Badlands / Badlands
Badlands
"Feels So Good, To Be So Bad!"

Eine karge, unfruchtbare Ödnis stellt man sich unter dem Begriff "Badlands" vor - aber das genaue Gegenteil war im Jahre 1989 der Fall; jedenfalls in musikalischer Hinsicht.
…Aber von Anfang an. Der heute eher unbekannte Gitarrist Jake E. Lee hatte auf Ozzy Osbourne's "Bark At The Moon" und "The Ultimate Sin" gespielt, musste sich aber aufgrund persönlicher Differenzen verabschieden und versuchte sofort, ein neues Ensemble zusammenzunieten. Dabei stieß er auf den gerade bei Black Sabbath ausgestiegenen Ray Gillen, der erst den 'schwer kokain- und Mars-Riegel-Süchtigen' (O-Ton Tony Iommi) Glenn Hughes auf der 'Seventh Star'-Tour zu ersetzen hatte (auf der Hughes viel von seiner Reputation verspielte, als er einige Konzerte komplett vergeigte und zwischenzeitlich sogar nur zum Gesang von Keyboarder Geoff Nicholls die Lippen bewegte) und sich anschließend mit Iommi & Co. ans Reißbrett für das neue Album begab. Jedoch fühlte er sich ungerecht behandelt und verließ die Band; seine bereits eingespielten Gesangparts wurden schließlich von Tony Martin neu aufgenommen und "Eternal Idol" erblickte das Licht der Welt. "The Eternal Idol Demos with Ray Gillen" sind heute ein gängiger Artikel für Hardcore-Black Sabbath-Fans.
Komplettiert wurde die im Entstehen begriffene Band nun auch noch vom Drummer besagten Albums und späteren Kiss-Mitglied, Eric Singer, was die Band vollends zum Sabbath/Ozzy-Spin-Off machte, und dem Tieftöner Greg Chaisson.
Badlands war geboren, und 1989 erschien das selbstbetitelte erste Album.
Sofort ist klar, dass es sich bei Badlands nicht um eine Band handelt, die damals auf den zwar verspäteten, aber immer noch dicht besetzten Hair-/Pop-Metal-Zug aufsprang. Was man hier hat, ist eine Classic-Hard Rock-Band, die auf einzigartige Weise althergebrachte Grundlagen mit neuen Ideen vermischt. Schon beim Opener "High Wire" erlebt man Chef-Songwriter Jake E. Lee wie nie zuvor und sofort fällt auf, wie entfesselt dieser Mann zu Werke geht, der sich bei Ozzy Osbourne's Band aufgrund kommerzieller Zwänge offensichtlich nie hatte ausleben können. Er geizt nicht mit Soli und Tempiwechsel und harmoniert ausgezeichnet mit Ray Gillen, der ein schönes, natürliches Vibrato mit einem großen Stimmumfang paarte und zu diesem Zeitpunkt endgültig einer der besten Metalsänger aller Zeiten ist.
Mit der damalig genannten Beschreibung ' Led Zeppelin goes industrial' kann man leben, wenn man die weiteren Songs hört, die immer in eine andere Richtung gehen und einen - obwohl man die Marschroute schon längst erkannt hat - immer wieder überraschen. Es beschleicht einen der Eindruck, dass man es einfach nicht besser machen kann, hört man das gefühlvolle "Winter's Call" und danach das rotzfreche, schnelle "Dancing On The Edge".
Kein Zweifel - hier war eine großartige Band zusammengewachsen und lieferte ein Metal-Spektakel allererster Güte ab.
Spaß und die pure Spielfreude branden dem Hörer entgegen, und Spaß macht es auch, zuzuhören.
Kein Spaß kommt auf, wenn man den weiteren Werdegang der Künstler betrachtet: Nach einem weiteren Album, auf dem man sich zwar mit Jeff Martin an den Drums verstärkt hatte, das aber nicht an das Erste heranreichte, gab es Streitereien zwischen Lee und Gillen - Lee drohte sogar damit, ihn zu entlassen und einen weiblichen Sänger zu engagieren - und Gillen verließ die Band 1991. John West beendete die Tour.
Gillen wechselte dann zur Band eines anderen großartigen Gitarristen - Al Romano's Sun Red Sun, brachte noch ein Album heraus und starb Ende 1993 schließlich an AIDS. Abermals sprang dann John West für ihn ein.
Jahre waren ins Land gegangen, als Jake E. Lee, der mit Gillen's Erbe sehr behutsam umging, sich ein Herz fasste und 1999 die vor seinem Abschied aufgenommenen Demos abmischte, somit quasi ein drittes und letztes Badlands-Album veröffentlichte.
Was mit diesem Album bleibt, strahlt eine schier unglaubliche Hingabe und den puren Glauben an das Material aus. Es sind die besten Leistungen, die sowohl Ray Gillen als auch Jake E. Lee, oft als meistunterschätzter Gitarrist der Welt bezeichnet, je abgeliefert haben.


Spielzeit: 50:00, Medium: CD, Atlantic Records, 1989
1:High Wire 2:Dreams In The Dark 3:Jade's Song 4:Winter's Call 5:Dancing On The Edge 6: Streets Cry Freedom 7:Hard Driver 8:Rumblin' Train 9:Devil's Stomp 10:Seasons 11:Ball & Chain (Bonus)
Christoph Segebard, 20.07.2005