The Best Of Crest Records - Rockin' & Rollin'
The Best Of Crest Records - Rockin' & Rollin' Spielzeit: 66:46
Medium: CD
Label: Yellow Lab/SPV, 2009
Stil: Rockabilly, Rock'n'Roll

Review vom 07.04.2009


Eva Knöferl
»Well if your hands start clapping and your fingers start popping and your feet start moving around...«
...dann handelt es sich heute ausnahmsweise nicht um den berühmten 'Shot of Rhythm and Blues', sondern um die neueste Veröffentlichung aus dem Fundus des Rock'n'Roll-Labels Crest Records. Die als 'Best Of' betitelte Zusammenstellung enthält neben Eddie Cochrans erster Solo-Single vor allem weitgehend unbekannte Songs aus den 50er Jahren, treffend zusammengefasst unter dem Titel "Rockin' & Rollin'".
Das 1947 von Sylvester Cross gegründete Label Crest ging aus dessen bereits bestehender American Music Publishing Company hervor, die sich zunächst erfolgreich auf Cowboy-Filmsongs und andere Country-Platten spezialisiert hatte. Allerdings verschwanden die ersten Hillbilly- und Dixieland-Singles, die ab 1955 bei dem neuen Label veröffentlicht wurden, so schnell wieder in der Versenkung, dass die Countrymusiker bei Crest schnell auf den Rock'n'Roll-Zug aufsprangen, der Mitte der 50er bereits kräftig ins Rollen gekommen war.
Einer der ersten großen Erfolge des jungen Labels war Hal Jacksons krachender Rock'n'Roller "Wild Man Wild", der auch die Zusammenstellung eröffnet. 1956 stieß schließlich Rockabilly-Legende Eddie Cochran zu Crest Records und nahm dort seine erste Solo-Single nach den Cochran Brothers auf. "Skinny Jim" blieb zwar Cochrans einzige Veröffentlichung bei Crest, aber er beteiligte sich bei zahlreichen anderen Aufnahmen als Studiomusiker - seine rauen Rockabilly-Licks steuerte er unter anderem zu den Songs von Jack Lewis, Bo Davis und Lynn Marshall bei. Ein 1961 veröffentlichtes Duett mit Bob Denton ist ebenfalls auf "Best Of Crest Records" zu hören: Die melodiöse Nummer "Pretty Little Devil" klingt zwar hin und wieder verdächtig nach den Everly Brothers, allerdings garniert mit dem charakteristischen Klang von Eddies Gitarrenriffs.
Neben den Songs, an denen Eddie Cochran beteiligt war, finden sich auch zahlreiche Titel auf dem 'Best Of', die von Künstlern aufgenommen wurden, die nach ein oder zwei Singles wieder von der Bildfläche verschwanden. Das Spektrum reicht von heute im Grunde unhörbaren Country Rock-Hybriden wie dem von Tom Reeves mit reichlich 'Spezialeffekten' in Form von Rasseln, Quietschen und Gelächter versehenem Heuler "Primitive Love", über Beatles-Vorläufer wie "Yea Yea Come Another Day" (à la "Roll Over Beethoven") bis hin zu vergessenen Perlen wie "Buzzsaw". Hinter diesem 1961 von den sogenannten Gee Cees veröffentlichten Instrumental verbirgt sich 'Rhinestone Cowboy' Glen Campell. Der sonst eher als Countrymusiker, Filmstar und Songwriter bekannte Gitarrist zieht hier deutlich rauere Saiten auf und rockt sich samt Bläserensemble so virtuos durch den Zwei-Minuten-Song, dass zeitweise Gerüchte aufkamen, Eddie Cochran hätte bei der Aufnahme mitgewirkt - der hatte seine Karriere als Sessionmusiker bei Crest zu dieser Zeit allerdings schon aufgegeben. Mit oder ohne Eddie Cochran - das Stück ist jedenfalls eines der Highlights der CD.
Von Tommy Dees "Three Stars", das die Compilation abschließt, kann man das leider nicht behaupten. Obwohl der Track über den Flugzeugabsturz von Buddy Holly, Richie Valens und Big Bopper eine der größten Hit-Singles für Crest war, trägt die pathetische Nummer mit Erzählerstimme und wehmütigem Country-Chorus eher unfreiwillig komische Züge. Zu Recht erinnert man sich zu diesem Anlass an Don McLeans "American Pie" und nicht an Tommy Dees Version des Tributs an die drei verunglückten Musiker.
Auch wenn das SPIEGEL Kulturmagazin anlässlich einer Wiederveröffentlichung alter Eddie Cochran-Songs im April behauptet, dass »knisternder, analoger Rock'n'Roll« in unseren digitalisierten Zeiten ein Revival erlebe, kommt die Crest-Compilation ganz ohne heimelige Störgeräusche aus. Die Songs sind digital überarbeitet und überraschen mit durchgängig klarem Sound und einwandfreier Klangqualität - was dem authentischen Rock'n'Roll-Feeling keinen Abbruch tut. Das bunte Digipack bietet außerdem ein ausführliches Booklet zur Geschichte von Crest Records und kurzen Erläuterungen zu den - oftmals unbekannten - Künstlern und ihrem weiteren Werdegang.
Insgesamt ist "Best Of Crest Records" eine erfrischende Zusammenstellung von äußerst tanzbarem Rock'n'Roll, Rockabilly (mal à la Cochran, mal mit Countryeinschlag) und Beat-Vorläufern, die gerade dadurch überzeugt, dass die Songs weitgehend unbekannt sind. Natürlich ist die Geschichte von Crest relativ kurz und das Repertoire kann nicht mit Labels wie den legendären Sun Records mithalten. Trotzdem kann man beim Hören nicht umhin, zum Beat mitzuschnipsen, mitzusummen und den Keller nach einem Petticoat zu durchsuchen.
Tracklist
01:Wild Man Wild - Hal Jackson/The Chromatics
02:Skinny Jim - Eddie Cochran
03:Can You Bop? - Tom Wilson
04:Stack A Records - Tom Tall
05:Been Gone A Long Time - Hank Sanders
06:Somebody To Love - Jimmy Bowen
07:Primitive Love - Tom Reeves
08:Buzzsaw - The Gee Cees
09:Lovin' Lorene - Glen Garrison
10:Rock'n'Roll Blues - Norm Skylar
11:Umm, Kiss Me Goodnight - Buddy Lowe
12:Spotlight - Frank and Ernie
13:I.O.U. - Jack Lewis
14:Ballin' Keen - Bobby and Terry Caraway
15:Pretty Little Devil - Bob Denton & Eddie Cochran
16:Ridin' The Frets - The Desert Stars
17:You're The Reason - Bobby Edwards
18:Rockin' And A Rollin' - Dick Bills
19:Can't Walk Em Off - Marty Cooper
20:Drowning All My Sorrows - Gene Bo Davis
21:What Happened Last Night? - Johnny Donn
22:Yea, Yea, Come Another Day - Tony Casanova
23:Date Bait - Bill Skidmore III
24:Bumble Twist - Phil Baugh
25:Cool Juice - Tommy Law
26:You're The Prettiest One - The Classics
27:Three Carburettors - Don Carson
28:Function At The Junction - Smoki Whitfield
29:Don't Be Bashful Little Girl - Four Young Men
30:Three Stars - Tommy Dee
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