Wayne County & The Electric Chairs / Live At Rockpalast
Live At Rockpalast Spielzeit: 65:17 (CD), 67:00 (DVD)
Medium: CD/DVD
Label: Repertoire Records, 2014 (1978)
Stil: Punk Rock



Review vom 16.01.2015


Markus Kerren
Über das wahre Entstehungsjahr des Punk Rock darf man sich ja nach wie vor vortrefflich streiten, klar dürfte mittlerweile aber jeder/m sein, dass er (selbst die Stilbezeichnung) aus den USA kommt. Und nach ersten Jahren in den Sechzigern (mit den Speerspitzen The Velvet Underground,
The Stooges und MC5) blühte diese Szene speziell in den frühen siebziger Jahren in New York City so richtig auf. Nicht nur, aber auch aus dem Umfeld von Andy Warhol entstanden Combos der Marke New York Dolls, Television und schließlich The Ramones (um nur mal einige zu nennen).
Mittendrin und zumeist vorne weg war Wayne County, ein Transvestiekünstler, der 1968 aus seiner - dieser Szene gegenüber sehr 'unfreundlich' eingestellten - Heimat Georgia nach New York City geflüchtet war. Er spielte in Warhol-Stücken Theater und hatte sehr bald auch eine (bzw. mehrere) Band(s) zusammengestellt. Doch während die Ramones sowie viele andere Plattenverträge an Land ziehen konnten, ging County immer leer aus. Bis es ihn schließlich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts nach London verschlug, wo für ihn praktisch eine zweite Karriere begann.
Als Wayne County mit seinen/ihren Electric Chairs dann am 09. Dezember 1978 grell geschminkt, mit blonder Perücke und im kurzen Lederkleidchen auf die Bühne der Westfalenhalle 2 in Dortmund tippelte, waren bereits zwei Alben der Band erschienen. Aus diesen stammte dann selbstredend auch das Songmaterial des Gigs und die Band machte gleich mit dem Opener "Night Time" klar, worum es an diesem Abend gehen sollte. Druckvoller, von wenigen Akkorden (dafür aber umso mehr Attitüde) getragener Punk Rock mit klarem Fokus auf den/die Lead-Sänger/(in).
Langweilig ist dieser Gig jedoch keinesfalls, was alleine schon an der Bandbesetzung (mit zwei Gitarren), guten Songs sowie Musikern, der unbändigen Power der Musik sowie County selbst liegt. Großartiger Gesang? Ist beim Punk Rock geschenkt, oder? Nein, noch nicht mal das, großartiger Gesang würde überhaupt nicht dazu passen. Viel wichtiger sind die Wirkung, die Performance sowie die Gefühle, die zum Ausdruck kommen. Und die sind massenhaft da. Highlight diesbezüglich ist die Nummer "Mr. Normal", bei der das Adrenalin Countys am deutlichsten fließt.
Textlich geht es in erster Linie um die Auseinandersetzung Wayne (später Jayne) Countys mit seiner Transsexualität ("Man Enough To Be A Woman", "Mr. Normal"), Sex, Sex und nochmal Sex ("Bad In Bed", "Cream In My Jeans", das augenzwinkernde "It Ain't How Much You've Got") sowie New York City ("Max's Kansas City") oder Rock'n'Roll. Die Bühnenshow von Wayne/Jayne mag damals aufreizend bzw. provokant gewirkt haben, ist allerdings nie übertrieben oder gar geschmacklos. Natürlich werden deutliche Ansagen in den Lyrics (wie bei "(If You Don't Wanna Fuck Me, Baby) Fuck Off") aber auch zu keiner Zeit vermieden.
Letzten Endes ist diese gute Stunde Musik von Wayne County & The Electric Chairs ein richtig geiler Punk Rock-Gig, der aus den bereits genannten Gründen jede Menge Spaß macht und dazu ein ganz feines Stückchen Musikgeschichte in die heimischen vier Wände bringen kann. Rein musikalisch steht die Band jedenfalls allen anderen (ihres Genres) der damaligen Zeit in nichts nach. Freunden dieses Stils sei dieses CD-/DVD-Package deshalb (ahem...) allerwärmstens ans Herz gelegt.
1979 folgte zwar noch ein weiteres Album, aber es war auch das Jahr, in dem sich die Band wieder auflöste. Seither ist Jayne County Solokünstlerin, hat einige Alben veröffentlicht und ist bis zum heutigen Tag aktiv.
Line-up:
Wayne County (vocals)
Val Haller (bass)
Henri Padovani (rhythm guitar)
J. J. Johnson (drums)
Elliot Michaels (lead guitar)
Tracklist CD & DVD
01:Intro
02:Night Time
03:Putty (In Your Hands)
04:Rock'n'Roll Cleopatra
05:Wonder Woman
06:Man Enough To Be A Woman
07:Mr. Normal
08:Bad In Bed
09:I Had To Much To Dream Last Night
10:Cream In My Jeans
11:Stuck On You
12:Max's Kansas City
13:Rock'n'Roll Resurrection
14:It Ain't How Much You've Got
15:(If You Don't Wanna Fuck Me, Baby) Fuck Off
16:Out Of Control
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