The Black Crowes - 29.08.2009, Atlantic City
New Jersey, Borgata Casino & Hotel
Support-Act: The Levon Helm Band
Rocktimes Konzertbericht
The Black Crowes
Atlantic City, New Jersey, Borgata Casino & Hotel
Support-Act: The Levon Helm Band
29. August 2009
Stil: Rock



Artikel vom 06.09.2009


Markus Kerren
Atlantic City, New Jersey - das Ostküsten-Pendant zu den wesentlich bekannteren Spieler-Städten Las Vegas und Reno (Nevada) im wilden Westen der USA. Da wollen sich die Betreiber natürlich nicht lumpen lassen und auch für anderweitige Unterhaltung im großen Stil sorgen. Ein wirklicher Vorzeige-Laden diesbezüglich ist das Borgata Hotel, Casino & Spa, wo ich vor etwa drei Jahren auch schon einen Auftritt der Pogues erleben durfte.
So ein Besuch in einem echten Kasino mit allem Drum und Dran ist ja eigentlich auch schon immer was ganz Besonderes. Nicht unbedingt wegen der vielen bunten Lichter, der permanenten 'Klingelings' der Automaten oder den freien Getränken, die sehr schnell serviert werden, sobald man anfängt, seine sauer verdienten Kröten in Richtung 'Auf-Nimmer-Wiedersehn' in 'welches Spiel auch immer' zu investieren.
Sehr viel spannender sind eigentlich die Menschen in diesen Nobel-Schuppen. Die ganz wenigen strahlenden Gewinner, der kleine Anteil derer, die einfach nur aus Langeweile spielen und selbst davon sehr bald gelangweilt sind, die zunächst seeehr beeindruckenden Ladies, deren erste Frage nach kurzer Vorstellung ist, ob man sie auf sein Zimmer mitnehmen möchte, wenn man denn gewinnt (und damit sämtliche Anziehungskraft - zumindest bei mir - wieder verspielen) und nicht zuletzt der nicht zu unterschätzend große Teil der Menschen dort, in deren Augen man Horror, Verzweiflung, Elend und Tod zu erkennen glaubt. Ewige Verlierer, gefangen und verfallen in einem System, in dem man auf lange Sicht nicht gewinnen kann. Denn wenn sie zu einem nicht in der Lage sind, dann das Spiel zu beenden, bzw. das nächste Spiel an sich vorübergehen zu lassen. Koste es, was es wolle.
Aber gut, hier soll es um die Musik gehen! Die Menge, die sich zum Konzert der Black Crowes und der Levon Helm Band eingefunden hatte, versammelte sich erstaunlich schnell ein Stockwerk über den 'Gamblers', um noch das ein oder andere Getränk oder auch T-Shirt vor der Show abzugreifen. Nicht nur für mich galt bereits im Vorfeld des Konzertes der Opener, die Levon Helm Band, als ganz besonderer Leckerbissen. Leider, leider hatte der ehemalige Schlagzeuger von The Band immer noch mit seiner Larynghitis zu kämpfen und war von seinen Ärzten unter strengstes Sing- sowie Sprechverbot gesetzt worden. Dem Zauber der etwa 45 Minuten seines Auftritts tat dies jedoch keinen Abbruch!
Levon hatte eine 'komplette Mannschaft' mitgebracht. Zwei Gitarristen, Upright Bass, Organist, zwei (Background) Sängerinnen (inklusive seiner Tochter Amy Helm) und unglaubliche fünf Blech-Bläser! Den Auftakt machte der Band-Klassiker "The Shape I'm In", der den Rezensenten in einen ersten Anfall nostalgischer Euphorie verfallen ließ. Zum Einen, da der Song hervorragend gespielt und von dem Tastenmann gesungen wurde, zum Anderen, da er ein klares Tribut an den 1986 verstorbenen Band-Gefährten und Freund Richard Manuel war.
Levon machte, außer seiner fehlenden Stimme, einen hervorragenden und agilen Eindruck und während der Nummern, bei denen er vom Schlagzeug zur Mandoline wechselte, war er durch seine Körpersprache sehr kommunikativ mit dem Publikum, das ihn begeistert aufnahm und als weit mehr als nur einen Support-Act behandelte. Vom Physikalischen her außergewöhnlich für einen mittlerweile 69-Jährigen!! Larry Campbell, der Gitarrist und Produzent von Levons letztem, erneut sehr erfolgreichen und durchaus empfehlenswerten Album Electric Dirt, kündigte nach drei Songs dann an, warum Helm nicht singen konnte, dass aber das erwähnte neue Album auf dem Markt ist, von dem man nun einen Track spielen wolle und um Unterstützung gebeten habe...
»We would like to welcome our friend Chris to the stage...«
Vorhang auf für Chris Robinson, der mit riesigem Hut, Schlabber-Shirt und etwas entrücktem Grinsen auf die Bühne schlenderte. Selbstverständlich gefolgt von einem Riesenapplaus der Menge wurde die Grateful Dead- Nummer "Tennessee Jed" angestimmt und Robinson stand der Stolz auf die Stirn geschrieben, mit einer Legende wie Levon singen zu dürfen, konnte er zwischen seinen Gesangslinien doch weder ein fettes Grinsen, noch seine Augen von dem legendären Schlagzeuger lassen.
Es folgte eine weitere The Band-Nummer, "It Makes No Difference", diesmal von einer der Background-Sängerinnen (nicht Amy Helm) vokalisiert und, zumindest vom Rezensenten so aufgefasst, als Hommage an Rick Danko mit ins Programm eingebaut. Der letzte Track im Programm war schließlich der natürlich nicht fehlen dürfende Klassiker "The Weight", bei dem beide Brüder Robinson auf die Bühne kamen und den Song einmal mehr zu einem echten Erlebnis werden ließen. Leider gab es keine Zugabe, aber zum Trost des Verfassers ist die Levon Helm Band noch einige Monate länger auf Tour, während der ich den Meister hoffentlich noch mal zu einem Zeitpunkt zu fassen bekomme, an dem er auch gesanglich wieder am Start ist.
Emotional ausgelaugt musste ich mir danach erstmal ein Päuschen gönnen, und nach der viel zu langen Bierschlange hatte ich dann die ersten paar Songs der Black Crowes dummerweise bereits verpasst. Die 'Krähen' brauchen aber auch keine Anlaufzeit, um einen in Schwung zu bringen, und so verzauberten sie die Menge mit jeder Menge an Titeln des brandneuen Albums "Before The Frost", wie auch alten, bzw. älteren Gassenhauern à la "Jealous Again", "Black Moon Creepin'", "Descending" oder "Nebakanezer" sowie "Gone".
Überrascht war ich davon, wie sehr sich Rich Robinson an diesem Abend solistisch zurückhielt und diese Parts zum größten Teil seinem sechssaitigen Partner Luther Dickinson überließ. Seinen großen Auftritt hatte Rich dann allerdings, als er bei dem Velvet Underground-Klassiker "Oh! Sweet Nuthin'" nicht nur Soli, sondern auch den Gesang übernahm. Und dies in einer Art, die dem Original-Track absolut gerecht wurde. Sven Pipien und Steve Gorman sind schon lange zu einer eingeschworenen Gemeinschaft verwachsen, die den Titeln der Crowes den jeweilig benötigten Groove auf dem Silbertablett serviert.
Adam McDougall lieferte einen starken Tasten-Job ab und Chris Robinson... ist einfach Chris Robinson. Ich habe den Mann noch nie einen schlechten Job abliefern sehen, bei keinem einzigen der zweistelligen Anzahl von Crowes-Konzerten, bei denen ich anwesend sein durfte. Tja, und dann ist da eben noch dieser Luther Dickinson! Der Mann sieht von der fünften Reihe im Publikum aus wie ein 21-Mathematik-/Physik- oder Informatik-Student (nichts gegen diese Leute!!), aber wenn er den Volume-Regler nach oben dreht und zu einem seiner vielseitigen Soli ansetzt und sich um sein Leben slidet, dann nimmt er die anwesenden Zuschauer grundsätzlich auf eine sprichwörtliche Reise mit.
Ganz interessant anzusehen war auch noch, dass neben Chris Robinson mittlerweile auch Sven Pipien einen langen, wuchernden Bart trägt, der umgehend an die Fotos von The Band um 1970 erinnert. Womit sich ein weiterer Kreis schließt.
Für Aufregung bei einigen der anwesenden Fans führte schließlich, dass als letzte Zugabe die erste Single des neuen Albums, "I Ain't Hiding" gespielt wurde. Der Track ist von einer Art, wie sie die Crowes in ihrer gesamten Karriere so noch nie praktiziert haben. Ein sehr Disco-mäßiger Groove wird da gelegt, verziert mit einer coolen Wah Wah-Gitarre. Vom Feeling her hat die Nummer unbedingt etwas von dem Rolling Stones-Track "Miss You", vielleicht auch ein Stückchen von Rod Stewarts "D'Ya Think I'm Sexy?", das ja ebenfalls in diese Richtung geht. Man muss schon recht engstirnig sein, dieses Teil von Grund auf abzulehnen, da es sehr cool, interessant und spannend ist.
Leider war auch dieser Abend dann irgendwann zu Ende und nach ein paar Schlummertrünken fielen wir auch alle (manche früher, manche später) von den vielen Eindrücken und starken Auftritten total müde in unsere etwa 15 Meilen entfernten Hotelbetten.
Sollten die Black Crowes sich irgendwann doch noch mal wieder nach Deutschland verirren (es wird von 2010 gemunkelt), kann ich euch einen Konzert-Besuch nur ganz, ganz nahe ans Herz legen.
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