Tom Coerver / Wood, Wire, Vibes… & Slide
Wood Wire Vibes And Slide Spielzeit: 73:06
Medium: CD
Label: Backwater Curve Publishing (ASCAP), 2010
Stil: Blues Rock

Review vom 10.02.2011


Joachim 'Joe' Brookes
Meine Damen und Herren, was ist denn hier los? Es geht nicht mehr in Richtung Süden. Coerver spielt fast alle Instrumente, die einem bei "Wood, Wire, Vibes... & Slide" über die Trommelfelle laufen selber. Lediglich Kumpel Dave Long atmet auf zwei Tracks durch die Blues-Harp ein und aus.
Tom alleine im Studio ... da kommt man vielleicht schon einmal auf komische Ideen. Die Songs entstanden zwischen 2008 und 2010. Was der Gitarrenmeister, oder sollte man viel besser instrumentaler Tausendsassa sagen, hier zusammenbringt, kommt irgendwie schon einem Spagat gleich. Zumindest, wenn zwischen den Zitaten aus dem Blues- sowie Southern Rock plötzlich John Abercrombie, Jan Hammer, Billy Cobham oder Frank Zappa aus den Song-Credits förmlich ins Auge springen. Bezogen auf den Albumtitel müsste das letzte Wort an und für sich ganz am Anfang stehen, denn Gitarrensounds ohne Bottleneck kreiert, darf man schon mit ganz spitzen Ohren suchen. Das Metallröhrchen wird von Coerver glühend gespielt.
Zweifelsohne ist der Meister ein Könner auf allen möglichen Instrumenten und wenn er neben dem Piano auch die Hammond mit dem rotierenden Lesliespeaker auf Touren bringt, ist des Hörers Freude groß. Bei Coerver kommt die Heaviness bestimmt nicht zu kurz und trotzdem ist es eine Härte, mit der er den Bogen nicht überspannt. Mit welchem Instrument die Querflöten-Töne in seiner schwer funkenden Nummer "Gonna Live With It" entstanden sind, lässt sich nicht sagen, aber eines steht bombenfest: Die psychedelische Eröffnung des Tracks ist klasse. Hier konkurrieren Keyboards und Gitarre um die Vormachtstellung und keines der Arbeitsgeräte geht als Sieger durchs Ziel. Hatte ich schon das Bottleneck erwähnt? Es macht seine Saitenfahrt im Solo.
Neben den vielen Ausflügen in die Ideenwerkstätten von so einigen Bands/Musikern sind seine Eigenkompositionen von bester Songwriter-Qualität. "You're A Star" ist heftiger Blues-Slide-Rock mit fein klimperndem Piano und "Gotta Get You By My Side", ebenfalls mit perlender Pianobegleitung bringt rhythmisch einige Kilo mehr auf die Waage des 12-Takter-Rocks mit Southern-Flair. Da gönnt er sich und dem Hörer auch eine Phase des Durchatmens. Seine Drumparts bringt er in unterschiedlicher Klanglichkeit in den Tracks unter. Zum zeitgemäßen Ambiente scheppert das Schlagzeug, als wäre es in den Sechzigern auf Band gebannt worden. Es passt aber gut ins Gefüge.
Ah, eine Ballade ... mit Slidegitarre! Coerver kann seine raue Stimme ohne Reibeisen sanft klingen lassen und mit dem Bottleneck klingt sein Sechssaiter, als sei er in Honolulu gestrandet. "I'll Still Be There" ist, nach Coervers sonstigem Output auf diesem Album eine gar zuckersüße Liebeslitanei. Nur von dem gut gemachten Allmans-Cover "Midnight Rider" unterbrochen, gibt es mit "Preacher's Passion" gleich noch einen Slow-Song, der mir besser gefällt, als die vorherige Ballade. Mag sein, dass hier die Backing Vocals von Debbie Landry den Ausschlag geben. Als Rausschmeißer steht "Timeshift" für eine Spielart, die er in den vorherigen Eigenkompositionen noch nicht hat anklingen lassen. Das ist bester Fusion, der hier sehr gut gegniedelt wird.
Mit dem Streifzug durch Cover-Nummern von Lynyrd Skynyrd, Robben Ford, den
Rolling Stones, ZZ Top, Slim Harpo, Gov't Mule und Frank Zappa macht sich der Amerikaner keine Feinde. Allen Stücken drückt er seinen persönlichen Stempel auf und aus meiner Sicht macht "Red & Orange Stratus" den Platten-Kuchen erst richtig fett. Jazz Rock der Coerver'schen Art! Wobei fairerweise gesagt werden muss, dass der Protagonist hier zwei Songs zu einem Lied verschmolzen hat. Einerseits ist es "Red & Orange" von Abercrombies gigantisch gutem "Timeless"-Album und andererseits "Stratus" von Billy Cobhams Meisterwerk "Spectrum". Coerver tummelt sich in nicht zu erwartenden Gefilden und gefällt dabei auch noch.
Selbst mit dem Griff nach "Zoot Allures" vom Genius Zappa vergreift er sich nicht unbedingt, auch wenn die anderen Cover besser interpretiert wurden. Coever legt mehr Wert auf flirrende Synthesizer-Modulationen. Bei satten sechzehn Nummern darf das Gummi auch ruhig etwas durchhängen. Bis auf Mixing und Mastering (Devon Kirkpatrick) hat er auch alle anderen relevanten Dinge selbst kontrolliert.
"Wood, Wire, Vibes... & Slide" ist einfach eine sehr gelungene Platte und man bekommt mit dreiundsiebzig Minuten auch noch eine Vollbedienung.
Line-up:
Tom Coerver (vocals, electric guitar, acoustic guitar, Dobro, slide guitar, bass, piano, Hammond organ, synthesizer, drums, percussion)
Patty Houk (backing vocals - #7,9,12)
Debbie Landry (backing vocals - #7,10)
Dave Long (harmonica - #11,12)
Tracklist
01:You're The Star (4:10)
02:Gotta Get You By My Side (3:37)
03:Gimme Back My Bullets (4:10)
04:Chevrolet/Cevrolet Medley (6:09)
05:Gonna Live With It (4:21)
06:Backwoods (3:48)
07:All Down The Line (4:15)
08:I'll Still Be There (4:59)
09:Midnight Rider (4:33)
10:Preacher's Passion (5:38)
11:Waitin' For The Bus (3:11)
12:Shake Your Hips (3:28)
13:Red & Orange Stratus (6:30)
14:Zoot Allures (4:13)
15:Monkey Hill (4:41)
16:Timeshift (5:54)
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