Candlemass / Epicus Doomicus Metallicus
Epicus Doomicus Metallicus Spielzeit: 43:00
Medium: CD
Label: Black Dragon (LP: 1986) / Powerline Records (CD: 1998)
Stil: Epic Doom Metal


Review vom 04.12.2007


Andrea Groh
Als Begründer und Vorväter des Doom Metals gelten im allgmeinen Black Sabbath, denn sie verbanden schwere Gitarrenriffs mit düsterer Stimmung in langsamen Songs, wobei dies nur ein Teil ihres Sounds war. Auch zu Beginn der 80er Jahre gab es einige Bands, die okkulte oder mystische Themen mit schleppend gespielten Liedern verbanden, zu dieser Zeit war dies jedoch nur eine Variante des Heavy Metal. Auch ein junger Schwede namens Leif Edling verschrieb sich diesen Klängen. 1982 erschien die Debüt-Mini-LP seiner Band Nemesis, "The Day of Retribution". Diese war ganz ordentlich, doch nur der Vorbote für Größeres.
1986 bewies das französische Label Black Dragon Idealismus und Gespür für neue Talente jenseits der gängigen Trends. In einer Zeit, als die meisten auf den immer schneller-immer härter-Trend aufsprangen, steuerten sie dagegen und schalteten eine ungewöhnliche Anzeige: Da war unter anderem von 'the heaviest record' die Rede. Heavy Metal im eigentlichen Sinne - schwere Riffs und Dramatik, statt Geschwindigkeit - das musste ich haben.
Die Band war Candlemass (wie sich später herausstellte, die neue Band von Leif Edling), die LP trug den genialen Titel "Epicus Doomicus Metallicus", was nichts anderes hieß als epischer Doom Metal. Der englische Begriff Doom bedeutet Unheil, Untergang. Das Cover war schlicht und effektiv: ein Totenschädel mit Hörnern, durch den zwei Stöcke in kreuzartiger Form gesteckt waren.
Als die LP damals dann endlich eintraf, fiel erst einmal die Innenhülle heraus (man hatte wohl kein Geld mehr für Kleber nach dem Schalten der Anzeigen), schwarz, mit in weiß geschriebenen Texten und Bildern von verzweifelt wirkenden, menschenähnlichen Wesen aus einer anderen Welt oder aus einer finsteren Zukunft. Das Backcover der Hülle hingegen war recht bunt. Neben einem Bandfoto zeigte es zwei dieser Wesen vor einem geheimnisvollen Tor, auf den Stufen stand »Beyond all nightmares I met my fate, an ancient passage surrounded by hate, scared I was, but with a hand on my cross, I went into the demon's gate«.
So vorbereitet legte ich die LP dann auf und es eröffnete sich mir eine andere Welt: Mystisch und dunkel, aber doch von bizarrer Schönheit und Faszination. Sechs Lieder in 43 Minuten, so lange dauerte die Reise, für damalige Zeit sehr ungewöhnlich. Los ging es mit "Solitude", dem Klagelied eines Verzweifelten: Trotz aller inhaltlichen Negativität ein Weg zur Überwindung derselben. Ein Trost, doch nicht alleine mit solchen Gefühlen zu sein. Es mutet dennoch etwas seltsam an, dass dieses Stück zur Bandhymne werden sollte, auf Konzerten von Vielen mitgesungen.
Das auf Lucio Fulcis Film "The Beyond" (deutsch z.B. "Über dem Jenseits") basierende "Demons Gate" beginnt mit einem gesprochenen Intro (der Text vom Backcover) und wird dann zu einem neunminütigen Lavastrom, durch die Double Bass-Drums wirkt es fast wie ein Power Metal-Song, bei dem man die Geschwindigkeit total heruntergedrosselt hat. Noch deutlicher ist der Power Metal-Einfluss in dem fast schon fröhlich wirkenden, relativ bombastischen und flotten "Crystal Ball".
Und schon sind wir auf Seite zwei angekommen. "Black Stone Wielder" ist recht rau und riffig. "Under The Oak" ist laut Untertitel der Teil vier des Konzeptes "Tales Of Creation". Hier sitzt jemand unter einem Baum und denkt über den Sinn (oder die Sinnlosigkeit) des Lebens, der Menschheit und überhaupt nach, was dann teilweise sehr klagende Momente hat, die von Zorn durchbrochen werden. Das finale "A Sorcerers Pledge" ist ein dreigeteiltes Werk über einen Zauberer: Im ruhigen ersten Teil schläft er, das Erwachen im zweiten Teil ist recht schnell und aggressiv umgesetzt, zum Schluss wird es dann mystisch und abgehoben, mit Keyboard und Frauengesang.
Stille nach einem Meisterwerk der Dunkelheit, ein Monolith der Ruhe im reißenden Strom. Und was geschah anschließend? Das Debüt begeisterte einige Wenige; viele konnten damit gar nichts anfangen - aufgrund der meist geringen Geschwindigkeit und es schien zunächst, als würde das schwarze Monument im Strudel der Zeit in Vergessenheit geraten. Vor allem als bekannt wurde, dass der Vokalist definitiv nur als Session-Sänger teilnahm. Außerdem schien eine Fortsetzung mit gleicher Macht und Emotionalität nicht möglich.
Doch schleichend waren Prozesse in Gang gesetzt:
Epic Doom Metal sollte als Begriff übernommen werden, selbst die Bezeichnung Doom Metal für die Sparte langsamer schwermütiger Musik an sich dürfte wohl von dieser LP stammen. Es gab zwar vorher schon Begriffe wie 'slomo' für sehr langsame Stücke insbesondere von Hardcore-Bands, aber Doom als Schubladenname etablierte sich nach dieser Veröffentlichung. Die dazugehörige Szene wuchs enorm.
Einige junge Hörer wurden inspiriert und gründeten eigene Bands, eine davon nannte sich nach dem Bandhit "Solitude", musste sich aber in Solitude Aeturnus umbenennen.
Candlemass fanden einen neuen Sänger, später dann folgten noch weitere, mittlerweile singt Rob Lowe von Solitude Aeternus dort. Und die Band kann bereits auf neun reguläre und diverse weitere Veröffentlichungen zurückblicken, auch auf einige erfolgreiche Touren und Festivalauftritte.
Das komplette "Tales of Creation"-Konzept wurde 1990 als vierte LP veröffentlicht, wobei die neue Version von "Under The Oak" leider nicht die Klasse der alten Fassung erreicht.
Inzwischen gibt es natürlich alle LPs auch als CD. Bei der "Epicus Doomicus Metallicus" wurde eine zweite CD mit Live-Aufnahmen als Bonus beigefügt, was durchaus lobenswert ist. Aber leider wurde das stimmungsvolle Original-Layout nicht übernommen, was ich schade finde, denn für mich stellten Musik, Texte und Optik eine Einheit dar, eine mystisch-dunkle Symbiose.
Line-up:
Leif Edling (bass)
Mats Björkmann (guitar)
Mats Ekström (drums)

Session Line-up:
Johan Länquist (vocals)
Klas Bergwall (lead guitar)
Cille Svenson (female voice - #6)
Tracklist
01:Solitude (5:34)
02:Demons Gate (9:10)
03:Crystal Ball (5:21)
04:Black Stone Wielder (7:34)
05:Under The Oak (6:52)
06:A Sorcerers Pledge (8:20)
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