Edgar Broughton Band / Live In Hamburg
Live In Hamburg Spielzeit: 75:38
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2012 (1973)
Stil: Rock


Review vom 22.10.2012


Jürgen Bauerochse
Dass das Label Sireena Records für so manch eine Kostbarkeit der Rockmusik aus früheren Zeiten verantwortlich zeichnet, davon kann die RockTimes-Redaktion wahrlich ein Liedchen singen. Immer wieder tauchen wahre Perlen aus der Vergangenheit auf und werden so den Fans in der Gegenwart wieder zugänglich gemacht.
Und nun ist ihnen ein weiterer großer Coup gelungen. Am 9. Oktober 1973 trat die Edgar Broughton Band im Rahmen ihrer Deutschland-Tour in der Hambuger Fabrik in Altona, damals einer der angesagtesten Live-Läden, auf. Die Truppe war schon mehrere Wochen in unseren Landen unterwegs (drei Tage zuvor hatte ich selbst das Vergnügen, sie im Langelsheimer Beat Club zu sehen) und war so perfekt eingespielt. Was die Musiker nicht wussten, war die Tatsache, dass der Hamburger Gig komplett mit mehreren Mikrofonen auf Tonband aufgezeichnet wurde. Sireena Records grub die Aufnahmen nun aus, sandte sie Edgar Broughton zu und erhielt nach gründlicher Prüfung der Aufnahmen durch alle damals dabei gewesenen Musiker das Okay zur Veröffentlichung des Mittschnittes.
Und das Ergebnis kann sich wirklich sehen bzw. hören lassen. Der Sound auf dem mit über fünfundsiebzig Minuten pickepacke vollen Silberling ist als durchaus gut zu bezeichnen, vor allem wenn man bedenkt, dass der Mitschnitt inzwischen fast vier Jahrzehnte auf dem Buckel hat und von alten Tonbandspulen übernommen wurde.
Auch von der musikalischen Klasse der Band wird man doch ziemlich angenehm überrascht. Das Zusammenspiel wirkt fast ungewohnt dicht und homogen, und auch der Bühnensound ist hier sehr gut ausgepegelt, sodass die Edgar Broughton Band ungewöhnlich melodiös rüber kommt, ohne dass die Aggressivität ihrer Musik verloren geht. Jedenfalls ist hier keine Spur von den chaotischen Zuständen zu hören, die oftmals bei Auftritten der Band vorherrschten.
Die Songauswahl ist ebenfalls etwas überraschend, denn kurz vor dieser Tour war das Album "Oora" erschienen - und ist auf diesem Mitschnitt mit keinem einzigen Song vertreten. Dagegen steht der Longplayer "Inside Out", der im Jahr 1972 das Licht der Welt erblickte, im Mittelpunkt und ist mit gleich sechs Titeln, die teilweise in Medleys zusammengefasst sind, vertreten. So liegen die Spielzeiten der Stücke zwischen 4:25 und 18:15 Minuten, was ein weiteres Indiz für die Spielfreude der Edgar Broughton Band an diesem Abend darstellt.
Von den großen 'Klassikern' der Gruppe ist auf diesem Album weit und breit nichts zu hören, sieht man mal von "Poppy" vom Album "The Edgar Broughton Band" (1971) ab, das mit seinem Mitsing-Refrain dafür aber auch auf sehr angenehme sieben Minuten gestreckt wurde. Eine wirklich tolle Version dieses Songs.
Aber auch die übrigen Titel machen das Fehlen von "Evening Over Rooftops", "The Birth" oder "American Boy Soldier" durchaus vergessen. Allein was die Band aus dem Song "Freedom" gemacht hat, ist schon erwähnenswert. Nur als Single erschienen, ist hier eine über achtzehnminütige Fassung voll von Improvisationen geworden, bei der vor allem Drummer Steve Broughton Schwerstarbeit zu verrichten hatte. Auch das Publikum wurde immer wieder mit einbezogen. Hier steppte die Lucy!
Nahtlos geht diese Klangorgie dann in "Out Demons Out" über, denn DER Schlachtruf der Band schlechthin durfte nun doch nicht fehlen. Stark, dass sich dieser Klassiker auch gleich noch auf über dreizehn Minuten Spielzeit hinzieht und so das absolute Sound-Gewitter perfekt macht.
Mit "Live In Hamburg" ist eine Rarität der Rockgeschichte aus der Versenkung aufgetaucht, mit der wohl niemand rechnen konnte. Hoffentlich kommen noch viele solcher Schätzchen aus längst vergangenen Tagen an die Oberfläche. Und wenn die dann auch noch über solch eine Qualität verfügen, dann gibt es noch sehr viel aufzuarbeiten.
Line-up:
Edgar Broughton (guitar, vocals)
Steve Broughton (drums, vocals)
Arthur Grant (bass, vocals)
Victor Unitt (guitar, harmonica, vocals)
Tracklist
01:Get Out Of Bed/There's Nobody There/Side By Side/Sister Angela (7:16)
02:I Got Mad/Momma's Reward (7:36)
03:Poppy (7:23)
04:Love In The Rain (7:06)
05:Look At The Mayor (8:40)
06:Gone Blue (4:25)
07:Spoken Intro To Freedom (1:22)
08:Freedom (18:15)
09:Out Demons Out (13:34)
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