Eric Clapton / Crossroads Guitar Festival 2007
Crossroads Guitar Festival 2007 Spielzeit: 270:00
Medium: Do-DVD
Label: Warner Music Entertainment/Rhino Entertainment Company, 2007
Technische Daten:
DVD-9, NTSC 16:9, Colour
L-PCM 2.0 Stereo; DTS 5.1 Surround
Regions 2/3/4/5
Subtitles: Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch
Stil: Blues Rock

Review vom 05.12.2007


Olaf 'Olli' Oetken
Es ist ja nicht unbedingt üblich, bei Rezensionen gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Zu groß scheint die 'Gefahr', dass sich die verehrte LeserInnenschaft gleich nach den ersten Zeilen wieder ausklinkt. Okay, ich nehme dies in Kauf und appelliere gleichzeitig daran, sich trotzdem den weiteren Ausführungen hinzugeben.
Die Doppel-DVD-Veröffentlichung zum "Crossroads Guitar Festival 2007", initiiert und organisiert von Sir in spe Eric Clapton, ist schlicht und ergreifend hochgradig unbefriedigend!!! Eine glatte Sechs, setzen!
Immerhin gehört 'Slowhand' zu den Produzenten dieses Produkts und ist somit federführend für die Ausgestaltung desselben mitverantwortlich. Da ist ihm wahrlich kein Meisterstück geglückt.
Dabei beinhaltet die zweite Ausgabe des Festivals zu Gunsten eines Drogenrehabilitationszentrums in Antigua, von Clapton höchstpersönlich ins Leben gerufen und ihm eine absolute Herzensangelegenheit, durchaus hörens- wie sehenswerte Performances. Immerhin mischten am 28.07. dieses Jahres solche Hochkaräter wie Johnny Winter, B.B. King, Jeff Beck,
Robbie Robertson, Steve Winwood oder Buddy Guy mit, inklusive des Meisters himself. Darüber hinaus gibt es Schmankerl wie Sonny Landreth, The Derek Trucks Band, Robert Randolph & The Family Band, Albert Lee oder Los Lobos zu bewundern. Beste Vorraussetzungen also, um ein musikalisches Feuerwerk der Extraklasse abzubrennen, und das in Zeiten, wo höchstens noch das CD/DVD-Laufwerk eines PCs brennt! Oder brennt inzwischen nur noch das Teil, mit dem mensch in früheren Zeiten telefoniert hat?
Und tatsächlich, das, was uns diese hier zu besprechende Veröffentlichung anzubieten hat, lässt durchaus das Herz eines jeden Rockdinosauriers und nachwachsenden Jungsaurierers höher schlagen.
Aber, und nun kommt das große Aber, wir bekommen lediglich Appetithappen vorgesetzt, statt wirklich einem grandiosen, hochenergetischen wie gleichzeitig entspannten Festival beiwohnen zu dürfen.
Wenn ich bedenke, was es diesbezüglich für Veröffentlichungen von den Rolling Stones oder Paul McCartney gibt, um nur mal zwei der Altsaurier zu nennen, kommen mir als Rezensenten und Musikfreund einfach nur die Tränen!
Stückwerk, Verstümmelung, Lieblosigkeit, Dilettantismus, diese Attribute kommen mir leider bei der Beschäftigung mit diesen zwei kleinen Scheibchen in den Sinn. Wohlgemerkt, das bezieht sich nicht auf das musikalische Geschehen!
Denn hier gibt es manches Highlight zu feiern, so beispielsweise das fantastische "Little By Little" (Junior Wells) von Susan Tedeschi zusammen mit ihrem Göttergatten und seiner Combo, der einfach nur mitreißende 'Pedal Steel Guitar - Derwisch' Robert Randolph mit seiner "Familie", der mir bisher irgendwie durchgerutschte Jungsaurier John Mayer mit einem ergreifenden "Gravity" und trotz allem Spektakels geradezu sensationell feinfühliger Saitenarbeit, oder auch der ewig jungenhafte Steve Winwood, zusammen mit Eric Claptons Band ein begnadetes "Dear Mr. Fantasy" darbietend, so dass sich der RockTimes-Redakteur umgehend vor Ehrfurcht in den Staub vor seine Kasperanlage werfen muss.
Nein, das große Problem liegt einerseits an der Auslassung großer Teile dieser Festivität, andererseits an der Präsentation des Materials. So gibt es keine Möglichkeit, die Musik als Konzert am Stück zu genießen, immer wieder gibt es Unterbrechungen mit Blicken hinter die Kulissen und kurzen Interviewpassagen. Beides gerät leider ziemlich blutleer, ein richtiger Einblick in die Seele eines Festivals sieht anders aus!
Auch die mehrfach eingesetzte 'wir-machen-wieder-auf-Woodstock'-Schnitttechnik nervt einfach nur noch, scheint sie doch in der letzten Zeit richtig in Mode gekommen zu sein, warum auch immer.
Der Hammer ist aber die Bonusbeigabe auf der zweiten DVD, welche uns die Information preisgibt, dass im Toyota Park von Bridgeview, Illinois, noch eine kleinere, zweite Bühne zum Einsatz kam, auf der solche Protagonisten wie Tab Benoit, Orianthi, eine blendend aussehende und vor allem entsprechend klingende 22-jährige Newcomerin, die offenbar Carlos Santana schon den Kopf verdreht hat, oder Todd Wolfe ihr Unwesen trieben. Präsentiert bekommen wir kurze, zusammengestümperte Schnipsel, die zwar unseren Hunger nähren, aber nach geschlagenen sieben (!) Minuten ist es vorbei mit dem Bonus und wir verhungern buchstäblich am langen Arm.
Es wäre ja alles nur halb so ärgerlich, wenn auch die musikalischen Darbietungen keinen großen Qualitätsansprüchen standhalten würden.
Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Bis auf Jeff Beck, der für meine Begriffe in irgendwelchen Welten gniedelt, die ich gar nicht kennenlernen will, unterhält alles prächtig. Sehr zur Freude meines geschätzten Kollegen Daniel Daus, so nehme ich jedenfalls an, entdecke ich hier beispielsweise einen Vince Gill, selbstredend ein Gigant in den USA, der speziell im Verbund mit Albert Lee einen Countryrock zelebriert, der mich unwillkürlich durchs zu kleine Wohnzimmer steppen lässt. Ansonsten wird eher dem Blues bzw. Bluesrock gefrönt, in eigentlich allen Schattierungen.
Ganz spezielle Aufmerksamkeit hat sicherlich die zweite DVD verdient, denn diese bestreitet in der Hauptsache der Imperator des Festivals, obwohl selbiger eine solche Bezeichnung bestimmt nicht goutieren würde.
Aber was Eric Clapton und seine überragende Band hier veranstalten, verdient einer besonderen Erwähnung. Was wurde und wird nicht alles am ehemaligen 'Gitarrengott' rumgemäkelt, der nie einer sein wollte.
Für die einen ist spätestens nach "461 Ocean Boulevard" der musikalische Offenbarungseid geleistet, die anderen lieben seine Popsachen, mit denen er sein Konto auffüllen konnte und die ihm bis heute ein vergleichsweise großes Publikum bescheren.
Ihm selber ist es längst wurscht, er hat, wie es auch in seiner aktuellen Biografie "Mein Leben" nachzulesen ist, seinen Hafen und damit seinen Frieden gefunden, zudem hat er seine Dämonen Drogen und Alkohol (eine prinzipiell unzulässige Trennung) besiegt, selbst geraucht wird nicht mehr.
Folglich macht der Mann nur noch das, was ihm wirklich etwas gibt und so mutierte die letzte Welttournee nach und nach zur reinen Derek & The Dominos-Hommageveranstaltung, jene Formation, die ihm vormals fast das Genick gebrochen hätte. Das ist mal eine sinnvolle Vergangenheitsbewältigung und mit "Tell The Truth" bekommen wir gleich zum Start eine Demonstration, welche Klasse dieser Mann heutzutage zu versprühen in der Lage ist. Das hängt auch und nicht unerheblich mit seiner Band zusammen, die bei diesem Festival um einen zweiten Schlagwerker (Ian Thomas) ergänzt ist, was einen geradezu unglaublichen Rhythmuswirbel und Punch zur Folge hat. Und Derek Trucks beweist endgültig, dass er den Spirit von Duane Allman wie kein zweiter zu versprühen versteht, so dass in Verbund mit einem grandios modulierenden Eric Clapton, mit einer im Vergleich zu 1970/1971 deutlich besseren Gesangleistung, eine Interpretation entsteht, vor der ich ebenfalls nur noch in den Staub fallen kann.
Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass bei dieser Veranstaltung noch andere Derek & The Dominos-Tunes zu Gehör kamen. Platz dafür hätten die beiden Scheibchen locker gehabt!!!
Stattdessen folgt Robert Johnsons "Little Queen Of Spades". Die Coverrückseite der Doppel-DVD nennt hier übrigens "Isn't It A Pity", welches aber erst im Anschluss folgt. Wie bereits erwähnt, stümperhaft!
Wenn der vom Teufel beseelte Bluesurahn wüsste, was da heutzutage aus seinen Vorlagen gemacht wird! Das Stück wird zum Showcase der versammelten Saitenartisten in der Band und Clapton spielt unzweifelhaft besser, als er jemals in den sogenannten glorreichen Tagen agiert hat!
Bei der George Harrison-Hommage schmeißt es mich dann gleich wieder in den Staub, langsam tun die Knie weh! Aber Trucks langgezogenen, wehmütigen Tönen und Claptons beseelten Gesang kann sich eigentlich niemand ernsthaft entziehen.
Des Weiteren scheint E.C. auch seine Station vor Derek & The Dominos in seine erfolgreiche Vergangenheitsbewältigung mit einbeziehen zu wollen. Denn zusammen mit Steve Winwood werden gleich drei Blind Faith-Klassiker zum Besten gegeben und das sagenhafte "Had To Cry Today" zwingt mich abermals in den inzwischen aufgewühlten Staub. Leute, in dieser Interpretation, mit dieser Vielzahl an Ausnahmekönnern, übertrifft das Teil sämtliche Vorversuche, inklusive Blind Faith höchstpersönlich! So wie es ausschaut, wollen Clapton und Winwood das geradezu magische Erlebnis im nächsten Jahr intensivieren. Ich jubele ihnen zu, was scheren einen da kaputte Knie?
Fazit:
Auf dieser Doppel-DVD gibt es überdurchschnittliche musikalische Leistungen zu genießen, sowohl mit Referenzsound, als auch mit Referenzbild (HD-Qualität). Zur Verpackung kann ich leider nichts sagen, mein Promo-Exemplar kommt sehr spartanisch und mit einer Nulldiät an Informationen daher.
Es kann erahnt werden, dass dieses Festival einer der musikalischen Live-Höhepunkte des Jahres gewesen sein dürfte, die Konservierung desselben lässt aber viel zu viele Wünsche offen.
Daher gibt es schlussendlich zwar doch keine Sechs, aber mehr als 5 von 10 RockTimes-Uhren kann ich leider nicht vergeben. Jammerschade!
Tracklist
DVD 1:
01:Introduction - Bill Murray
02:Uberesso - Sonny Landreth
03:Hell At Home - Sonny Landreth with Eric Clapton
04:Maharina - John McLaughlin
05:Rosie - Doyle Bramhall II
06:Outside Woman Blues - Doyle Bramhall II
07:Little By Little - Susan Tedeschi with The Derek Trucks Band
08:Anyday - The Derek Trucks Band
09:Highway 61 Revisited - Johnny Winter with The Derek Trucks Band
10:Nobodysoul - Robert Randolph & The Family Band
11:Poor Johnny - The Robert Cray Band
12:Dirty Work At The Crossroads - Jimmie Vaughan with The Robert Cray Band
13:Sitting On Top Of The World - Hubert Sumlin with The Robert Cray Band & Jimmie Vaughan
14:Paying The Cost To Be The Boss - B.B. King with The Robert Cray Band with Jimmie Vaughan & Hubert Sumlin
15:Rock Me Baby - B.B. King with The Robert Cray Band with Jimmie Vaughan & Hubert Sumlin
16:Sweet Thing - Vince Gill
17:Country Boy - Albert Lee with Vince Gill
18:If It Makes You Happy - Sheryl Crow with Vince Gill & Albert Lee
19:Tulsa Time - Sheryl Crow with Eric Clapton, Vince Gill & Albert Lee
20:Blue Eyes Crying In The Rain - Willie Nelson with Vince Gill & Albert Lee
21:On the Road Again - Willie Nelson with Sheryl Crow, Vince Gill & Albert Lee
DVD 2:
01:Belief - John Mayer
02:Gravity - John Mayer
03:Don't Worry Baby - Los Lobos
04:Mas y Mas - Los Lobos
05:Cause We've Ended As Lovers - Jeff Beck
06:Big Block - Jeff Beck
07:Tell The Truth - Eric Clapton
08:Isn't It A Pity - Eric Clapton
09:Little Queen Of Spades - Eric Clapton
10:Who Do You Love - Robbie Robertson with Eric Clapton
11:Presence Of The Lord - Steve Winwood and Eric Clapton
12:Can't Find My Way Home - Steve Winwood and Eric Clapton
13:Had To Cry Today - Steve Winwood and Eric Clapton
14:Dear Mr. Fantasy - Steve Winwood
15:Crossroads - Eric Clapton and Steve Winwood
16:Mary Had A Little Lamb - Buddy Guy
17:Damn Right I've Got The Blues - Buddy Guy
18:Sweet Home Chicago - Buddy Guy with Eric Clapton, Robert Cray, John Mayer, Hubert Sumlin, Jimmie Vaughan & Johnny Winter
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