Ray Charles / Rare Genius: The Undiscovered Masters
Undiscovered Masters Spielzeit: 41:43
Medium: CD
Label: Concord Records, 2010 (1972 - 1995)
Stil: R&B


Review vom 10.12.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Auf "The Undiscovered Masters" befinden sich Aufnahmen aus einer Zeitspanne von 1972 bis zirka 1995. Produzent John Burk, der bereits in den sechziger Jahren für Ray Charles tätig war, hat das Archiv des genialen Musikers durchforstet und ist auf bisher unveröffentlichte Aufnahmen des Sängers, Pianisten und Komponisten gestoßen. Auf vorliegender Platte sind zehn Stücke aus dem Fund enthalten. Burk hatte auch Charles letztes Album "Genius Loves Company" produziert und er kann sich über eine Zeitspanne von fast fünfzig Jahren sehr wohl als Kenner des Musikers bezeichnen.
Der in seiner Kindheit erblindete Charles studierte Komposition an einem Institut für Taube und Blinde. 1930 geboren hatte er mit "Baby, Let Me Hold Your Hand" 1951 seinen ersten Hit in den R&B-Charts und dieser sollte nicht der letzte für den 2004 verstorbenen tollen Tastenmannes sein. "Hallelujah, I Love Her So", "Ain't That Love", "It Shouldn't Have Been Me", "Hit The Road Jack", "Together Again", "What'd I Say" oder "Unchain My Heart" stellen eine Auswahl von weiteren Erfolgen für ihn dar, wenn auch nicht alle von ihm geschrieben wurden.
In seinen frühen Jahren spielte Charles unter anderem mit Guitar Slim sowie Ruth Brown. Er hatte mit den Raelettes eine tolle Backing Vocals-Girlgruppe um sich, die seiner Musik einen ordentlichen Pfiff gab. 1965 musste der mittlerweile drogenabhängige Musiker wegen Heroinbesitzes für fünf Jahre hinter schwedische Gardinen und nach einer Entziehungskur war er clean. Ray Charles war nicht nur als Musiker enorm fleißig. Mit verschiedenen Frauen hat er für ordentlich Nachwuchs gesorgt. Ungeachtet des Alters der Kinder könnte ein Fußballtrainer eine komplette Mannschaft auf das Feld schicken.
"Wheel Of Fortune" (1972) ist die älteste Aufnahme auf "The Undiscovered Masters". Zu der Zeit veröffentlichte Charles die Alben "A Message From The People" sowie "Through The Eyes Of Love". Bei allen Tracks auf vorliegender Platte wird »original session musicians unknown« angegeben. Allerdings bekommen wir bei sechs Titeln der CD nicht ganz das Original geliefert. Wie bei "Wheels Of Fortune" hat John Burk entschieden, dass die alten Aufnahmen durch mehr oder weniger viele Musiker aufgefrischt wurden. So hält sich das bei gerade genanntem Stück mit großer Orchesterbesetzung in Grenzen. Lediglich eine Rhythmusabteilung mit Chuck Berghofer am Bass und Schlagzeuger Gregg Field ergänzen das Original. Man kann aber summa summarum überhaupt nicht darüber klagen, denn die Einbettung ergänzender Musiker ist mit ganz feiner Hand vonstatten gegangen. Ungemeint entspannt kommt die Ballade daher und das ist schon großes Kino, was nicht nur hier geboten wird. Die Masterbänder müssen schon eine sehr gute Qualität gehabt haben. Alle zehn Nummern strotzen vor tollem Sound.
Die Tracks bieten ein vielseitiges Bild und auch auf diesem Silberling wird deutlich, welch ein Genie der Mann war. Die Songs, ob nun in großer oder kleinerer Besetzung sind einfach klasse. Ein Wiederhören mit den Raelettes gibt es selbstredend auch. Toll, wie diese Sängerinnen die Stimme des Protagonisten ergänzen. Für den bluesigen Track "There'll Be Some Changes Made" spielt Keb' Mo' die Lead-Gitarre und Bobby Sparks ist an der Hammond B3 zu hören. Wie aus den üppigen Linernotes hervor geht, hatte Burk für dieses Stück nur eine Vorlage mit Charles' Gesang, Drum-Loops und einem Synthesizer-Bass. Trotzdem ist die Blackstone/Overstreet-Nummer toll geworden.
Gleich zu Beginn setzt Charles in "Love's Gonna Bite You Back" (ohne neue Arrangements) auf eine Prise Jazz mit Pep. "It Hurts To Be In Love" hat einen relaxten Groove. Mit einigen Streichern und fetzigen Bläsern ist dieses Stück ein bemerkenswerter Track aus Blues und Soul. Der Funk wird nicht ausgelassen. "I'm Gonna Keep Singin'" ist für mich die ultimative Gänsehaut-Nummer auf der Platte. Mit einem ganz starken funky Bass und Vibrafon- sowie Trompeten-Solo ist diese Komposition das Highlight auf der Platte. Wie selbstverständlich ergänzen Larry Goldings' Hammond sowie George Doerings Blues-Licks "Isn't It Wonderful". Es muss abermals betont werden, dass die zusätzlichen Musiker ihre Sache hier sehr gut machen. Vielleicht hätte man dieses Album als Doppeldecker veröffentlichen sollen, denn es wäre schon interessant, wie sich die Songs ohne Auffrischung anhören.
Zum krönenden Abschluss kommt es zu einem Kris Kristofferson-Song mit Johnny Cash am Mikrofon. Cool, ganz cool! Der Countrymann als Lead-Sänger in einem balladesken Soul-Song und Charles zum Teil in der Rolle eines Chormannes, das hat was.
"Rare Genius: The Undiscovered Masters" ist eine rundum klasse Angelegenheit.
Line-up:
Ray Charles (vocals, piano, keyboards)
Johnny Cash (vocals - #10)

Additional Musicians 2010:
Keb' Mo' (lead giutar - #5)
Gorge Doering (rhythm guitar - #5, guitar - #6,7)
Bobby Sparks (Hammond B3 - #5)
Larry Goldings (Hammond B3 - #6, piano - #7)
Alan Kaplan (trombone - #7)
Gary Grant (trumpet - #7)
Chuck Berghofer (bass - #3,5)
Trey Henry (bass - #6 - 8)
Gregg Field (drums - #3)
Ray Brinker (drums - #5 - 8, 9 [in addition to original drums])
Eric Benét (backing vocals - #7)
Tracklist
01:Love's Gonna Bite You Back (3:54)
02:It Hurts To Be In Love (4:53)
03:Wheel Of Fortune (4:00)
04:I'm Gonna Keep You Singin' (5:30)
05:There'll Be Some Changes Made (4:04)
06:Isn't It Wonderful (4:13)
07:I Don't Want No One But You (4:20)
08:A Little Bitty Tear (3:35)
09:She's Gone (3:11)
10:Why Me, Lord? (3:57)
Externe Links: