Spielzeit: 27:57 Medium: Hybrid SACD Label: Audio Fidelity, 2015 (1980) Stil: Rock, Punk Rock, Disco Review vom 01.01.2016 Markus Kerren

Der amerikanische Regisseur William Friedkin (u. a. "Der Exorzist", "The French Connection") drehte Ende der siebziger Jahre in New York City den Thriller "Cruising", der sich in der dortigen Homosexuellen-Szene abspielte und in dem es um die Entlarvung eines brutalen Massenmörders ging. Die Hauptrolle war mit Al Pacino besetzt und in einer Nebenrolle war Ed O'Neill (der spätere Al Bundy aus "Married With Children", deutsch "Eine schrecklich nette Familie") zu sehen. Der Streifen löste bereits vor seiner Erstaufführung, genauer gesagt schon bei den Dreharbeiten große Proteste aus, was sicher nicht 'unschuldig' an seinem Erfolg war.

Parallel dazu erschien zur Uraufführung im Februar 1980 auch der Soundtrack auf Vinyl, der allerdings deutlich weniger erfolgreich war. Zum ersten Mal wurde die Scheibe nun auf CD veröffentlicht und das sogar gleich auf dem Edel-Label Audio Fidelity Records. Darauf zu finden ist ein bunter Mix aus Stilen und verschiedenen Bands. Die heute bekanntesten Namen der vertretenen Musiker sind sicherlich Willy DeVille und John Hiatt, aber auch die Punk Rock-Legenden Germs oder The Cripples dürften dem ein oder anderen noch bekannt sein.

Die Band Rough Trade legt den coolen Rocker "Shakedown" vor, der zwar keine musikalischen Glanzleistungen aufs Blatt bringt, dafür aber schön geradeaus nach vorne geht und die Platte etwa in der Mitte kontinuierlich am Laufen und abwechslungsreich hält. Am prominentesten ist Willy DeVille mit gleich drei Tracks vertreten, die er damals solo (also ohne seine Band Mink DeVille) ablieferte. Aber auch hier glänzt er mit seinem damals so typischen Stil aus Rock, Blues und Soul. Alleine weil diese drei Songs auf keinem anderen regulären Mink/Willy DeVille-Album vertreten sind, dürfte sich dieser Soundtrack für die Fans des Musikers schon lohnen.

Als absolut nervtötend stellt sich der Disco-Stampfer "Lump" von Mutiny heraus, der mit seiner viel zu langen Spielzeit den absoluten Tiefpunkt des Soundtracks darstellt. Glücklicherweise der einzige Ausfall des Albums. Richtig cool kommt dagegen "When I Close My Eyes I See Blood" der im weltweiten Netz fast gar nicht vertretenen Madelynn Von Ritz. Eindeutig im NYC-Punk Rock angesiedelt und mit sehr rauer Stimme ausgestattet, überwiegt der Rock dennoch eindeutig dem Punk.

Sehr, sehr geilen Punk Rock der Endsiebziger bekommen wir von den Germs geboten, die praktisch eine Blaupause und riesengroßer Einfluss für sehr viele nachkommenden Combos des Genres waren und sind. Nur knapp dahinter kommen The Cripples, die neben Willy DeVille als einzige mehr als einen Song beisteuern durften. Auch hier regiert der Punk Rock der frühen Jahre, der seinen Namen allerdings noch verdiente und sich nicht als Pop mit einer leicht angezerrten Gitarre und ach so anarchistischen, meist aber bloß selbstverherrlichenden bzw. pseudotheatralischen Texten herausstellt. Sehr cool!

Ein weiteres Highlight ist die Nummer "Spy Boy", die der heute wesentlich populärere John Hiatt beisteuerte. Der Amerikaner liefert hier bereits jede Menge Trademarks ab, die ihn (der damals ja auch schon kein Frischling mehr war) später zu einem großen Namen machen sollten. Beschwörende Strophen, ein etwas auflösender Refrain und eine richtig starke Bridge lassen "Spy Boy" zu dem insgesamt stärksten Song des kompletten Albums wachsen.

Über 35 Jahre nach der Original-Veröffentlichung gibt es "Cruising" nun also zum ersten Mal im CD-Format zu erstehen, was aufgrund der meisten Tracks durchaus seine Berechtigung hat. Sehr schade, dass die Spielzeit mit weniger als einer halben Stunde verdammt knapp ausgefallen ist. Im Gegenzug bekommt man jedoch drei rare Willy DeVille-Stücke und darf (eventuell, je nach Gusto) mit dem punkigen Material von The Cripples, Madelynn Von Ritz oder den Germs tolle Neuentdeckungen verbuchen.