The Blackscreen / Tiny Melodramas
Tiny Melodramas Spielzeit: 48:58
Medium: CD
Label: Tap Water Records, 2010
Stil: emo

Review vom 11.08.2010


Markus Kerren
So richtig schlau wird man aus der Bandgeschichte der Franken The Blackscreen nicht, aber sicher scheint zu sein, dass Oliver Frank (Gitarre, Gesang) und Ralph Chris Schreiber (Schlagzeug) bereits seit 2007 zusammen spielen. Und genau diese beiden waren es auch, die sich im letzten Jahr einen neuen Bandnamen auswählten und in einem Keller mit geliehenem Equipment das komplette vorliegende Debütalbum dieser mittlerweile zum Quartett angewachsenen Kapelle produziert haben. Seit März 2010 ist der zweite Gitarrist Sebastian Bergherr dabei und wohl schon länger der Bassist Duke Eichholz. Zusammen macht sich der Vierer aus Nürnberg nun also auf, um zunächst Deutschland und dann den Rest der Welt zu erobern.
Um gleich mal mit der Tür ins Haus zu fallen: Sehr leicht machen es die Süddeutschen dem geneigten Zuhörer nicht unbedingt, sich umgehend bei ihrer Musik zu Hause zu wähnen. Einer der Gründe dafür dürfte sein, dass die Kompositionen doch ziemlich sperrig daher kommen, während eine Mischung aus Rock, Emo und Power Pop präsentiert wird. Der Albumtitel ('Kleine Melodramen') deutet dazu bereits an, dass hier auch nicht Friede, Freude und Eierkuchen zelebriert werden, sondern sich vielmehr eine stetige Melancholie durch das Dutzend Tracks zieht.
Der Gesang wechselt ständig von clean zu emotionalen Schreien und wieder zurück, was sicherlich ebenfalls Geschmackssache ist. Passend dazu die Musik, die immer wieder mal Brachialangriffe auffährt, während sie ansonsten in ein modernes Rock-Korsett mit runter gestimmten Gitarren verpackt wurde. Eingespielt wurde die Scheibe blitzsauber und gerade wenn man die ungewöhnlichen Bedingungen (Keller, geliehenes Equipment) berücksichtigt, muss man den Frankenländlern unbedingt eine wirklich gute Arbeit attestieren. Sehr gut kommt meines Empfindens auch, wenn etwa ab der zweiten Hälfte der Scheibe zusätzliche Blasinstrumente mit in den Sound eingebunden werden.
Ihre Einflüsse sehen The Blackscreen hauptsächlich bei Bands wie z.B. Placebo oder den Foo Fighters, was man auch ganz gut heraushören kann. "Two Hearts" wird von einem pumpenden Bass bestimmt und konzentriert sich ansonsten vor allem auf den Gesang, der hier ziemlich poppig rüberkommt und mich gar ein bisschen an Stücke von The Cure aus den achtziger Jahren erinnert. Nur, dass die Instrumente hier doch heavier zu Werke gehen, als das bei den Engländern um Robert Smith der Fall war. Klasse sind die Trompete und das Piano, die den Track beschließen. Würde sich geradezu als Single-Auskopplung anbieten.
Es hat zwar ein paar Durchläufe gedauert, aber plötzlich geht mir auch "The Edge" ganz wunderbar ins Ohr und der Refrain animiert geradezu zum Mitsingen. Liegt es daran, dass man sich die Musik von The Blackscreen erst 'erarbeiten' muss? Schwer zu sagen, aber meiner Meinung nach ist die zweite Hälfte dieses Debütalbums die wesentlich bessere. Das mag auch daran liegen, dass sich hier mit "The Flies" mein absoluter Favorit befindet. Verhaltene, melodiöse Strophen entladen sich nach einer Bridge plötzlich in einem explodierenden Refrain, der über die beste gesangliche Hookline des ganzen Albums verfügt. Dazu Wah Wah-Effekte in den ansonsten geradeaus gespielten Strophen und fertig ist ein sehr gelungener Titel.
"Tiny Melodramas" wird nicht unbedingt für jedermann/frau eine Glückseligkeit darstellen, weshalb man das Teil auf jeden Fall erstmal anchecken sollte. Den Emo-Freunden sowie Liebhabern moderner Rockmusik mit einem Hang zum Pop mag hier aber eventuell durchaus was ganz Tolles geboten werden. Es bleibt dabei, das Zauberwort heißt 'Reinhören', denn handwerklich ist das einwandfrei und von der Melancholie her wird nie so sehr übertrieben, dass es ins Weinerliche abdriftet. Und das ist ebenfalls ein Pluspunkt. Meine Anspieltipps sind "Two Hearts", "The Edge" und "The Flies".
Line-up
Oliver Frank (vocals, guitars)
Ralph Chris Schreiber (drums, percussion)
Duke Eichholz (bass, trumpet, trombone)

Mit:
Alexander Sabo (violins - #12)
Jeremy Fast (piano - #5)
Isa (telephone call - #8)
Tracklist
01:Bella
02:Overture To A Bitter End
03:Steep Lechase
04:The Ghosts
05:Two Hearts
06:The Edge
07:Last Goodbye
08:Egodrama
09:Buried Alive
10:The Flies
11:Driftwood
12:Greetings From Nowhere
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