Crystal Palace / Reset
Reset Spielzeit: 61:03
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Prog Rock

Review vom 08.06.2010


Steve Braun
Crystal Palace - diese Prog-Band belebt bereits seit 1992 die Berliner Szene. Nach verschiedenen Besetzungswechseln spielt die Band nun wieder in ihrer Urformation. In schöner Regelmäßigkeit erfreut die Truppe ihre Fans seit 1995 mit neuen Alben. Am bekanntesten dürfte die Hymne für den Berliner Eishockeyclub "Eisbären" sein: "Eisbär'n Forever". An mir gingen all diese Scheiben bislang vorbei, was sich nun als eine scheunentorgroße Lücke in meiner Plattensammlung offenbart.
"Reset" - dieser Titel bezieht sich wohl auf die Rückkehr der Originalbandmitglieder. Ein Neustart also für die vier Musiker ...
Stilistisch mag man sie zwischen dem 80s Neo Prog im Stil von Marillion, Pendragon und Pallas sowie deren Epigonen Spock's Beard und Porcupine Tree einordnen. Wenn die Passagen härter werden, schimmern durchaus auch die polnischen Prog-Metaller von Riverside durch. Mehrheitlich sind die Songs allerdings - um das böse Unwort 'poppig' zu vermeiden - sehr eingängig arrangiert. Ausgeprägt ausgefeilt, ja oftmals geradezu bombastisch-barock und melodisch, spannen sich die Melodiebögen über die teilweise recht langen Tracks.
Episch, sphärisch und in manchen Passagen recht hart, bringt bereits der Opener, "The Darkest Hour", den geneigten Hörer auf 'Betriebstemperatur'. Psychedelisch und vertrackt spannt das folgende "Sons Of God" die Aufmerksamkeit wie der berüchtigte 'Flitzebogen'. Gewidmet ist der Song den wahnsinnigen Al-Qaida-Attentätern von New York. Gespenstisch sind die Originaleinspielungen der Verlesung der Opfernamen sowie die geradezu schaurigen Glockenschläge anlässlich der Gedenkfeier zu diesem beispiellosen Anschlag von 2001. Da 'brizzeln' förmlich Gänsehautschauer über den Rücken ...
Ein weiteres Highlight folgt mit "The Human Stain". Sehr melancholisch in der Grundstimmung, überzeugen vor allem das melodische Arrangement und die Sitar-Spielereien mit Gitarren-Synthesizern (wenn ich das richtig herausgehört habe). Eingängig-poppig und gefühlvoll werden mit "Drowning On Dry Land" und "Distant Shores" zwei kürzere Songs nachgeschoben.
Nach einem akustischen Beginn entwickelt "Damaged Goods" mit 'cremigen' Hooks im Refrain, die sich in Melodiebögen der Gitarre wiederholen, geradezu das Potenzial eines Ohrwurmes. Clever wechselt das Piano im Mittelteil das Tempo, um mit einem irren Zug das improvisatorische Ende des Songs einzuleiten. Mit "Break My Wings" erreicht "Reset" seinen musikalischen Gipfel. In diesem Glanzstück ziehen die vier Protagonisten alle Register ihres 'handwerklichen' und kompositorischen Könnens. Die Piano-Ballade "Cinescope Dreams" beendet dieses stimmungsvolle Album eindrucksvoll.
Crystal Palace legt mit "Reset" ein absolut ambitioniertes Werk vor, das in sich schlüssig und stimmig ist. Geschickt werden melodisch-eingängige, 'proggig'-vertrackte und härtere Schichten miteinander verwoben. Den Berlinern ist ein Album gelungen, mit dem sie sich ganz gewiss nicht hinter den britischen Vorbildern verstecken brauchen. Dem "Reset" folgt - jedenfalls in meinem Player - sofort ein 'Repeat' ...
Line-up:
Jens U. Strutz (vocals, bass)
Jürgen Hegner (guitars)
Frank Köhler (keyboards)
Feliks Weber (drums)
Tracklist
01:The Darkest Hour (12:46)
02:Sons Of God (8:50)
03:The Human Stain (6:38)
04:Drowning On Dry Land (4:10)
05:Distant Shores (4:42)
06:Damaged Goods (8:04)
07:Break My Wings (9:52)
08:Cinescope Dreams (5:56)
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