The Black Crowes / Warpaint
Warpaint Spielzeit: 54:04
Medium: CD
Label: Silver Arrow, 2008
Stil: Rock


Review vom 13.03.2008


Manni Hüther
Nach sieben Jahren ohne Album sind die Krähen aus Atlanta wieder mit neuem Output in den CD-Regalen zu finden. Neu bei der Truppe sind der Keyboarder Adam MacDougall und - man möchte sagen, als Sensation - Luther Dickinson, der mit seiner Slide auch für den Groove bei den
North Mississippi Allstars sorgt.
Seltsamerweise erreichte die CD schon einige Bekanntheit, bevor sie überhaupt käuflich zu erwerben war. Das (ziemlich auflagenstarke) Magazin Maxim USA gab sich die Blöße, die Platte zu besprechen, ohne sie überhaupt gehört zu haben. Man berief sich auf eine »auf Sachkenntnis gestützte Vermutung« - eine Unverschämtheit sondergleichen. Das Positive daran: Die Black Crowes waren wieder in aller Munde.
Mein eigenes Verhältnis zur Musik der Band war immer ambivalent. Manche Platten liebe ich, andere gehen total an mir vorbei. Mit "Warpaint" spielt sich die Band aber wieder voll in mein Herz. Retro waren sie immer, aber hier kommen sie der Quadratur des Kreises beängstigend nahe, nämlich als amerikanische Fassung einer beherzten Mischung aus "Sticky Fingers" und "Exile On Main Street", abgeschmeckt mit einer gehörigen Prise Soul. Eine weitere Parallele: Wie Ry Cooder auf "Sticky Fingers" ist auch hier der Mann an der Slide-Gitarre der eigentliche Star.
Luther Dickinson slidet sich so gekonnt und oft auch unaufdringlich, dabei aber trotzdem kräftige Farben malend durch das Programm, dass es eine wahre Freude ist. Auch sein neuer Kollege Adam MacDougall ist ein Gewinn für die Band, seine teilweise schweren Orgelklänge eröffnen den Krähen ganz neue Möglichkeiten, auch wenn sein Instrument ziemlich in den Hintergrund gemischt wurde. Aber gerade dieses weniger ist hier mehr!
Mit "Goodbye Daughters Of The Revolution" gelingt ein lässiger Einstieg, ein Abgesang an die ultrakonservative Frauenvereinigung der Südstaaten. Auf deftigem Blues mit schweren Gitarrenklängen basiert dagegen "Walk Believer Walk" und natürlich fehlen auch die Crowes-typischen Balladen nicht - mit "Oh Josephine" als Paradepferd dieser Disziplin und mit 6:40 Min. auch der längste Track dieser CD.
Sicher hat die Platte auch Momente, die nicht so mein Ding sind, etwa "Evergreen" oder "Whoa Mule". Aber auch hier könnte die Zeit es ändern, hatte mir doch 1971 "Moonlight Mile" von den Stones auch nicht gefallen, heute ist es einer meiner Lieblingssongs ... .
Das halbakustische "Locust Street" versöhnt dann wieder mit ansprechendem Arrangement, schönen Gitarren und lockerem Vortrag. Das hat die unbestrittene Klasse von Künstlern, die Musik leben.
Auch "Movin' On Down The Line" ist eigentlich Crowes pur, aber mit dem Unterschied, dass die tanzende Schweine-Slide eines Luther Dickinson so ab der vierten Minute den Hörer gleichzeitig in Erstaunen und Verzückung versetzt ... .
Alle Songs sind Kreationen der Robinson-Brüder, bis auf "God's Got It", das von Reverend Charlie Jackson stammt. Und ausgerechnet mit diesem Track erklimmen sie dann endlich den Olymp aus dem Amalgam der genannten Vergleichsplatten.
Das hätte durchaus auch im Sommer 1971 in die berühmt-berüchtigste Musikorgie aller Zeiten in Südfrankreich gepasst. Was für ein Killersong, was für eine erbarmungslose Slide, was für ein tighter Groove. Klar, hier wird was kopiert, aber fern jeglichen Epigonentums. Die Jungs machen nur deutlich, dass sie aus dem Süden der USA stammen und im Gegensatz zu den Stones aus jener Zeit nicht zu stilistischen Verrenkungen gezwungen sind - dieser einfache, selbstverständliche musikalische Fluss ist den Menschen aus dieser Ecke der Erde wohl im Blut ... . Was man alles in knapp über drei Minuten unterbringen kann ... .
Thumbs up!
Nein, die Black Crowes versuchen erst gar nicht, 'modern' zu klingen und ziehen ihre Sache mit erhobenem Haupt durch. Was und vor allem wie sie das hier machen, ist geeignet, Bands mit ähnlicher Ausrichtung auf die Plätze zu verweisen. Mit den neuen Mitgliedern sind die Krähen wieder am Start, um nach längerer Auszeit ihrer Karriere nochmal einen richtigen Schub zu geben. Auf diesem Niveau mit diesem tollem Südstaaten-infiziertem Rock (nicht Southern Rock!) kann das gelingen, daran hab ich keinerlei Zweifel.
Für mich persönlich ist das eine der besten Platten der Band. Die Fraktion, die es gerne etwas härter hat, mag dagegen eventuell enttäuscht sein, wird sich aber den teilweise genial seelenvollen Klängen kaum verschließen können. Die Ausstattung und auch der (selbstverständlich?) auf Retro getrimmte, satte Klang sind ohne Tadel.
Tracklist
01:Goodbye Daughters Of The Revolution
02:Walk Believer Walk
03:Oh Josephine
04:Evergreen
05:Wee Who See The Deep
06:Locust Street
07:Movin' On Down The Line
08:Wounded Bird
09:God's Got It
10:There's Gold In Them Hills
11:Whoa Mule
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