Coal / Masquerade
Masquerade Spielzeit: 50:04
Medium: CD
Label: pepper cake/ZYX, 2008
Stil: Roots Rock

Review vom 17.12.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Coal. Eine Band, ganz klar. Im Booklet stehen die im Line-up gelisteten Musiker fein säuberlich untereinander... Erst bei einem Besuch der Homepage wird deutlich, dass es um einen Singer/Songwriter geht.
OK, man darf ja auch schon einmal falsch liegen.
Mittlerweile läuft der erste Track und der zweite oder dritte Blick ins Heftchen offenbart, dass die vorliegende CD im Camp Street Studio, Cambridge, MA aufgenommen wurde. "Masquerade" wurde von Paul Q. Kolderie produziert. Hammer! Anfang des Jahres 2008 war er nicht nur in der Produzenten-Rolle am Sarah Borges-Album Diamonds In The Dark beteiligt, sondern hat auch schon bei Radiohead oder Dinosaur Jr. die Regler eingestellt. Ein gefragter und beschäftigter Mann, dieser Kolderie.
Das trifft auch auf meinen geschätzten Kollegen Mike Schröder zu, denn er konnte Coal bereits als Vorposten bei einem Nine Below Zero-Gig sehen und schrieb seinerzeit: »Die ca. 220 Besucher nahmen die Schweizer Musiker, die eine professionelle Show ablieferten, begeistert auf.«
Wieder daneben gelegen. Es klingt sehr Amerikanisch.
Nicht anders ergeht es dem Hörer in den eigenen vier Wänden bei dem 50-minütigen Streifzug durch unterschiedliche Roots-Stile.
Coal schneidet sich überall ein Stück(chen) vom großen Kuchen dieser Musik-Richtung ab und landet einen Treffer nach dem anderen. Er singt verdammt gut, kann seine Stimme, einem Chamäleon gleich, jeder Song-Situation anpassen. Der Protagonist, im Kostüm des Rhythmus-Gitarristen und sein Saiten-Zauberer Charlie Zimmerman als Gitarren-Häuptling verkleidet, lassen die Elektrischen schön verzerrt klingen und lehnen sich so manches Mal, nicht ohne Augenzwinkern bei Neil Young oder Bob Dylan an.
"The Roundabout Blues" ist ein Mummenschanz, der in einem Separee des "Masquerade"-Palastes stattfindet. Da hat der Schweizer doch glatt den Blues. Ja, den 12-Takter zwirbeln einem Coal & Co. in einer ganz unverschämten Art und Weise um die Ohren. Der Zimmerman spielt hier ein besonders schwarzes E-Gitarre-Solo. Als Zimmermann ist der Finkefinger auch in einer AC/DC-Coverband namens Graf von Spiegelberg vertreten. Nachtigall, ick hör dir trapsen!
Für den Rausschmeißer muss man seine Gräten wieder sortieren, denn mit "Rest In Sleep" werden die Tränendrüsen strapaziert. Durch Track #12 und Stück #13 polarisiert die Band ganz extrem.
Mit von der Partie ist Kevin Barry, der einige Nummern mit seiner Lap Steel verfeinert. So z.B. auch das akustisch beginnende "Outside The Black Cathedral".
Nicht wenige Songs hat Coal zusammen mit David Campbell Jr. geschrieben, einem Mann, der wohl als Songwriter sein Geld verdient.
Einerseits wird auf dem 'Maskenball' gerockt, andererseits liegen sich die Paare in den Armen oder tanzen eng umschlugen zu "Applause Of Tears". Mit dem treibenden "Crying At The Whorehouse" kann ich mich nur musikalisch anfreunden. Textlich wird, aus meiner ganz persönlichen Sicht, gegen den Strom geschwommen. Ansonsten hat der Titel Format.
Ebenso geht es dem Hörer mit "Don't Need Love", einer der ganz feinen Country-Songs.
Die Musik zählt, allerdings muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass das Booklet auch sehr gut gestaltet wurde und die optischen Reize zu den Songs passen. Gute Arbeit, Ivo Habermacher.
Mit "Masquerade" ist dem Roots-Rocker ein großes Ding gelungen, dessen Wellen sich unaufhaltsam in unseren Breitengraden verteilen sollten. Hoffentlich hat Coal noch verdammt viele Kostüme in seiner Kiste auf dem Speicher, denn Stillstand ist Rückschritt und den traue ich dem Schweizer in der momentanen Verfassung nicht zu. Der Erfolg führt über die Treppe und wird nicht mit dem Fahrstuhl erreicht. Mit diesem Album hat der Protagonist gleich drei Stufen auf einmal genommen…
Notiz am Rande... Solo, als Support von Tony Joe White dürfte er auch punkten.
Line-up:
Coal (vocals, rhythm guitar, piano, Wurlitzer)
Charlie Zimmerman (lead guitar, backing vocals)
Claudio Strebel (upright bass, electric bass, melotrone, backing vocals)

With:
Tamie Lynn (backing vocals - #1, 2, 5, 6, 7, 11, 12)
Kevin Barry (lap steel - #1, 4, 8, 10, 13, dobro - #9)
Tony Goodess (organ - #1, 6, 11)
Adam Taylor (background shouts - #5)
Alex Hartman (background shouts - #5)
Tracklist
01:Keep Movin' On (4:07)
02:The Bell On The Hill (3:29)
03:Who Will Go? (Eeny, Meeny, Miny, Moe) (3:55)
04:Outside The Black Cathedral (4:29)
05:Call Up The Handyman (4:53)
06:Applause Of Tears (5:35)
07:Couldn't Change (3:26)
08:Crying In The Whorehouse (2:52)
09:Don't Need Love (3:18)
10:Here's To A New Beginning (3:39)
11:Unlock My Love (3:18)
12:The Roundabout Blues (2:50)
13:Rest In Sleep (4:13)
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