unglaublich hohe Produktion, ein riesiges Fass, das bis zur Oberkante gefüllt war. Die Höhepunkte gaben sich die Klinke in die Hand. Der Gitarrist und die Saxofonistin gingen während der Lieder durchaus getrennte Wege, aber wenn sich ihre Pfade im Einklang der fröhlichen Emotionen trafen, war Faszination angesagt. Über ein besonderes Flair verfügten alle Tracks.
Susanne AltBei "African Dreams" ging die Band, zum Auftakt der Nummer speziell Erna Har Even und der Kontrabassist Sven Schuster, noch einige Schritte weiter. Die Gitarre verfügte plötzlich über den Klang einer Steeldrum und der Tiefton-Spezialist hatte sich zur Soundverfeinerung einen Schlagzeugstock bei Jamie Peet ausgeliehen. Damit brachte er die dicken Saiten auf hörbar andere Weise zum Schwingen. Als dann alle vier Musiker aktiv waren, machte sich eine Karawane von der Oase aus auf den Weg in die unendliche Weite der Sandwüste, dort, wo es durchaus auch stürmisch sein konnte und erreichte nach einem langen Marsch durch die flirrende Hitze eine andere Wasserquelle. So die Beschreibungen zu dem in Gedanken entstanden Filmschnipsel bei diesem Track. Der Schlagzeuger Jamie Peet lieferte während des Auftritts gleich mehrere zum mit der Zunge schmalzende Soli ab. Er trommelte quirlig, dann sehr melodisch, seine Breaks waren von Überraschung geprägt und immer wieder integrierte er die Cowbell ins furiose Spiel. Seine Rhythmuswechsel waren fantastisch. Einerseits benutzte er zuweilen sozusagen alle Bauteile seines Instruments, andererseits war er einmal auch mit seinem Schuh auf dem Snarefell aktiv. Wie bei allen anderen Soli gab es kräftigen Szeneapplaus.
Susanne AltSusanne Alts Virtuosität war so glänzend wie ihr Saxofon. Die Zuschauer waren von ihren phasenweise furiosen, teilweise auch expressiven Klangkollagen genauso begeistert, wie von den feinnervigen, balladesken, nach innen schauenden Momenten. Dabei bewegte sie sich auf Samtpfoten durch die nächtlichen Straßen der Großstadt. Marvin Gayes "What's Going On" war nur einer der Konzert-Höhepunkte und auch Pat Metheny-/John Scofield- oder Donny Hathaway-Injektionen trugen zur Begeisterung bei. Susanne Alts Jazz, immer wieder mit Funk sowie Soul angereichert, war von einer in sich stimmigen, dynamischen Moderne geprägt. Als Kontrast nahmen dann selbst die Beatles im Konzert einen Ehrenplatz ein. Sven Schuster hatte hier den feinen Retro-Blick, als er es sich nicht nehmen ließ, als Blitzlicht "Eleanor Rigby" zu zitieren. Mit einer in der Zugabe dann auch noch singenden Susanne Alt endete ein aus meiner Sicht brillantes Konzert. Diese Saxofonistin und ihre Band muss man live erlebt haben! Eine beeindruckende Fülle von Kostproben ihres Könnens gibt es auf ihrem YouTube-Kanal (s. externe Links).
Wir bedanken uns bei Steven Decorte von den Klever Jazzfreunden e.V. für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Susanne Alt (saxophone, vocals)
Eran Har Even (guitar)
Sven Schuster (bass)
Jamie Peet (drums)
Susanne Alt       Susanne Alt       Susanne Alt
Susanne Alt       Susanne Alt       Susanne Alt       Susanne Alt
Externe Links: