Barbarisms / Same
Same Spielzeit: 37:08
Medium: CD
Label: Control Freak Kitten Records, 2014
Stil: Neo Folk

Review vom 06.11.2014


Joachim 'Joe' Brookes
Nicholas Faraone verließ die Vereinigten Staaten von Amerika und nach einer Zwischenstation in der französischen Hauptstadt war schließlich Stockholm sein Lebensmittelpunkt. Er alleine macht allerdings nicht die Band Barbarisms aus. Dazu gehören außerdem Tom Skantze und Robin Af Ekenstam.
Bezüglich des letztgenannten Künstlers geht aus dem Informationsblatt zum Album "Barbarisms" hervor, dass die Zukunft der Gruppe nicht gut aussah, denn Robin Af Ekenstam hatte mit der Krankheit Krebs zu kämpfen. Ihm musste der rechte Arm amputiert werden, konnte aber Dank seines Willens wieder mit der Band arbeiten. »Aus Klebeband und Küchenutensilien bastelten sie ihm gemeinsam eine Schlagzeugspielprothese [...]«.
Elf Songs hat man auf das Debütalbum gepackt und nach den ersten paar Takten von "Easier All The Time" meint man, es mit einer dieser Wie-Sand-am-Meer-Bands aus dem Indie-See zu tun zu haben. Aber Vorsicht! Trotz eines schleppenden Rhythmus kommt man hinter die Qualitäten der Combo Barbarisms erst beim zweiten Hinhören.
Elegie wird in tonale Melancholie, Sehnsucht und Protest umgesetzt. Das Trio sorgt in den Liedern für zum Teil obskure Klangerlebnisse. Weiß der Himmel, was die drei Querdenker so alles zum Klingen gebracht haben.
Die vom Boden aufsteigende Kühle, gepaart mit Dunstfeldern in der Luft, überzieht plitschnasse Ackerkrume und sorgt für dieses typische Schmuddelwetter, bei dem man sich am liebsten daheim aufhält.
"Pail Of Water" vermittelt Distanz und kommt dem Hörer doch so nahe. Hauchzarte Berührungen empfindet man bei diesem Track und hierbei taucht einer der wenigen Momente auf der Platte auf, bei dem man Nicholas Faraone sich nur zur akustischen Gitarre alleine singen hört.
Die Wirkung des Bandnames und Coverbildes sind wesentlich abstoßender als der Inhalt.
Mit dem rudimentären Folk von Barbarisms muss man sich auseinandersetzen. Das Trio versteht es allerdings sehr geschickt, seine Musik abwechslungsreich zu gestalten. So haben bei dieser Gruppe Melancholie und Sehnsucht doch nicht nur Schattierungen der Farbe Schwarz oder Grau.
Zwei Minuten könnten Barbarisms berühmt machen, denn das ist die Spielzeit von "A Wash Of Teeth And Eyes", einem Track, der mit einem Wiegenlied-Glockenspiel und eingängigem Refrain einen starken Ansatz von Eingängigkeit hat. Bis zu diesem Lied hat man sich auch schon an Nicholas Faraones zerbrechliche, in den höheren Regionen eindringliche Stimme gewöhnt.
Neo Folk wird zu einer avantgardistischen Reise durch surreale Themen und "Gaudy Falsetto" ist die rhythmisch hypnotisierende Musik-Droge mit einem Schuss Melodica zur Konservierung der Impressionen. Barbarisms' Kompositionen haben keine lange Lebenszeit. Die Vier steht bei den Zeitangaben zu den Liedern verdammt selten vorne, und wenn das abschließende "Figures Of Men" fast fünf Minuten dauert, fragt man sich, wie das Trio diese Zeit bloß füllen kann?
Ohne genauer auf den Text eingehen zu wollen, scheint es sich bei dieser Nummer um eine surrealistisch-grotesk beschriebene Welt zu handeln und diese vom Gesang dominierte Nummer ist ein nur in sich schlüssiger Schluss, bis dem Track am Ende echt einfach der Saft abgedreht wird, so als würde jemand mit der Hand ein laufendes Tonband anhalten.
Nicholas Faraones Kosmos ist abgefahren. Bei seinen Texten scheint er keine Skrupel zu haben. "Macaulay Culkin On Pizza" handelt von Leuten, die Elektrozigaretten rauchen und wieder ist das Glockenspiel mit von der Partie. "Kevin – Allein zu Haus" für die, die noch nie in einer rosa Badehaube mit rotem Plastikblumenstrauß als Dekoration-Ring unter die Dusche gegangen sind.
Anscheinend sinnlos zusammengesetzte Sätze werden bei Nicholas Faraone zum Hoffnungsschimmer am Horizont. Männerabend mal anders.
Anders ist auch das Debütalbum von Barbarisms. Eine Platte der anderen Art von Folk im weitesten Sinn.
Line-up:
Nicolas Faraone
Tom Skantze
Robin Af Ekenstam
Tracklist
01:Easier All The Time (3:27)
02:Backwards Falconer #2 (2:44)
03:Macaulay Culkin On Pizza (3:49)
04:Gaudy Falsetto (3:58)
05:A Wash Of Teeth And Eyes (2:00)
06:Katherine Anne Porter (3:30)
07:I Won The Nothing (3:27)
08:Pail Of Water (2:52)
09:Explorer (4:32)
10:Olga Khokhlova (2:03)
11:Figures Of Men (4:45)
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