De Staat / I_Con
I Con Spielzeit: 47:19
Medium: CD
Label: Cool Green Recordings/Mascot Label Group, 2013
Stil: Alternative Rock

Review vom 15.09.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Die niederländische Combo De Staat, im Kern ein Projekt von Torre Florim, geht musikalische Wege, die sich noch nicht einmal, selbst hauchdünn ausgerollt, auf der gesamten Fläche ihres Heimatlandes verteilen lassen und der Staat ist nicht unbedingt klein. Okay, es kommt immer auf den Vergleich an, aber hier geht es um die Musik von De Staat.
Ein dreifaches Hoch auf die Querdenker. Beide Daumen nach oben für musikalische Fantasien, die kaum unter einen Hut passen. De Staat sind anders, erliegen den harten Synthesizerklängen einer längst vergangenen Zeit, die sich mit ihren Slime-Tentakeln ganz langsam über den gesamten europäischen Raum verteilten und ihre Hardcore-Industrial-Seele an den letzten Teufel verhökerte.
De Staat könnte sich im eigenen Spinnennetz der Vielfältigkeit selbst verheddern. "I_Con" wird nicht nur zu konträren Diskussionen Anlass bieten, sondern eine nicht unerhebliche Zahl an Fans in die Verzweiflung treiben. "I_Con" ist so gegensätzlich wie Wasser und elektrischer Strom, wie der olympische Geist und Doping. Egal wie, dagegen halten kann man mit dem Spruch, dass sich Gegensätze anziehen. Irgendwie liegt die "I_Con"-Realität wohl in einer bedeutungsvollen Zwischenwelt, in der De Staat beheimatet ist.
Jede Münze hat zwei Seiten. Manchmal hat man das Gefühl, als würde die Gruppe einfach eine Münze werfen und dann wechselt der Output nach Belieben von Kopf zur Zahl. De Staat macht einen ganz wuschelig im Denkzentrum. Auf beiden Seiten werden Emotionen wie am Fließband produziert.
De Staat ist einfach klasse, und wenn Torre Florim meint, dass die Combo im Laufe der Zeit ein bisschen verrückter geworden ist, dann fällt auch hier der Apfel nicht weit vom Stamm. Die Musiker scheren sich wahrscheinlich einen Dreck um Erfolge, Hits oder alles, was damit zusammenhängt, aber die Musikverrückten in Europa laufen De Staat quasi die Bude ein. Der Erfolg, die Anerkennung kam von ganz alleine. Große Festivals hat man schon gespielt und ausgiebiges Touren gehört ebenfalls dazu.
Irgendwie ist es bei den niederländischen Alternative-Ikonen wie in der gestaltenden Kunst, bei der man sich manchmal fragt, ob manche Installationen überhaupt noch Kunst sind. Der Künstler muss dabei erklären, was sein Bild versinnbildlicht. Lullaby und die Funken-erzeugenden Hammerschläge auf einen Amboss sind sich näher, als man glaubt, zumindest bei De Staat und den dreizehn Kompositionen. Besser zwölf, denn genau bei den acht Sekunden von "My Bad" entsteht Erklärungsbedarf, weil es ein völlig überflüssiges Schnipsel ist.
De Staats "I_Con" ist wie ein Orientierungslauf durch die Seele der Band, bis zum bitteren Ende von "The Inevitable End". Afrikanische Rhythmik paart sich mit schwebenden Synthesizerklängen und langsam scheint sich ein musikalisches Gewitter zusammenzubrauen. Dunkle Wolken bauen sich am Firmament auf, aber die Band ist milde gestimmt. Es kommt dann doch nicht zu einem prassenden Niederschlag der Emotionen. Die gibt es über die gesamte Platte verteilt an anderen Stellen zuhauf. Genauso, wie die in ihrem Verständnis von Alternative Rock existierenden Phasen der Verträumtheit. Lieder zwischen Süßlichkeit und bitteren Pillen!
Die Gruppe zelebriert ultimative Verfolgungsjagden durch die nächtliche Stadt. Scheinwerferlichter tauchen wie Blitzlichter vor dem Hörer auf. Die rasante Fahrt lässt die Gitarren heulen. Dennoch hat man Spaß an der groovigen Action. Musik wird zu einem kosmopolitischen Erlebnis bei dem sich auch noch alle wohlfühlen.
De Staat ist kontrovers. Hier ticken die Uhren eben anders. Zwischen Genie und musikalischem Wahnsinn fordert "I_Con" dem Hörer alles ab. Diese Band ist fantastisch, faszinierend und verfügt trotz des hohen Mischungsgrades von musikalischen Bezügen über eine überzeugende Authentizität.
Line-up:
Joop van Summeren (bass, vocals)
Rocco Bell (special fx, keyboards, percussion, vocals)
Vedran Mircetic (guitars)
Tim van Delft (drums)
Torre Florim (vocals, guitar)
Tracklist
01:My Bad (0:08)
02:All Is Dull (3:04)
03:Build That, Buy That (3:11)
04:Devil's Blood (4:20)
05:Witch Doctor (3:27)
06:Get It Together (3:15)
07:Refugee (3:56)
08:Make Way For The Passenger (4:50)
09:Input Source Select (4:03)
10:I'll Take You (4:30)
11:Down Town (3:08)
12:Wonderer (4:00)
13:The Inevitable End (5:22)
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