Kevin Costner & Modern West / From Where I Stand
From Where I Stand Spielzeit: 44:56
Medium: CD
Label: earMUSIC, 2011
Stil: Country Rock

Review vom 20.09.2011


Holger Ott
Singende Schauspieler oder schauspielende Sänger hat es in den vergangenen Jahrzehnten zuhauf gegeben. Beste Beispiele natürlich: Elvis Presley, Harry Bellafonte,
The Beatles und so weiter. Deren Hauptgründe das Metier zu wechseln waren sicherlich Promotion und nicht zuletzt Langeweile.
Bei Kevin Costner könnte man unweigerlich das Gleiche vermuten, aber weit gefehlt. Seine Ambitionen zu musizieren liegen schon sehr lange zurück und die Musiker seiner Band Modern West waren schon mit ihm befreundet, als er auf der Leinwand noch recht unbekannt war. Also ist dieses Projekt nicht aus einer Laune heraus entstanden und die Musiker nicht öffentlich gecastet worden, sondern es hat sich über die Jahre entwickelt. Durch die vielen Filme, die Herr Costner gedreht hat, wurde alles etwas auf Eis gelegt, dämmerte aber im stillen Kämmerlein weiter vor sich hin und wurde in den letzten Jahren des Öfteren ans Tageslicht gefördert. Daraus entstand eine gefestigte Band, die nun ihre dritte CD mit dem Titel "From Where I Stand" auf den Markt bringt.
Sehe ich Kevin vor meinem geistigen Auge, so immer in der Person des Eremiten in der Weite des Wilden Westens, wie er mit seinem Wolf tanzt. Demzufolge schätze ich ihn auch so ein, dass er sich der Country & Western-Music widmet. Ich kann nicht behaupten dass ich enttäuscht bin als ich mir die CD anhöre, sondern hoch erfreut. Ist es doch kein Yeehaa und Yippee Yeah, sondern sehr melodiöse, eingehende Musik, die auch einige Überraschungen parat hat. Den Musikstil zu präzisieren fällt dabei etwas schwer, hören sich die meisten Stücke doch recht flott an und es mangelt an typischen Country-Klängen. Dafür kommt die Lead-Gitarre öfter zum Einsatz und gibt sehr eindringliche Soli zum Besten. An die Stimme von Mr. Costner muss ich mich allerdings erst gewöhnen, habe ich doch ständig seinen Synchronsprecher im Ohr. Alles in Allem ist es eine sehr schöne Scheibe mit guter Unterhaltungsmusik. Und wenn ich nun verrate, dass auf einem Titel sogar unsere Nena als zweite Stimme zu hören ist und dieser Song ganz klar ihre Handschrift trägt, kann sich jeder vorstellen, in welche Richtung die Musik geht. "Let Go Tonight" käme auch auf einer ihrer Platten gut zur Geltung. Das wäre schon mal die erste Überraschung und die nächste folgt in "The Hero". Mystische Klänge, die weit in den Psycho-Bereich abwandern, erfreuen mein Ohr und ich bin hellwach. Damit hätte ich niemals gerechnet und ich kann nur sagen: weiter so Herr Costner. Dieses Werk ist mein absoluter Favorit und mit 5:33 Minuten auch im grünen Bereich.
Der Veröffentlichungstermin im September läutet auch den kalendarischen Herbst ein und der Opener der CD "From Where I Stand" mit dem schönen Namen "Indian Summer" lädt einen in seiner ruhigen Art zum Träumen ein und ich erinnere mich daran, dass ich vor vielen Jahren mit dem Motorrad durch den Nordosten der USA gefahren bin um genau diese Jahreszeit zu erleben. Kevins Stimme ist dabei sehr weich und leise, steigert sich aber gegen Ende des Songs zunehmend und wird dabei kräftig von seinen Mitstreitern unterstützt. Davon angeregt versucht er im zweiten Track, "Hurricane Rain", dem Thema entsprechend heavy rüber zu kommen. Lass es lieber, kann ich nur sagen, das passt nicht. "Where Do We Go From Here" ist ein guter Losgeh-Song, der sofort die Gliedmaßen in Bewegung bringt. Mein Bein zuckt dabei unaufhaltsam mit, gute Laune ist garantiert.
Im Anschluss daran folgt besagter Nena-Track und passt dabei sehr gut in die Reihenfolge. "Find That Girl" ist einer der Songs, der durch seine musikalische Auffälligkeit herausragt. In diesem Fall durch ein besonders schönes Gitarrensolo, das dem Stück eine rockige Note verleiht.
Die Hälfte des Albums ist gespielt und mein bisheriges Urteil ist positiv. Die Krone wird im Track sechs, "The Hero", durch diesen düsteren Touch aufgesetzt. Was sich die Band bloß dabei gedacht hat solch einen Song aufzunehmen. Aber schön wäre es, mehr in dieser Richtung zu hören. Ist ja fast wie im richtigen Leben des Kevin Costner, man muss eben verschiedene Rollen spielen können um gut zu sein. Die nächsten Lieder gehen wieder in die bisherige Richtung. Sehr wohltuend und anschmiegsam, wobei nur noch "Lights To Change" wegen seines anderen Drumtaktes hervorzuheben ist. Zum Abschluss präsentiert sich Modern West noch mit einer schönen Ballade, den Remastered-Song "The Angels Came Down", und ich sehe Kevin Costner wieder in den Weiten der einsamen Prärie verschwinden.
Für alle Costner-Fans ist diese Scheibe natürlich ein Must-have und die Konzerte sind unbedingt zu empfehlen. Hat man dort doch die Gelegenheit, seinem Helden der Kino-Leinwand für mindestens zwei Stunden auf Tuchfühlung zu gehen, was ja am Rande des roten Teppichs nur für Sekunden, wenn überhaupt, möglich ist. Schön auch, diese Facette des großartigen Kevin Costner kennen zu lernen und an seine Originalstimme werde ich mich auch noch gewöhnen.
Line-up:
Kevin Costner (vocals, guitar)
John Coinman (guitar)
Blair Forward (bass)
Teddy Morgan (lead guitar)
Larry Cobb (drums)
Park Chisolm (vocals, guitar)
Nena (vocals - #4)
Tracklist
01:Indian Summer (4:22)
02:Hurricane Rain (3:32)
03:Where Do We Go From Here (4:09)
04:Let Go Tonight feat. Nena (3:49)
05:Find That Girl (3:31)
06:The Hero (5:33)
07:Let The River Carry Itself (3:33)
08:No Fences (3:42)
09:Lights To Change (3:50)
10:Cleo At The Wheel (4:10)
11:The Angels Came Down [Remastered] (4:45)
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