Spielzeit: 70:20 Medium: CD Label: Paraply Records, 2014 Stil: Diverse Review vom 09.03.2014 Wolfgang Giese

Die flache CD-Hülle aus Pappe ist ganz wie eine Zeitung aufgemacht: "The Gazette" aus Borås stellt dieses Projekt von Hemifrån und Paraply Records vor. Drinnen stecken ein sechsseitiges Booklet mit Angaben zu den einzelnen Titeln sowie eine wie eine LP gestaltete CD mit schwarzer Rückseite.

Im Editorial des Booklets wird näher ausgeführt, wie es zu diesem Sampler kam und so erfährt man einiges über Borås: Eine Stadt, die auferstanden ist aus der Asche einer Krise der Textilindustrie - eine Stadt, in der es angeblich mehr oder weniger ununterbrochen regnen soll - eine Stadt, die durch eine Autobahn mittig durchgeschnitten wurde. Der Stadt, in der einer der Mitwirkenden, Klas Qvist ebenso geboren wurde wie auch andere der Mitwirkenden. Als Liebeserklärung an Borås haben alle etwas mit ihr und der Umgebung zu tun. Und dieses gilt einer Stadt, die spöttisch als »the most ugly town in Sweden« bezeichnet wurde. Aber: »This album is all about heart«, so Stefan Eklund als Editor-in-chief der Borås Tidning.

Wie alle anderen Sampler aus dem Hause Hemifrån glänzt auch dieser mit einer stilistisch großen Bandbreite, von folkigen Klängen über Rock und Pop hin zu Country. Instrumentell eingeleitet erfolgt dann sogleich der Auftritt meines persönlichen Lieblingstitels der Kompilation. Ja, das ist Citizen K mit melodischem Pop und Wurzeln in den Sixties, wie man es von Klas Qvist gewohnt ist. Orgel, 'jingelnde-jangelnde' Gitarren und sanfter Gesang - das ist warm und wattig und so schööööön harmonisch. Ach, ich liebe solche Klänge, ein Trip in die Jugend...

Filigran-folkige Klänge mit dem Hauch Independent Pop, das ist "Spiders". Klar, auch da hat Herr Qvist wieder seine rührigen Finger im Spiel. Noch folkiger, noch mehr 'independent' gibt sich Tobias Backstrand, mit hörbaren Wurzeln im britischen Folk der Siebziger - sehr gut, dieser Song. Genauso gut wie Mick Richard (Anspielung an die Rolling Stones?) bei diesem Namen... dabei klingt der Song eher ein wenig nach den Beatles. Nun, ein wenig jedenfalls...

Nach einem dramatischen, an Nick Cave erinnernden Klas Bohlin purzelt die nächste Assoziation bei "Home To Be", dem Song von Mikael Persson, der - mir war es früher schon einmal aufgefallen - recht amerikanisch klingt, dieses Mal in Richtung Robbie Robertson. Polternder Rock von Jag Andra wird gefolgt von straightem, schleppendem Rock von The Fantastic People. Aber auch Country soll nicht zu kurz kommen mit der sehr authentisch klingenden Cina Samuelson und dem abschließenden Instrumental "I'm Sorry" mit einer hübschen Melodie.

Dazwischen fallen noch auf der Beitrag von Ulrik Arturen, ein wenig in Richtung Billy Joel, und der leicht düster wirkende Titel von The Stomping Academy. Insgesamt betrachtet gibt es keinen echten Ausfall, aber ein kleiner Teil gefällt mir etwas weniger, wie zum Beispiel der nicht so gut gesungene Beitrag von Filip, doch angesichts der überwiegenden Positivpunkte kann ich damit gut leben.
Diese Platte stellt einen sehr guten Überblick wohl nicht nur über die Szene in Borås und 'rundumzu' dar, sondern ist ein grundsätzliches Statement über die aktuelle schwedische Musikszene des abgedeckten Genres - abwechslungsreich, voller Güte und hoher Qualität. Fortsetzung erwünscht!