Elvin Bishop / The Blues Rolls On
The Blues Rolls On Spielzeit: 45:36
Medium: CD
Label: Delta Groove Music, 2008
Stil: Blues & More


Review vom 21.08.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Und täglich grüßt… der Latzhosen-Blueser Elvin Bishop.
Diese Form des Beinkleides ist universal einzusetzen und so ist es auch mit seiner neuesten CD, für dessen Coverbild sich der 1942 geborene Musiker, Sänger und Songschreiber nicht in seinem äußerlichen Markenzeichen hat ablichten lassen.
Egal wo oder wann, "The Blues Rolls On" törnt jederzeit an…
Im Player hat der Silberling schon zig Runden hinter sich und zeigt, auch physikalisch, keine Abnutzungserscheinungen. Jedem wird auf dem Cover bereits die Namensliste der Künstler ins Auge gefallen sein. Liebe Leser, ich war auch sehr überrascht, mit wem der Gitarrist, der eine Vorliebe für das Bottleneck hat, zusammen agiert.
Bishop, selbst ein gefragter Session-Musiker (James Cotton, Peter, Paul And Mary, Clifton Chenier, Pinetop Perkins…) und natürlich nicht zu vergessen, sein Mitwirken bei der
Paul Butterfield Blues Band, Mike Bloomfield, John Lee Hooker oder der Allman Brothers Band, zelebriert den Blues.
Nach diversen Label-Wechseln, er war unter anderem bei Capricorn, Alligator Records und Blind Pig Records, hat er jetzt bei Delta Groove Music angedockt und muss bei diesem jungen Label einfach in guten Händen sein.
Für "The Blues Rolls On" hat er einige Blicke in sein Adressbuch geworfen. Na ja, jetzt muss ich mir schon einiges einfallen lassen, damit meine Review länger wird als das Line-up
Allerdings macht es einem der Protagonist mit seinen Gästen und Freunden auch relativ einfach, denn das Album ist schon mit seinem Titel ein umwerfender Beleg dafür, dass es in diesem Genre weiter geht, immer weiter.
Einige Tracks auf vorliegender Platte sind eng verbunden mit Bishops Einflüssen oder seiner eigenen musikalischen Vergangenheit. "Honest I Do", eine Jimmy Reed-Komposition war der Zündfunke für ihn, sich mit dem Blues zu beschäftigen.
"Yonder's Wall" stammt aus vergangenen Paul Butterfield-Zeiten, sein "Struttin' My Stuff" war ein Hit in den Siebzigerjahren und sein "The Blues Rolls On" sowie "Oklahoma" sind brandneue Kompositionen.
"Yonder's Wall", das einzige Live-Stück auf der Platte, ist eine Zugabe zum Command Performance-Album der Legendary Rhythm & Blues Revue, aufgenommen bei der Blues Cruise im Oktober 2007 und, neben Bishop mit Ronnie Baker Brooks sowie Tommy Castro an der Gitarre sehr gut besetzt. Wie hier, stehen auf der CD die 6-Saiter im Vordergrund. Nur drei der zwölf Nummer sind mit einer Gebläse-Abteilung aufgebretzelt. Ein E-Gitarren-Solo jagt das nächste, Chris Sandoval (drums) und Scott Sutherland (bass) werden als stetig spielende Zugpferde vor den groovenden Track gespannt und dann geben die Stakkato-artigen Horns dem Song den Rest.
Die Platten-Besatzung ergibt eine sehr gute Bandbreite an musikalischer Herkunft und diese CD verdeutlicht, wie sehr sie doch alle im 12-Takter verwurzelt sind.
Der Titeltrack glänzt mit seinen 4 ˝ Minuten nicht gerade durch textliche Brillanz. Bishop schüttet eine Füllhorn an Namen über den Hörer aus… Klar, alle erwähnten Künstler haben den Blues und den Groove, vor allem aber das Stück selber. 'Nur' zwei Gitarristen sind in diesen tollen Opener involviert: Der Protagonist und Gov't Mules Warren Haynes. Beide wechseln sich ab, wenn es um Rhythmus- und Solo-Gitarre geht und der 66-jährige lässt das Bottleneck über die Saiten seiner Halbakustischen gleiten. Über dem Groove kommt dann auch noch Harper Kim Wilson zu Wort. Der ist eh eine Instanz an diesem Instrument.
Noch eine Stufe schärfer geht man in "Struttin' My Stuff" zu Werke, weil Haynes ein weiteres mal aufspielt und Derek Trucks, Johnny 'V' Vernazza (Ex-The Marshall Tucker Band) als auch Mike Schermer die Saiten zupfen. Man kann sich vorstellen, was da an Gitarren-Verkehr unterwegs ist und es kommt doch tatsächlich zu keinem Stau. Ein deutlicher Beleg dafür, dass es auch Produktions-technisch nichts zu bemängeln gibt. Eine alte Bishop-Nummer, jetzt runderneuert, geht mit seinem funky Groove unter die Haut.
Nachdem so viele Gitarristen aufgeboten wurden, kommt es einem schon befremdlich vor, dass der Song "Oklahoma" eine Solo-Einlage vom Bishop ist. Welch ein Track, mit autobiografischem Text, dargeboten in Form eines der dreckigsten Boogie-Stücke, die ich je gehört habe. Der Schmutz klebt förmlich an den Saiten. Eine Komposition, welche dem Hörer die Perücke vom Kopf fegt. Bishop, du bist klasse!
Wo wir gerade bei Perücken sind: Es ist nicht gerade "Give Me Back My Wig", den er sich für eine Reminiszenz an den Ausnahme-Slider Hound Dog Taylor ausgesucht hat, aber mit "Send You Back To Georgia" hat man auch eine sehr gute Wahl getroffen. Wieder drei Saiten-Artisten, die ein monströses Feuerwerk abfackeln: George Thorogood und Jim Suhler begleiten den Gastgeber. Auf einen Bassisten verzichtet man gänzlich. Nur Mister Jeff Simon gibt an den Drums den Takt vor. Ich ziehe meinen nicht vorhandenen Hut und falle auf die Knie!
Schön ist auch, dass Bishop mit Ed Earley, Bobby Cochran und Larry Vann einige seiner Begleitmusiker aus der Vergangenheit nicht vergessen hat, denn punktuell mischen die auf "The Blues Rolls On" auch mit.
Richtig schade ist es aber, dass einer hier fehlt, der es wirklich verdient hätte: Little Smokey Smothers, mit dem Bishop ein Vorzeige-Album in Sachen Live-Mitschnitt veröffentlicht hat:
That's My Partner!
Und jetzt Obacht, liebe Leser!
Den Junior Wells-Titel "Come On In This House" hat er mit der Homemade Jamz Band im Handyland Studio in Clarksdale, Mississippi eingespielt. Das Trio ist zusammen gerade mal 37 Jahre alt. Die verteilen sich auf die Geschwister wie folgt: Ryan Perry (15, guitar, vocals), Kyle Perry (13, bass) und Taya Perry (9, drums). Welch eine Band! Ryan hat eine erwachsene Stimme, Taya den Groove und Kyle bietet eine erwachsene Leistung am Tieftöner. Ein Stück Blues, im Mid-tempo-Bereich angesiedelt, der einen mit der Zunge schnalzen lässt. Ein Generationen-Konflikt entsteht nicht… Der Blues verbindet. Den Dreier sollte man genauer unter die Lupe nehmen.
Einen Ausflug in den Zydeco macht er mit R.C. Carrier (vocals, rub board), Andre Thierry (accordion) und Bobby Cochran (drums). Clifton Cherniers-Titel "Black Gal" höre ich sehr gerne, obwohl nicht unbedingt ein Freund dieser Musikrichtung bin.
Ein echter Diamant ist Roy Miltons "Keep A Dollar In Your Pocket" mit B.B. King und seiner Lucille. Ein kurzer Smalltalk steht am Anfang und dann ist ein hervorragend aufgelegter King zu hören. Eine absolute Hammer-Nummer mit jazzigem Flair. Die Körperhaare stellen sich im Domino-Effekt auf. Cash Killon (bass) und Harold Jones sind eine perfekte Rhythmus-Abteilung für diesen Track und ebenso Chris Burns' Piano. Bereits erwähnter Ed Earley ist hier an der Posaune zu hören. Der Rezensent befindet sich schon wieder in Bodennähe…
Auch die Stücke, in denen Elvin das Gesangsmikrofon anderen Leuten überlässt, haben es in sich: "Night Time Is The Right Time" mit John Németh und Angela Strehli, die ebenfalls schon jenseits der Sechzig ist, hat eine richtig reife Stimme bekommen. Der Chicago-Stil lässt grüßen.
Németh singt auch das soulige "Who's The Fool". Der Gitarrist Kid Anderson sorgt für Aufmerksamkeit. Klasse, der junge Mann! Im shuffeligen Track "I Found Out" macht Németh ebenfalls eine gute Figur. Einen großen Anteil am Song hat der Harper James Cotton. Für Jimmy Reeds "Honest I Am" wechselt Németh zum Mississippi-Saxofon. Ein Instrumental der Sonderklasse!
Ein ausführliches Fazit kann ich mir sparen, denn es ist alles geschrieben.
Mit 9,5 von 10 RockTimes-Uhren darf "The Blues Rolls On" einfach in keiner Blues-Plattensammlung fehlen.
Line-up:
Elvin Bishop (vocals, lead guitar, rhythm guitar, slide guitar)
Warren Haynes (lead guitar, rhythm guitar - #1, guitar - #4)
Mike Schermer (rhythm guitar - #2, guitar - #4, 5, 10, 12, last guitar solo - #6)
Ronnie Baker Brooks (guitar - #3, vocals - #3)
Tommy Castro (guitar - #3)
Derek Trucks (guitar - #4)
Johnny Vernazza (guitar - #4)
B.B. King (guitar - #5)
Kid Anderson (first guitar solo - #6)
George Thorogood (vocals, guitar - #11)
Jim Suhler (guitar - #11)
Rich Kerch (guitar - #12)
Timm Walker (guitar - #12)

Homemade Jamz Band:
Ryan Perry (vocals, guitar - #9)
Kyle Perry (bass - #9)
Taya Perry (drums - #9)

Ruth Davies (bass - #1)
Kedar Roy (bass - #2)
Scott Sutherland (bass - #3)
Michael 'Fly' Brooks (bass - #4)
Cash Killion (bass - #5)
Timm Walker (bass - #6, 10)
Paul Revelli (drums - #1)
Bobby Cochran (drums - #2, 6, 7, 10, 12)
Chris Sandoval (drums - #3)
Don Baldwin (drums - #4)
Harold Jones (drums - #5)
Jeff Simon (drums - #11)
Ed Earley (percussion - #4, trombone - #5, backing vocals - #2)
Larry Vann (percussion - #12)
Mike Emerson (organ - #3)
Chris Burns (piano - #5, 6)
Andre Thierry (accordion - #7)
John Németh (vocals - #2, 6, 10, harmonic - #12)
Angela Strehli (vocals - #2, backing vocals - #2, 10)
R.C. Carrier (vocals, rub board - #7)
Kim Wilson (harmonica - #1)
James Cotton (harmonica - #10)
Terry Hanck (tenor saxophone - #2, 10)
Tom Poole (trumpet - #3)
Keith Crossen (tenor saxophone - #3)
Mike Duke (backing vocals - #2)
Tracklist
01:The Blues Rolls On (4:24)
02:Night Time Is The Right Time (3:10)
03:Yonder's Wall (4:07)
04:Struttin' My Stuff (3:41)
05:Keep A Dollar In Your Pocket (4:53)
06:Who's The Fool (3:48)
07:Black Gal (3:12)
08:Oklahoma (5:22)
09:Come On In This House (3:40)
10:I Found Out (3:17)
11:Send You Back To Georgia (3:16)
12:Honest I Do (2:47)
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