Roger Chapman & The Shortlist
16.12.2006 Bluesgarage, Isernhagen
Bluesgarage
Roger Chapman & The Shortlist
Bluesgarage, Isernhagen
16. Dezember 2006
Konzertbericht
Stil: Rock


Artikel vom 20.12.2006


Jürgen Bauerochse
Roger ChapmanAn diesem Samstag endete voraussichtlich mein Konzertjahr 2006 (obwohl man ja mit solchen Äußerungen sehr vorsichtig sein sollte, denn manchmal kommt es auch zu spontanen, nicht eingeplanten Entscheidungen), das rückblickend betrachtet nicht nur von der Anzahl der Gigs zu den ereignisreichsten der letzten Zeit gehörte. Es gab zahlreiche Auftritte von Bands, die ich zum ersten Mal live on stage erleben durfte, und etliche Künstler kannte ich vorher nicht mal dem Namen nach. Aber wozu ist man Mitglied in der RockTimes-Familie mit ihren kompetenten Redakteuren? Schließlich ist man auch im hohen Alter noch lernfähig!
Roger ChapmanDaneben spielten aber natürlich die 'alten Klassiker' eine nicht unerhebliche Rolle in den letzten zwölf Monaten, die ich mir einfach immer wieder reinziehen will, wenn sich die Chance dazu bietet, denn bei diesen Leuten weiß man eben ganz genau, was auf einen zukommt. Und so ein altbewährter Mann, der inzwischen auch schon weit über dreißig Jahre die Rockmusik beeinflusst, gab sich jetzt die Ehre in der Bluesgarage. Roger 'Chappo' Chapman begeisterte schon in den Sechziger und Siebziger Jahren als Frontmann vonFamily die Fans in aller Welt mit seiner unnachahmlichen Stimme.
Roger ChapmanNach deren Ende machte er unter seinem eigenen Namen mit den Bands Streetwalkers und Shortlist erfolgreich weiter und stieg mit dem von Mike Oldfield geschriebenen Song "Shadows On The Wall" sogar in die Charts auf. Immer wieder gab es neue Alben in den Läden, die 'Chappo' in unregelmäßigen Abständen auf den Markt brachte. Außerdem war er durch ständiges Touren eigentlich immer bei den Fans präsent.
Ian GibbonsIn den letzten drei Jahren hörte man dann nicht mehr ganz so viel von ihm. Roger Chapman ließ es etwas ruhiger angehen, und schon kamen die ersten Gerüchte auf, dass er aufgrund von stimmlichen Problemen seine Karriere an den sprichwörtlichen Nagel hängen würde. Gut, die letzte Veröffentlichung liegt inzwischen schon einige Jahre zurück, aber deshalb gleich diese Wild West-Meldungen in der Presse? Na ja, ist alles Geschmackssache. Vielleicht aber auch ein perfekter Schachzug der zuständigen PR-Abteilung? Wer weiß das schon!
Geoff WhitehornZum Glück war offensichtlich nichts dran an diesen Gerüchten, denn Roger Chapman & The Shortlist kamen fast auf die Minute pünktlich auf die Bühne der Bluesgarage. Das aktuelle Band Line-up erhöhte meine Vorfreude auf den Auftritt noch um Einiges. Erstens verzichtete die Band diesmal auf einen Saxophonisten, was sich wegen meiner persönlichen Allergie gegenüber Bläsersektionen sehr positiv auswirkte. Zweitens waren neben den langjährigen Shortlist Mitgliedern zwei alte Bekannte in die Gruppe zurückgekehrt.
Steve SimpsonZunächst saß John Lingwood wieder hinter der Schießbude, der auch schon bei
Manfred Mann's Earthband und Company Of Snakes getrommelt hatte, und zweitens ergänzte der Ausnahmegitarrist Geoff Whitehorn das Line-up, der seine Klasse an den sechs Saiten schon bei Paul Rodgers und Procol Harum bewiesen hatte. Diese Besetzung war also ganz genau das Richtige für den Rezensenten. So stand einem würdigen Konzertabschluss wirklich nichts im Wege.
Gary TwiggAuch das Publikumsinteresse war enorm. Schon etwa eine Stunde vor Konzertbeginn wimmelte es im Saal wie in einem Taubenschlag. Das war schon ziemlich ungewöhnlich für die Besucher in Isernhagen, die im Allgemeinen immer erst auf den letzten Drücker in der Bluesgarage aufschlagen. So war ich wohl oder übel gezwungen schon sehr frühzeitig am Bühnenrand Stellung zu beziehen, denn sonst wären die Konzertbilder ernsthaft in Gefahr geraten. Aber auch das klappte reibungslos, und die gegenseitige Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fotografen verlief wieder ohne jegliche Probleme.
John LingwoodUnd dann ging's ab! Es war voll auf der Bühne. Die Keyboards gleich mit auf dem Drum-Podest, an den beiden Außenseiten die Gitarristen, wobei Geoff Whitehorn dicht an dicht mit Bassmann Gary Twigg fast eine Synchron-Choreographie einstudieren konnte. In der Mitte war aber dennoch genügend Platz für einen gut aufgelegten 'Chappo'. Er braucht ja schließlich seine Bewegungsfreiheit, denn ein Stillstehen kommt in seinem Wortschatz einfach nicht vor. Wie ein Derwisch tobt er über die Bühne, wobei er abwechselnd mit Wasserflaschen und Percussionteilen um sich wirft. Mehrmals hatte ich Angst um meine körperliche Gesundheit, denn der Mikrofonständer kam mir sehr oft bedenklich nahe. Aber so etwas nimmt man ja gern in kauf, wenn so ein Shouter direkt vor einem vollen Einsatz zeigt.
Geoff WhitehornVom ersten Ton an herrscht eine sehr gelöste Stimmung unter den Musikern. Scherzhafte Bemerkungen gehen hin und her und werden mit einem breiten Lächeln im Gesicht beantwortet. Roger Chapman ist gut bei Stimme. Die lange Karriere scheint ihm nicht geschadet zu haben. Er hat immer noch die Magie, die ihn zu seligen Family-Zeiten so auszeichnete. Mit voller Konzentration stößt er diese typischen kehligen Laute aus, stöhnt, schreit, jodelt, knurrt was das Zeug hält und strapaziert dabei seine Stimmbänder aufs Äußerste. Die ganze Anstrengung ist ihm schon nach kurzer Zeit anzusehen, denn schnell ist sein Hemd total durchgeschwitzt. Er hängt sich wirklich voll rein und wird dabei perfekt von seinen Bandkollegen unterstützt.
Roger ChapmanDie beiden Gitarristen leisten wahrlich Großes. Geoff Whitehorn spielt sich gekonnt durch seine Soloparts, die er mit wild verzerrtem Gesicht nur noch unterstreicht. Sekunden später stellt er sich mit einem gelösten Lächeln für das nächste Foto in Positur. Einfach gut dieser Mann. Auch der zweite Axeman Steve Simpson zeigt sich von seiner besten Seite und besticht vor allem durch sein Slide-Spiel. Außerdem bedient er bei einigen Ausflügen in den Countrybereich die Violine. Und auch das natürlich hervorragend.
Roger ChapmanSo zieht sich ein kurzweiliges Konzert durch die Bluesgarage, in dem es neben zahlreichen Songs aus den Achtziger Jahren auch neues Material von der inzwischen komplett eingespielten CD gibt, die für den März des Jahres 2007 angekündigt ist. Etwas nervend waren die teilweise zu lang ausgedehnten Mitsing Passagen. Da wäre weniger vielleicht doch mehr gewesen. Trotzdem gelingt es der Band ohne Schwierigkeiten, das Publikum immer mehr zu pushen und in Stimmung zu bringen.
Roger ChapmanSo ist es nicht verwunderlich, dass Roger Chapman & The Shortlist erst nach drei Zugaben in den Katakomben verschwanden. Dabei natürlich das legendäre "Shadows On The Wall", das mit diversen rhythmischen Zwischenspielen garniert und ausgedehnt wurde. Nun drehten die Fans vollkommen am Rad und verwandelten die Bluesgarage in ein Tollhaus. Strahlend winkte ein erschöpfter aber offenbar zufriedener 'Chappo' in die Menge. Er hatte meine Erwartungen vollends erfüllt, und inzwischen war auch das zweite Hemd total durchgeschwitzt.
An diesem Set gibt es rein gar nichts zu bemängeln, obwohl ich sehr gerne ein paar alte Songs aus Family-Tagen im Stile von "In My Own Time" oder "The Weaver's Answer" gehört hätte. Das wäre dann noch das Sahnehäubchen auf dieses leckere Menü gewesen.
Hut ab vor Roger Chapman - Eine großartige Leistung!
Line-up:
Roger Chapman (Vocals)
Gary Twigg (Bass)
Steve Simpson (Guitar, Vocals)
Geoff Whitehorn (Guitar, Vocals)
John Lingwood (Drums)
Ian Gibbons (Keyboards)


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