Blaudzun / Promises Of No Man's Land
Promises Of No Man's Land Spielzeit: 41:57
Medium: CD
Label: Glitterhouse Records, 2014
Stil: Art Pop

Review vom 09.03.2014


Steve Braun
Das deutsche Glitterhouse-Label ist als Lieferant von weit abseits des Mainstreams angesiedelten Musiken nicht nur bestens bekannt, sondern in diesen Nischen bereits international fest etabliert. Neuester Zugang ist der seit langem in Indie-Kreisen höchstes Ansehen genießende Niederländer Johannes Sigmond, besser unter dem Pseudonym Blaudzun vertraut. Als Gast des labeleigenen Orange Blossom Special Festivals dürfte er so manchem unserer Leser bereits aufgefallen sein.
Kaum zu glauben, aber wahr: Obwohl Blaudzuns erste drei Alben von der Indie Folk-/Art Pop-Szene in höchsten Tönen gefeiert wurde und das 2012 erschienene "Heavy Flowers" sogar den internationalen Durchbruch brachte, waren diese Platten bislang im deutschsprachigen Raum nur als teure Importware zu beziehen... und das trotz des Umstandes, dass die Niederlande nur den sprichwörtlichen Steinwurf von uns entfernt liegen. Mit "Promises Of No Man's Land" sollte Blaudzun endlich auch hierzulande die verdiente Aufmerksamkeit geschenkt bekommen.
Der Indie-/Art Rock von Arcade Fire, der Indie-Folk der Villagers und Americana eines Ryan Adams werden gerne als Referenzen herangezogen, wenn man Blaudzuns musikalisches Spektrum beschreiben will. Auch ein David Eugene Edwards kommt einem spontan in den Sinn, wenn die Stimmungen mal in den 'Moll-Bereich' abdriften. Ein Name drängt sich mir persönlich immer wieder auf, ein ganz großer sogar: David Bowie!!! Bei dessen jahrzehntelangen, überaus kunstvollen Verschmelzungen von anspruchsvollem Pop mit eigentlich allem, was uns an Tönen und Tonarten so umschwärmt, dürfte Mijnheer Sigmond genauestens die Ohren gespitzt haben.
Wie Bowie besitzt Blaudzun zudem ein feinsinnigstes Gespür für DIE eingängige Popmelodie; man spüre genau dies nur mal in dem eindrucksvollen Zweiteiler "Hollow People"/"Kids Around (Hollow People Revisted)" nach. Und wie beim 'Chamäleon des Pop' offenbaren sich in dem gesamten Liederzyklus leicht androgyne Anspielungen - nicht nur auf dem Cover von "Promises Of No Man's Land". Jede der zahlreich eingesetzten Kopfstimmen, nahezu alle geschmeidig-anmutigen Synthesizerfanfaren tragen dezent hermaphrodite Züge...
Nicht, dass ich bislang in unserem kleinen Internetmagazin als Verfechter synthie-geschwängerter Pop-Ohrwürmer in Erscheinung getreten wäre - garantiert nicht. Aber ich muss gestehen, dass es schwerfällt, sich dem Zauber von "Promises Of No Man's Land" reflexartig und krampfhaft zu entziehen. Selten habe ich anspruchsvollere, hochfein ziselierte Popsongs gehört, die zwar überaus eingängig und hochmelodisch sind, aber keinesfalls massentaugliche Dutzendware darstellen!
Allen Dur-Kaskaden zum Trotz gefallen mir die Songs aus dem elfteiligen Reigen am besten, die
- wie der Opener "Euphoria", "Wasteland" oder "Halcyon" - mit einer mystischen, leicht düsteren Stimmung daherkommen. Hier sind zweifelsohne Assoziationen zu 16 Horsepower oder Wovenhand angebracht. Sehr positiv geht mir auch das im Walzertakt schunkelnde "Ocean Floor" ins Ohr, das mit seinen Akkordeonklängen etwas an friesische Folklore erinnert. Ein weiterer hübscher Farbtupfer...
Mit "Promises Of No Man's Land" hat Johannes Sigmond aka Blaudzun einen ziemlich originellen, oft kuriosen, stellenweise aber auch kauzig-schrulligen Klangkosmos geschaffen, dessen eigenartiger Magie man sich kaum entziehen kann. Selbst eingefleischte Rock-Redakteure sind da nicht gefeit, wie zu lesen ist... Ein schönes Scheibchen, auch wenn ich mich mit der allgemeinen Etikettierung als 'Indie-Folk' nicht so recht anfreunden will...
Das Digipak ist ansprechend aufgemacht - das umfangreiche Booklet enthält alle Texte samt den wichtigsten Infos. Einzig eine beigefügte Plastiklupe wäre zum Lesbarmachen derselben hilfreich gewesen.
Line-up:
Blaudzun (lead vocals, acoustic guitars,organ,harmonium, piano, Solina String Ensemble)
Jakob Sigmond (electric guitars)
Tom Swart (piano, accordion)
Franc Thomas Timmermann (bass)
Wouter de Waart (drums, percussion)
Judith van der Klip (violins)
Rutger Hoedemakers (synthesizers)
u. a.
Tracklist
01:Euphoria (3:29)
02:Promises Of No Man's Land (3:34)
03:Too Many Hopes For July (5:45)
04:Hollow People (3:09)
05:Kids Around [Hollow People Revisted] (2:02)
06:Wasteland (4:06)
07:Any Cold Wind [Sweet Selene] (3:58)
08:Streets Of Babylon (3:54)
09:Halcyon (5:25)
10:Ocean Floor [From All The Stars] (2:48)
11:Wingbeat (4:07)
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