The Beatles / Please Please Me
Please Please Me Spielzeit: 32:24
Medium: CD
Label: EMI Records, 2011 (1963)
Stil: Rock'n'Roll


Review vom 01.12.2012

  
Holger Ott
Der ausschlaggebende Grund, mich dieser CD der Beatles zu widmen, liegt darin, dass ich in jungen Jahren einen sehr guten Freund hatte, bei dem ich fast jeden Tag zu Besuch war, da er, im Gegensatz zu mir, über ein eigenes Kinderzimmer verfügte. Er war totaler Fan und wir hörten Tag für Tag die Scheiben der Pilzköpfe rauf und runter. Nun sind die remasterten und auf CD gebannten LPs aus den sechziger Jahren im letzten Jahr im Handel erschienen und das ist Anlass genug für mich, wieder in Erinnerungen an die damalige Zeit mit meinem besten Kumpel zu schwelgen. Man bekommt eine ausklappbare Papphülle, die CD in der Bedruckung der original LP sowie ein umfangreiches Booklet mit seltenen Bildern. In meiner heimischen Sammlung befinden sich alle LPs im Original, sowie diverse Variationen in nachgepresster Form.
Das erste offizielle Album unter dem Namen The Beatles wurde im März 1963 mit dem Titel "Please Please Me" auf den Markt geworfen, und mit ihr wurde der Reigen einer beispiellosen Karriere eröffnet. Bei keiner anderen Band zuvor und danach kann man eine so phänomenale Entwicklung in einer dermaßen kurzen Zeit feststellen. Immerhin waren sie als The Beatles nicht einmal zehn Jahre aktiv, veröffentlichten in dieser Zeit aber dreizehn Alben.
Als die Vier aus Liverpool "Please Please Me" veröffentlichten, hatten sie bereits ausreichend Erfahrung gesammelt. Zudem stand hinter ihnen ein Team von ausgeschlafenen Leuten, die genau wussten womit Geld zu verdienen ist. Zwar beinhaltet "Please Please Me" fast zur Hälfte Cover-Versionen ihrer Vorbilder, aber hinter den Songs aus der Feder von Lennon/McCartney ist das Genie bereits zu erkennen. Die Songs laufen wesentlich runder als die Cover.
"I Saw Her Standing There" ist noch purer Rock'n'Roll, und man stelle sich dabei die Jungs in ihren Lederjacken im Cavern-Club vor. Für damalige Zeiten klingt das Stück sehr heavy, und ist auch mit fast drei Minuten Laufzeit recht lang, nach dem Motto: Immer volle Pulle und aus dem Bauch heraus. Besser konnte die Platte nicht begonnen werden. "Misery" ist einer der weniger bekannten Titel, und sticht durch seine Ruhe hervor, jedenfalls bis zu dem Moment, in dem das Piano einsetzt. Der Sound-Techniker haut das Piano so dermaßen kräftig rein, dass ich erst einmal einen Schreck bekomme. Dazu kommt, dass zu damaliger Zeit die Aufnahmen auf mehrspurigen Tonbändern gemacht wurden, und jedes Instrument sowie die Gesangsstimme eine eigene Spur bekam. Daraus ergibt sich beim Hören, dass die Vocals nur auf dem rechten Ohr zu hören sind, das Schlagzeug nur links und der Rest wo immer noch Platz auf dem Band war. Natürlich wird sich das bei späteren Aufnahmen der Beatles deutlich verbessern, aber bei den ersten CDs bzw. LPs ist das schon sehr gewöhnungsbedürftig, macht aber irgendwie Spaß.
Was nun folgt, ist ein Trio von Cover-Songs. Beginnend mit einem richtigen Schmachtfetzen mit dem Titel "Anna", über den Mitschwinger "Chains" bis zum rockigen "Boys". Dadurch wieder warmgespielt, kommt die Hitfabrik endlich in Wallung. "Ask Me Why", eine richtige Schnulze, gibt die Richtung an, darauf folgen die ersten Single-Auskopplungen und Chart-Platzierungen "Please Please Me" und "Love Me Do". Letzterer wird in einer ausgesprochenen Top-Qualität auf der CD präsentiert, und ich habe das Gefühl, dass er erst vor ein paar Wochen eingespielt wurde. Oh Wunder, was die heutige Technik alles zurecht zaubert. "P.S. I Love You" hat mir früher mal gefallen. Höre ich mir den Song jetzt an, finde ich ihn leider langweilig.
Ich schalte weiter zu "Baby It's You", einem erneuten Cover-Song. Eine schöne ruhige Ballade, die es bestimmt geschafft hat, die Herzen der jungen Damen zu erweichen. Damit in Gefühlsduselei eingehüllt, kann nur ein erneuter Schmachtfetzen folgen. "Do You Want To Know A Secret" fragen Paul und John in ihrer Komposition, und natürlich wollen wir alle Geheimnisse wissen. Aber ob sich die verbliebenen Ex-Mitglieder heute selbst noch daran erinnern? Die letzte Liebes-Arie auf "Please Please Me" mit dem süßen Titel "A Taste Of Honey" kommt im Walzertakt daher, als Aufforderung seine Liebste über das Parkett zu schwenken, wie es Anfang der 60er auch unter Jugendlichen noch gang und gäbe war.
Mittlerweile bin ich bei Song Nummer dreizehn angelangt und habe mich im Minutentakt dem Ende genähert. Zu damaliger Zeit war es schon fast eine Sensation, wenn ein Song länger als zweieinhalb Minuten lief, und da behaupten alle, wir leben in einer schnellen Epoche. Kurz und bündig, im flotten Tempo und mit einer eindringlichen Mundharmonika, wird "There's A Place" abgehandelt, sozusagen als Einstimmung auf den ersten Schocker der Beatles.
"Twist And Shout" heißt das gute Stück, und beschließt die Debüt-Scheibe ebenso mit purem Rock'n'Roll, wie sie begann. Bis heute ist das einer meiner absoluten Lieblingssongs der Jungs aus Liverpool, und Jahrzehnte stritten sich die Geister, wem der Song gesanglich zuzuschreiben war. Singt ihn nun John, der vom Klischee deutlich besser in diese Schiene passen würde, oder ist es Paul, der mit seinen Liebesliedern und Schwiegermutterlächeln viel zu sanft für solche harten Riffs ist? Auch wer in der digitalisierten Version genau hinhört, kann die Stimme nicht präzise erkennen. Wer möchte, darf sich gerne am Rätselraten beteiligen. Ich kenne inzwischen die richtige Lösung, und es ist nicht mein Lieblings-Beatle. Ein Mitreißer ist "Twist And Shout" bis heute noch, und ein Schocker damals, weil kaum jemand solche harten Töne angeschlagen hatte. Deshalb auch die Devise: Sperrt eure Töchter ein, die Beatles sind in der Stadt.
Line-up:
Paul McCartney (vocals, bass)
John Lennon (vocals, guitar)
George Harrison (vocals, guitar)
Ringo Starr (vocals, drums)
Tracklist
01:I Saw Her Standing There
02:Misery
03:Anna (Go To Him)
04:Chains
05:Boys
06:Ask Me Why
07:Please Please Me
08:Love Me Do
09:P.S. I Love You
10:Baby It's You
11:Do You Want To Know A Secret
12:A Taste Of Honey
13:There's A Place
14:Twist And Shout
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