Birth Control / Two Eggs - Two Concerts
Two Eggs - Two Concerts Spielzeit: 76:55 (CD 1), 79:56 (CD 2)
Medium: Do-CD
MiG Music, 2013 (1977, 1983)
Stil: Krautrock, Rock


Review vom 27.06.2013


Jürgen Bauerochse
Die Aufarbeitung der Bandgeschichte von Birth Control geht in die nächste Runde. Es existieren ja schon einige Live-Mitschnitte aus verschiedensten Epochen der Gruppe, die teilweise als offizielle Alben oder auch als Fan Club-Editionen aufgelegt wurden. Eine prima Idee, denn so ergibt sich ein immer besserer Überblick über die Entwicklung dieser deutschen Rocklegende über mehrere Jahrzehnte.
Nun also die nächste Ergänzung dieser Serie, bei der zunächst einmal festzustellen ist, dass nun auch das legendäre Huhn endlich auf einem Cover zu finden ist. Das wurde auch so langsam Zeit, denn schließlich ist das Federvieh neben der 'Hoodoo Mama' schon lange ein Markenzeichen von Bernd Noske und seinen Kumpanen und ziert schon ewig lange so manches Tour-Shirt. Des Weiteren kann diesem Doppeldecker ein klasse Sound bescheinigt werden, denn immerhin haben die beiden hier veröffentlichten Konzerte schon etliche Jahre auf dem Buckel. Aber auch das sind wir ja inzwischen von den Machern der Band gewohnt.
Bei dem auf der ersten CD mitgeschnittenen Konzert vom 1. Mai 1977 in der Stadthalle Korbach hatte die Band gerade ihr Album "Backdoor Possibilities" aufgenommen. Es gab also eine ganze Menge von neuen Titeln zu promoten, und außerdem war mit Horst Stachelhaus ein neuer Mann an den dicken Saiten zu hören. Sicherlich nicht ganz einfach für die Jungs von Birth Control, aber andererseits im Nachhinein hoch interessant für die Zuhörer. So gibt es bei diesem Set mit "The Work Is Done" lediglich einen einzigen Song auf die Ohren, der auch sonst bei Live-Gigs der Band dabei ist. Außerdem ist mit "Meta Ventilator" eine über 22-minütige Aufnahme dabei, die vor Improvisationen nur so strotzt und auch ein tolles Basssolo von Stachelhaus enthält (dieser Mitschnitt ist bisher lediglich auf der auf 1.000 Stück limitierten Fan Club-Edition "Live Abortion" veröffentlicht worden und auch da nur in einer kürzeren Version). Der erste Teil des Doppeldeckers ist also aufgrund der Raritäten schon mal voll sein Geld wert.
Kommen wir zum zweiten Silberling. Aufgenommen in der Hamburger Fabrik am 24. März 1983. Bis auf Nossi und Bruno Frenzel ein komplett verändertes Line-up. Auf der Setlist, neben einigen wenigen Klassikern, vorwiegend Titel aus dem Album "Bäng", das gerade aktuell war und auch das letzte von Bruno Frenzel sein sollte, der am 21. September 1983 verstarb, woraufhin sich Birth Control auflöste und erst im August 1994 wieder zusammenkam. Also wurde auch hier ein zeitlich wichtiges Dokument mitgeschnitten und veröffentlicht.
Insgesamt wirkt dieses zweite Konzert etwas zupackender als die Aufnahmen von 1977. Offenbar hatte sich die Band nach ihrer 'Experimentierphase' Ende der siebziger Jahre (nachzuhören auf den Alben "Titanic" (1978) und "Live '79") nun wieder dazu entschlossen zu geradlinigerem Rock zurückzukehren. Und das gelang prima. Der Sound wurde durch den zweiten Gitarristen Stefan Linke noch heftiger. Außerdem erhöhte der wechselnde Leadgesang die Vielseitigkeit der Songs erheblich. Selbst Bruno Frenzel wurde ab und an zum Solisten am Gesangsmikrofon.
Bei diesem Konzert wurde ganz deutlich, was für tolles Songmaterial auf "Bäng" enthalten ist, denn schließlich wurde dieses Album bei seinem Erscheinen im Schatten der NDW kaum wahrgenommen. Herrlich diese Double-Leads bei "Greedy Eyes" oder das sehr percussive "The Day Of Doom Is Coming" mit seinen ständig wechselnden Vocals und Nossis toller Schlagzeugarbeit. Hier wird die gesamte Dynamik eingefangen, die bis heute jeden Auftritt von Birth Control umgibt. Doch mein ganz persönliches Highlight ist und bleibt "The King Of An Island", ein für die Band untypisch ruhiges Stück, das sich aber dennoch, nicht zuletzt durch ein unheimlich gefühlvolles Gitarrenspiel, metertief in die Gehirnwindungen einfräst. Schade, dass es mir noch nie gelungen ist, dieses Meisterwerk live vor der Bühne zu erleben.
Nach dem funkigen "Pick On Me", in dem diesmal das obligatorische Schlagzeugsolo integriert war (auf CD 1 durfte sich Nossi bei "The Work Is Done" austoben) folgt dann doch noch der Überflieger "Gammy Ray", diesmal aber 'nur' mit einer Spieldauer von fünfzehn Minuten. Immer wieder schön anzuhören und keinesfalls 'totgespielt'. Ein Medley beschließt das Hamburger Konzert, bei dem u. a. auch "Hoodoo Man" sowie der ganz frühe Single-Hit "Stop Little Lady" enthalten sind.
Allein von der Songauswahl ist dieser Doppeldecker von Birth Control ein Muss für jeden Fan der deutschen Rockmusik, zumal auch Spieldauer, Sound und Aufmachung absolut stimmen. Mal ganz abgesehen vom Andenken an Bruno Frenzel und Horst Stachelhaus.
Mehr davon Birth Control!
Line-up CD 1:
Bernd 'Nossi' Noske (drums, lead vocals)
Bruno Frenzel (guitar, backing vocals)
Zeus B. Held (keyboards, backing vocals)
Horst Stachelhaus (bass, backing vocals)

Line-up CD 2:
Bernd 'Nossi' Noske (drums, lead vocals)
Bruno Frenzel (guitar, lead & backing vocals)
Stefan Linke (guitar, lead & backing vocals)
Jürgen Goldschmidt (bass, backing vocals)
Ulrich Klein (keyboards)
Tracklist
CD 1:
01:Backdoor Possibilities (10:46)
02:My Mind (7:34)
03:Behind Grey Walls (6:45)
04:Meta Ventilator (22:37)
05:Fall Down (4:08)
06:The Work Is Done (25:01)
CD 2:
01:The Work Is Done (5:14)
02:Don't Call Me Up (5:36)
03:Nuclear Reactor (6:40)
04:Take Alarm (7:30)
05:Greedy Eyes (5:40)
06:The Day Of Doom Is Coming (9:03)
07:The King Of An Island (7:11)
08:Pick On Me (9:15)
09:Gammy Ray (15:25)
Medley
10:Get Down To Your Fate (2:19)
11:Hoodoo Man (2:30)
12:Stop Little Lady (3:27)
Externe Links: