Camel / Same
Camel Spielzeit: 39:25
Medium: CD
Label: Camel Productions, 1992 (1973)
Stil: Prog Rock


Review vom 16.11.2006


Jürgen Bauerochse
So manche Ereignisse verschwimmen im Laufe der Zeit vor meinem geistigen Auge. Man ist ja nicht mehr der Jüngste, und so bröckelt die Vergangenheit mehr und mehr aus meinem Gedächtnis.
Doch ein Konzertereignis hat sich in meinem Hirn festgesetzt. Es war der 9. September 1973 (dieses Datum habe ich natürlich nicht im Kopf behalten, sondern bin bei den Recherchen zu meinem Buch über den Beat Club in Langelsheim wieder darauf gestoßen) und bei 'Wenne' war ein Konzert von UFO angekündigt. War ja klar, dass ich mir die Jungs um Phil Mogg und Pete Way nicht entgehen lassen wollte.
Im Vorprogramm stand eine Band, die ich noch nicht einmal vom Namen her kannte. Auch die einzelnen Bandmitglieder sagten mir rein gar nichts. Erst später, genauer gesagt, nach diesem Gig, stellte ich fest, dass Keyboarder Peter Bardens trotz seiner erst 28 Jahre, schon eine bewegte musikalische Vergangenheit aufweisen konnte. So spielte er unter anderem bei Them eine Hauptrolle neben Van Morrison und war auch Mitglied von Shotgun Express an der Seite von Peter Green und Rod Stewart.
Um es kurz zu machen, dieses Doppelkonzert nahm einen ziemlich überraschenden Verlauf. Nicht der Top-Act spielte hier die erste Geige, sondern Camel, so der Name des Special Guests, überzeugte mich doch mehr. Und das, obwohl UFO bestimmt nicht enttäuschten und in dieser Zeit auch besonders stark angesagt waren.
Es war kaum zu glauben, dass der keyboardlastige Prog Rock von Camel mehr Schwung in die Bude brachte, als die harten Töne von Michael Schenker & Co. Nur kurze Zeit später hatte ich das Debüt-Album der Band zu Hause. Das Album, das ich hier besprechen möchte.
Diese Scheibe und die dazu durchgeführte Tour blieben aber weitgehend unbeachtet. Erst die folgenden Produktionen "Mirage" (1974), "The Snow Goose" (1975) und "Moonmadness" (1976) sorgten vor allem in Frankreich, Skandinavien und Deutschland für eine treue Gefolgschaft.
Für mich persönlich ist "Camel" eines der stärksten Werke der Band. Anders als bei anderen Prog Rock-Gruppen ist hier rein gar nichts aufgebauscht. Es gibt keine gewaltigen Soundorgien, im Gegenteil. Das ganze Album verbreitet eine fast intime Atmosphäre. Man glaubt fast, zusammen mit der Band in ihrem Übungsraum zu sitzen und ganz alleine den Klängen zu lauschen.
Gleich beim Opener "Slow Yourself Down" fällt der hervorragende Sound der Scheibe auf. Glasklare Orgelklänge, ein fein abgestimmtes Schlagzeug und dann, überfallartig, eine brüllende Leadgitarre von Andy Latimer. Ein wirklich großartiger Auftakt!
Ruhiger beginnt dann "Mystic Queen" mit akustischer Klampfe und Orgel-Intro. Diesmal ist Doug Ferguson für die Vocals zuständig. Wieder wird es im Mittelteil etwas heftiger, und am Ende geht es auf das zarte Grundthema zurück.
Das Instrumental "Six Ate" ist ein perfektes Zusammenspiel von Orgel und Gitarre, diesmal angereichert mit wabbernden Synthesizerklängen. Bass und Drums wirken unaufdringlich, weben aber einen dichten Rhythmusteppich in den Song ein. Mehrere Tempowechsel bestimmen dieses variable Werk.
Relativ hart und druckvoll jagt Andy Latimer seine Gitarre durch "Separation", um dann gleich in einen fast zarten Gesang überzugehen. Hier geht die Post richtig ab.
"Never Let Go" ist der einzige Song des Albums, der auch in späteren Zeiten noch im Programm von Camel verblieben ist. Dieses Midtempo-Stück wird von diversen Klangfolgen am Mellotron beherrscht und enthält sehr schöne Akustikgitarrenteile. Am Schluss übernimmt die Leadgitarre dann wieder die Führung. Hier ist Peter Bardens am Mikrofon zu hören.
Der letzte Song des Albums ist zugleich auch mein Anspieltipp. "Arubaluba" ist ein weiteres Instrumentalstück. Doch hier geht es mal richtig heavy zur Sache. Die Einsätze der Orgel werden von einer immer heftiger werdenden Leadgitarre begleitet. Und dann ist das treibende Endtempo des Titels erreicht. Bardens und Latimer vereinen ihre Instrumente zu einer perfekten Einheit. Dann setzen einige Synthieklänge ein, und es folgt ein Solo an den Tasten, das sich gewaschen hat. Das Ganze endet in einem Soundinferno, dass einem heulenden Sturm nicht unähnlich ist.
Dieses Album ist durch seinen hervorragenden Sound und seiner musikalischen Vielseitigkeit ein wirkliches Juwel in der Geschichte des Prog Rock und für mich neben den Alben "Mirage" und "Moonmadness" das Stärkste, was Camel je produziert hat.
Line-up:
Andy Ward (Drums, Percussion)
Doug Ferguson (Bass, Vocals)
Peter Bardens (Organ, Mellotron, Piano, Synthesizer, Vocals)
Andrew Latimer (Guitars, Vocals)
Tracklist
01:Slow Yourself Down
02:Mystic Queen
03:Six Ate
04:Separation
05:Never Let Go
06:Curiosity
07:Arubaluba
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