Eddy Clearwater / West Side Strut
West Side Strut Spielzeit: 53:13
Medium: CD
Label: Alligator Records, 2008
Stil: Blues

Review vom 17.04.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Spitznamen werden wohl nie aus der Mode kommen.
Mit bürgerlichem Namen Edward Harrington nannte er sich zunächst 'Guitar Eddy' und später, in Abgrenzung zu Muddy Waters, 'Clear Waters', woraus schlussendlich Clearwater wurde.
"West Side Strut" war so etwas wie ein Familientreffen im Chicagoer Rax Trax-Studio, denn Clearwaters Neffe Ronnie Baker Brooks und dessen Vater Lonnie Brooks sind mit von der Partie.
Clearwater, der Cherokee-Blut in den Adlern hat zeigt sich auf seinem Alligator-Debüt fit wie ein Turnschuh, obschon bereits über 70 Jahre alt.
Obendrein macht es auch noch richtig Spaß, über dieses Album zu schreiben, weil man die Spielfreude der Musiker in jedem Song spürt und es schon schwer ist, diese gute Laune zu ignorieren.
Der amerikanische Blues ist geprägt durch Delta- oder Küstenregionen und natürlich der 'Windy City' Chicago. Texas sollte auch nicht unerwähnt bleiben.
Clearwater kombinierte in frühen Jahren den 12-Takter mit rockigen Elementen und später fütterte er ihn mit viel Rock'n'Roll, bedingt durch Chuck Berry. Diese Spielart ist auch auf seinem neuen Album vertreten… .
"West Side Strut" lässt so manchen jungen Blueser erblassen, denn in den 53 Minuten zeigen die Alten, wo es lang geht.
Wie das klingt, stellen Clearwater und der 75-jährige Lonnie Brooks leichtfüßig in "Too Old To Get Married" unter Beweis. Ein Gitarren-Duell der Extraklasse, komprimiert auf knapp vier Minuten, mit honky Piano und saftigen Bläsern. Klar, in dem Alter ist man vielleicht zu alt für eine Heirat, allerdings singen die beiden Künstler auch: »Too young to get buried.« Richtig!.
In dieser bestechenden Form mögen noch viele Jahre folgen!
Zweigeteilt ist der Song "Came Up The Hard Way", der einerseits Eddys ländliche Sozialisation in den Baumwollfeldern schildert und dann zu Ronnies urbaner Kindheit kommt. Beide Sänger begleiten sich auf akustischen Gitarren, die mächtig viel Country-Atmosphäre in den vier Wänden verteilen.
Schwer stampfender rockig vorgetragener Blues ist das autobiografische "They Call Me The Chief" und "Rock-A-Blues Baby" weckt die Neugierde des Hörers durch ungewöhnliche Instrumentierung sowie angedeuteten Sprechgesang. So etwas wird in den Händen des Protagonisten in keiner Weise zur Farce.
Dazu steht Clearwater über den Dingen… .
Besinnlich lässt der 'Chief' seine CD ausklingen. "A Time For Peace", mit einem Gänshaut-produzierenden Kirchengesang eines Damen-Quartetts wird musikalisch ausschließlich von Keyboards und einem Tamburin unterstützt.
Rockender Blues mit einem furiosen Billy Branch an der Harp und tollem E-Gitarren-Solo ist "A Good Leavin' Alone". Clearwater, fit wie ein Turnschuh, das gilt auch für seine Stimme, die zu einem weiteren Aushängeschild des Senior-Bluesers wird.
Einen brillanten Slow-Blues singt Eddy gleich mit zwei stimmgewaltigen Herren aus der ersten Reihe. Otis Clay, Jimmy Johnson sowie Lonnie Brooks, der auch die Lead-Gitarre spielt, treiben "Do Unto Others" zu einem weiteren Höhepunkt des Albums.
Ebenfalls großes Tennis ist Muddy Waters "Walking Through The Park" und das von Lowell Fulson geschriebene "Trouble, Trouble". Zwei Cover-Versionen, die verdeutlichen, dass es sich lohnt, immer mal wieder auf die Songs anderer zu schauen.
Ein ums andere Mal kann sich der Tastenmann Darly Coutts in Szene setzen und auch die Bläser-Abteilung hört man stets gerne.
Retro-Blues-Shuffle hat der Mann ebenfalls im Programm: "Blue Over You" heißt das Ding und gerade hier darf natürlich die Harp von Branch nicht fehlen. Der wechselt sich toll mit dem Gitarristen ab. Überzeugend!
Ein so qualitativ hochwertiges Album hätte man dem 1935 geborenen Musiker gar nicht zugetraut.
Insofern ist die Überraschung, bereits nach dem ersten Durchlauf umso größer.
Rock'n'Roll, Gospel, Rockabilly und Country-Blues werden auf einer Scheibe geboten und durch einen frischen Eddy Clearwater plus Gefolge wohltuend, ohne aufgesetzt zu wirken, präsentiert.
Die haben es drauf und zeigen, wo der Hammer hängt.
Ein tolles Debüt auf dem neuen Label und Familienfeiern dieser Art verdienen einfach
8 von 10 RockTimes-Uhren.
Line-up:
Eddy Clearwater (lead guitar, acoustic guitar, lead vocals, backing vocals)
Ronnie Baker Brooks (rhythm guitar, lead guitar - #2, 5, 9, acoustic guitar, percussion, bass, backing vocals)
Darly Coutts (organ, piano)
Carlton Armstrong (bass)
Maurice 'Moe' Taylor (drums, cowbell)

With:
Dennis Taylor (saxophone)
Steve Herrman (trumpet)
Earnest Williamson (clarinet, backing vocals)
Jean-Christopher Leroy (percussion)
Jackie Johnson (backing vocals)
Marion Boyce (backing vocals)
Stacey Hall (backing vocals)
Valencia Robinson (backing vocals)
Vicki Loveland (backing vocals)

Special Guest:
Billy Branch (harmonica)
Lonnie Brooks (lead guitar, vocals - #8, backing vocals - #5)
Otis Clay (vocals)
Jimmy Johnson (vocals)
Tracklist
01:A Good Leavin' Alone (4:12)
02:Hypnotized (4:10)
03:Gotta Move On (4:39)
04:Walking Through The Park (4:09)
05:Do Unto Others (4:22)
06:Blue Over You (3:56)
07:Trouble, Trouble (6:09)
08:Too Old To Get Married (3:53)
09:Came Up The Hard Way (6:12)
10:They Call Me The Chief (4:22)
11:Rock-A-Blues Baby (3:42)
12:A Time For Peace (3:20)
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