Blues Company / O'Town Grooves
O'Town Grooves Spielzeit: 61:34
Medium: CD
Label: in-akustik, 2010
Stil: Blues Rock

Review vom 18.05.2010


Jürgen Hauß
Keine Ahnung, warum ich die Blues Company bislang nicht wirklich wahrgenommen habe. Lag es daran, dass sie aus Deutschland stammt? Eigentlich nicht, denn auch Henrik Freischlader,
Richie Arndt, Timo Gross und schließlich auch 'Crazy' Chris Kramer gehören zu meinen persönlichen Favoriten. Auch habe ich beim Plattenladen meines Vertrauens, Mr. Music in Bonn, immer wieder CDs der Blues Company im Regal stehen sehen. Zuletzt das Doppelalbum, das die beiden Kollektionen "...Blues, Ballads & Assorted Love Songs" sowie dessen Nachfolger "More Blues, Ballads & Assorted Love Songs" zusammenfasst. Dennoch springt mir die vorliegende CD zugegebenermaßen auch nur deshalb ins Auge, weil der Name von Ana Popovic an hervorgehobener Position als »Special Guest« auftaucht.
Dass Ana Popovic - wenn auch nur einmal - als Gastmusikerin auftaucht und ihre Gitarre aufheulen lässt, ist ihr Dankeschön gegenüber dem 'Brain' der Blues Company, dem Gitarristen und Sänger Todor 'Toscho' Todorovic, der ihr am Anfang ihrer Karriere offenbar sehr geholfen hat.
Die Blues Company gibt es seit 1976. Sie ist damit sicherlich eine der langlebigsten deutschen Bluesbands. Neben ihrem bereits genannten Mit-Gründer gehört seit 1980 Mike Titre dazu, während die aktuelle Rhythmus-Sektion seit dem Jahr 2000 (Schlagzeuger Florian Schaube) bzw. 2008 (Arnold Ogrodnik am Bass) mit von der Partie ist. Seit 1999 wird die Blues Company zudem regelmäßig durch The Fabulous B.C. Hornes ergänzt, bestehend aus Uwe Nolopp und Robert Kretzschmar. Fürwahr: eine fabelhafte Ergänzung, denn der Einsatz der Bläser ist über weite Strecken stilprägend. Erwähnenswert ist zudem der Beitrag von Moritz 'Mr. Mo' Fuhrhop auf seinen diversen Tasteninstrumenten. Ja, derjenige, der zusammen mit Henrik Freischlader bei 5 Live und aktuell in der Henrik Freischlader Band zusammen spielt.
Doch es soll vorliegend nicht um die diversen externen Musikaktivitäten gehen, sondern um die CD "O'Town Grooves"; ein Titel, der beschreiben soll, dass selbst die Heimatstadt der Blues Company, Osnabrück (Niedersachsen, und damit nicht - sorry, Joe - aus Westfalen) groovt
Klassisch geht es los: Die Drums geben Takt und Rhythmus vor, die Solo-Gitarre setzt ein, Bläser begleiten die Melodie, und dann? Dann ertönt plötzlich eine Bluesröhre, die mich von der Tonlage, ihrem Ausdruck und ihrer Phrasierung sehr an den legendären David Clayton-Thomas erinnert. Das rundet den ersten Gesamteindruck ab, den ich von den Protagonisten habe. Nicht zuletzt wegen der immer wieder zum Einsatz kommenden Fabulous B.C. Horns klingt die Band verdammt gut nach Blood, Sweat & Tears, ohne allerdings eine 1:1-Kopie zu sein; und das ist meinerseits uneingeschränkt als Kompliment gemeint.

Bereits der zweite Song, "Homeward Bound", bietet eine willkommene Abwechslung. Nein: Es handelt sich nicht um eine Adaption des gleichnamigen Simon & Garfunkel-Songs; mit dem hat er außer dem Titel so gar nichts gemeinsam! Vielmehr klingt das Stück in seinem funkigen Ansatz eher nach "Sex Bomb" von Tom Jones - das lasse ich jetzt mal so dahingestellt.
"(I'm Just An) Old Blues Singer" - ein wunderschöner Slow-Blues, mit dem 'Toscho' quasi autobiographisch beschreibt, wie der Blues durch traurige Lebenslagen hilft. Die Band spielt ohne Bläser, aber Fuhrhops Begleitung auf den Tasten webt einen schönen Klangteppich im Hintergrund. "I'm Scared To Move" besingt die Qualen, wenn man zu viel getrunken hat und einen Zustand erreicht hat, den man tunlichst vermeiden sollte, wenn man - wie vorliegend in Gestalt einiger Gitarrensoli - von Ana Popovic begleitet wird. Zudem bläst Mike Titre Trübsal auf seiner Harp - ein wunderschön arrangierter Song.
Ein wenig Richtung Country driftet "Keep On Trying" ab - Slide-Gitarre ist angesagt, zudem ändert sich aufgrund der Leadvocals von Mike Titre deutlich der Gesamteindruck. Es folgt "Things Won't Be The Same" im flotten Up-Tempo, Joe Brookes würde dies als 'Jump Blues' beschreiben (vgl. seine Rezi zu Hot And Ready To Serve). Immer wieder setzen die Bläser einen Kontrapunkt, übernehmen bisweilen auch die Melodieführung.
Auch das vorliegende Album enthält mit "Slaves To The Money" wiederum einen sehr sozialkritischen Song, der in kurzen Beispielen beschreibt, dass wir unser ganzen Leben danach ausrichten, nach Reichtum zu streben. Musikalisch wird diese von Mike Titre komponierte Kritik - dennoch singt 'Toscho' den Song - durch einen eindringlichen Slow-Blues untermalt.
Funkig geht es mit "Blues In A Bottle" weiter, bevor mit "Ol' What's Her Name" die erste von zwei Fremdkompositionen - übrigens beide von Bucky Lindsey verantwortet - interpretiert wird. Und wiederum ist es die Harp von Mike Titre, die dem Song ihren Stempel aufdrückt. Ein Lied über einen Frauenversteher, der bei all seinem persönlichen Einsatz nicht einmal den Namen der aktuellen Begleitung kennt! "Last Train Home" ist insbesondere im Hinblick auf den Einsatz der Bläser-Sektion und der Stimme von 'Toscho' wiederum eine wunderschöne Erinnerung an Blood, Sweat & Tears; man kann herrlich hinwegträumen, bis ein abrupter Schluss einen wieder weckt.
Ähnlich geht es weiter mit "Walk That Way", bevor mit "3 Files On an Empty Plate" ein Instrumental-Titel folgt, an dessen Komposition der Drummer der Band Florian Schaube offenbar maßgeblich beteiligt war, denn er gibt ihm im Mittelteil die Möglichkeit, sein Können und insbesondere seine Ideen solistisch zu präsentieren. Dies führt nicht zuletzt dazu, dass es sich um den längsten Song der Scheibe handelt. Das Solo passt zwar nicht so ganz in den übrigen Kontext, aber so bekommt halt jeder mal seine 'Spielwiese'.
Die CD wird abgeschlossen durch eine deutlich verkürzte, als 'Slight Return' bezeichnete Instrumentalversion von "Slaves To The Money", so als ob man noch einmal diesen sozialkritischen Song in Erinnerung rufen wolle.
Das Ganze ist glasklar produziert. Die Höhen sind brillant, die Bässe wummern so richtig, dass es große Freude bereitet, die Boxen aufzudrehen. Das Booklet, das außen eine wahrhaft düstere Stimmung über Osnabrück vermittelt, enthält im Innenteil - wie schon bei
The Quiet Side Of Blues Company - einige Fotos von der Aufnahmesession sowie sämtliche Songtexte, die allerdings bei der Transkription nicht immer fehlerfrei abgedruckt sind (insbesondere bei Track 3!).
Nun ja, ich habe es Ana Popovic zu verdanken, dass ich auf die Blues Company aufmerksam geworden bin. Dass ich mich für die Protagonisten nunmehr deutlich mehr interessiere, haben diese jedoch weniger ihrem Gastauftritt zu verdanken als vielmehr der Tatsache, dass sie wunderschönen, abwechslungsreichen Blues bieten. Für mich gilt es nun, mehr als dreißig Jahre Bluesgeschichte aus Osnabrück aufzuarbeiten!
Line-up:
Todor 'Toscho' Todorovic (guitar, lead vocals)
Mike Titre (guitar, harp, backing vocals, lead vocals)
Arnold Ogrodnik (bass, upright bass, backing vocals)
Florian Schaube (drums & percussion)

The Fabulous B.C. Horns:
Robert Kretzschmar (tenor, alto and baritone sax; horn arrangements)
Uwe Nolopp (trumpet, trombone, flugelhorn)

Guests:
Moritz 'Mr. Mo' Fuhrhop (Hammond C 3, Fender Rhodes, Wurlitzer piano)
Izolda B. Manojlovic (backing vocals)
Sax Gordon Beadle (saxophon - #6)
Ana Popovic (guitar - #4)
Tracklist
01:Blues Go Away (5:10)
02:Homeward Bound (5:00)
03:(I'm Just An) Old Blues Singer (5:41)
04:I'm Scared To Move (5:04)
05:Keep On Trying (4:36)
06:Things Won't Be The Same (3:46)
07:Slaves To The Money (4:47)
08:Blues In A Bottle (5:32)
09:Ol' What's Her Name (5:19)
10:Last Train Home (4:34)
11:Walk That Way (4:24)
12:3 Files On An Empty Plate (6:01)
13:Slaves To The Money (Slight Return) (1:47)
Externe Links: