Canned Heat / Fito de la Parra: Living The Blues
Canned Heat's Story zwischen Musik, Drogen, Tod, Sex und Überleben
Fito de la Parra: Living The Blues
Der Untertitel macht schon klar, dass es de la Parra um Sex, Drugs & Rock'n'Roll geht. Und er weiss natürlich wovon er spricht, wenn er seine Erlebnisse hier reflektiert, denn er war seit 1967 und ist bis heute der Schlagzeuger der Blues-(Rock) Legende Canned Heat.
Fito erzählt von seiner Kindheit in Mexiko, skizziert kurz, wie er zur Musik kam (R&B und Blues im Besonderen, was Anfang der 60er in Mexiko als ungewöhnlich galt). Er beschreibt seine Zeit als Drummer seiner damaligen mexikanischen Band, die illegal in Kalifornien herumreisten, bis sie eines Tages an der Grenze geschnappt wurden, und wie er durch die Heirat mit einer Amerikanerin fortan natürlich Zugang zu den USA hatte, in die er dann auch eingebürgert wurde - mit dem Ergebnis, dass ihn Big Brother nach Vietnam schicken wollte, um seine Treue zu seinem neuen Land unter Beweis stellen zu können. Man braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, dass das für einen aufstrebenden Rockstar nicht in Frage kam.
Und dann geht's ab mitten in die Story von Canned Heat, einer Band, die 1965 von den Bluesfanatikern Bob (The Bear) Hite und Alan (Blind Owl) Wilson gegründet wurde.
Die tage- und nächtelangen Parties der beiden, bei denen sie voll in alte Bluesplatten einstiegen, sind heute legendär. Hite besaß um die 40.000 Bluesplatten und je obskurer, je besser.
Die Band spielte beim bahnbrechenden Festival in Monterey neben den Grateful Dead, Jimi Hendrix, Janis Joplin und anderen aus diesem Musikereignis hervorgekommenen Interpreten. Probleme mit der Ordnungsmacht waren an der Tagesordnung, etwa als sie von der Polizei vor einem Konzert in Denver, Colorado wegen Marihuana festgenommen wurden, das bezeichnenderweise nicht die Band in Besitz hatte, sondern von den Cops als Beweis gleich mitgebracht wurde. (Vertont auf "Boogie with Canned Heat" im Song "My Crime").
De la Parra beschreibt seine Ehen und Frauenbeziehungen recht genau, auch die seiner Mitmusiker, und bei manchen Beschreibungen sexueller Handlungen der Band auf Tournee gerät er gar verdächtig in Porno-Nähe. Hebt das die Auflage?
Canned Heat galten Ende der 60er als lauteste Band der Welt und sie hatten allen anderen Rockgrößen eins voraus, was man ihnen gar nicht genug anrechnen kann: Sie haben im Gegensatz zu den Engländern (vor allem Cream, Led Zeppelin und den Rolling Stones neben einer Herde anderer), den Blues der Schwarzen nicht ausgeschlachtet, sondern dafür gesorgt, dass diese Interpreten ihre Tantiemen bekamen und manche erst wieder ins Rampenlicht geholt. Zur damaligen Zeit waren Blueser wie Albert Collins, ja selbst John Lee Hooker, nur den Insidern der schwarzen Charts bekannt und diese jungen Musiker haben nachhaltig für ein Blues-Revival gesorgt, sind sozusagen die Väter des Blues-Rock.
Viele Geschichten von Fito sind spannend zu lesen, etwa über ihren Auftritt beim Woodstock Festival.
Canned Heat haben zwei Songs veröffentlicht, die heutzutage als Synonym der 60er und der Woodstock-Generation gelten: "On The Road Again" und "Goin' Up The Country", beides anerkannte Klassiker des Genres.
Mit dem Selbstmord des depressiven Al Wilson 1970 ging's dann bergab.
Was mir an diesem Buch nicht gefällt, sind die Rundumschläge gegen die Presse und verschiedene Plattenfirmen. Sicher, zum einen wurden und werden die Verdienste der Band in manchen Mainstream-Medien wie etwa dem "Rolling Stone", nicht genug gewürdigt, zum anderen hat die Band die Rechte an ihren Songs an "United Artists" für bescheidene Konditionen verkaufen müssen, damit sie Kautionen stellen konnten. Aber deswegen kann man doch nicht sagen, dass die alten Klassiker nicht legal hergestellt und vertrieben werden, und genau das versucht uns Fito zu vermitteln. (S. 291)
Trotzdem: Ein hervorragendes Buch über die Pioniere des Blues Rock und zudem eine dicke Empfehlung.
Der Preis ist dem Gebotenen absolut angemessen, das Werk enthält viele seltene Photos, sowie eine vom Autor kommentierte Diskographie. Der Index des Buches kann voll überzeugen, so ausführlich wünschte man sich das immer!
Die Übersetzung von Uli Twelker ist gelungen, so dass es einfach Spass macht, dem heftig zuckenden Bildstakkato des MTV-Zeitalters zu entkommen, und eine Weile in die "gute alte Zeit" einzutauchen.
Fito de la Parra: Living The Blues. Canned Heat's Story zwischen Musik, Drogen, Tod, Sex und Überleben
Little Big Beat Musikverlag, 2001
ISBN: 3-00-007020-6, Umfang: 367 Seiten, Preis: 20,00 EUR
Übersetzung: Uli Twelker
Manni Hüther, 25.08.2001
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