De Staat / Wait For Evolution
Wait For Evolution Spielzeit: 52:15
Medium: CD
Label: Cool Green Recordings, 2010
Stil: Roots Rock, Alternative Rock

Review vom 14.04.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Schon wieder eine Band aus dem niederländischen Nijmegen. Ist dort ein ähnliches Nest, wie in Hannover?
Absence sowie Okieson haben wir bei RockTimes schon und nun kommt De Staat dazu. Was Torre Florim an brodelndem Rock produziert ist heftig beeindruckend. Im Digipak steht geschrieben: »Written, performed, recorded & produced by Torre Florim«. Sein Heimatland hat er, besonders durch seine Liveperformance (dann mit Band), bereits in fester Hand und die Niederländer scheinen De Staat zu Füßen zu liegen.
Erst seit Beginn des Jahres 2009 existiert das Projekt und nun liegt das Debütalbum "Wait For Evolution" vor. Diese Platte ist echt lohnenswert! De Staat setzt auf ausgefeilte bis dramatische Rhythmik. Egal wie, die Songs aktivieren nicht nur die Fußwippe. Die Band ist bereits im Billing für das renommierte Glastonbury Festival 2010 zu finden. Mit ihrem erdig ethnischen bis zuweilen skurrilen Rock ist das kein Wunder.
Fast nichts ist hier typisch, außer typisch De Staat.
Manchmal bekommt der Hörer das Gefühl, als würde sich Florim irgendwann in seinen eigenen Schemata verfangen. Allerdings ist dieser Mann, der an der Utrecht School Of The Arts Musikproduktion sowie Komposition studiert, ein Meisterarrangeur. In allen dreizehn Songs, inklusive eines Bonustracks zaubert der Musiker Überraschungen aus dem Ärmel, dass es einem fast den Atem nimmt. Eine Kategorisierung fällt da schwer. Logisch beinhaltet das Album mächtig viele rootsige Elemente. Alternativer Rock ist es ebenfalls und die Musik nur mit Rock zu schubladisieren, wäre auch zu einfach.
Jedenfalls serviert der Niederländer mit einigen Gästen knüppelharte Beats sowie Grooves.
Was anmutet wie eine Mischung aus indianischer Regenbeschwörung und Queens Anmacher "We Will Rock You", mündet dann doch in einem rhythmischen Flächenbrand nach De Staat-Art. So kommen die Gitarrenklänge schon im Opener zeitweise etwas schräg rüber. Wer sich auf der Suche nach irgendwelchen Soli befindet, wird in der antörnenden Dramatik zunächst nicht fündig. Ganz am Ende von "Sleep Tight" werden wenige Töne in der Weise abgeliefert.
Wenn sich ein Metallophon oder Glockenspiel mit kindlicher Melodie sowie eine extrem hart riffende E-Gitarre zu einem Stelldichein treffen und die krachende Rhythmik, unter anderem durch Handclaps, wie bereits im ersten Track, verstärkt, dazu gesellen, dann weiß der Hörer, welche Stunde geschlagen hat. Die vom Protagonisten erdachte Melodie schwebt darüber und wenn für "The Fantastic Journey Of The Underground Man" noch der herrliche Gesang von Marloes Eikens einsetzt, ist die Mixtur perfekt.
Aus der Leere baut sich eine Art Urschrei auf und die Gitarren-Beats werden noch heftiger. In Sekundenbruchteilen ist es Florim schon leid und er schwenkt zu einem fetten Groove um. Hey, endlich macht man ein Schlagzeug aus. Eine kurze Textpassage hat was vom Zappa und der Refrain animiert zum spontanen Mitsingen. Die Musik ist völlig unkalkulierbar. Was geht denn bloß im Kopf dieses Künstlers vor? Es entwickelt sich Hypnotisches und dazwischen klingt irgendetwas wie eine Blockflöte. Die Instrumente verabschieden sich im Fadeout und "I Am Here To Lose Control" endet a cappella.
Langsam aber sicher glaubt man den klanglichen Strukturen näher gekommen zu sein.
Jetzt werden Teile des Textes als Rap eingelagert. Von einem straighten Song kann nicht die Rede sein. Breaks, immer wieder Breaks und danach jongliert der Meister des Obskuren mit der Rhythmik. Der Bass pumpt gleichförmig, die Gitarre steigt ein und es braut sich ein Etwas zusammen und entlädt sich schließlich.
De Staat macht den Hörer noch ganz kirre im Oberstübchen. Gibt es überhaupt Ruhepunkte auf der CD? Wow, jetzt destilliert man aber einen ganz feinen Groove. Das Banjo, es klingt jedenfalls wie eines, und alle anderen Instrumente offenbaren die Metrik eines abgedrehten Blues. Ganz am Ende hat man das Aufnahmemikrofon nach draußen befördert... Vogelgezwitscher vollendet den Track.
Den knallharten Beats werden die Zähne gezogen.
Sanfter geht es zu und Florim macht Musik für Menschen mit Risikobereitschaft. "Kill The Man" hat wieder einen anderen Groove und es geht luftiger zu, dafür aber noch mehr in die Tanzbeine.
Mit dem Ein-Ton-Piano und einer psychedelischen Gitarre wird über sechs Minuten lang eine beschwörende Atmosphäre geschaffen. Hier liefert sich der Protagonist mit Wout Kemkens (The Bloody Honkies) ein Gitarrenduell. "Meet The Devil" ist ziemlich straight gehalten und hat hypnotische Wirkung und in "You'll Be The Leader" heult eine Bluesharp. Beim minimalistisch arrangierten "Taste It" ist das Glockenspiel wieder dabei. "Love It" kommt gar ganz ohne Instrumente aus. Mit Sanne Hemmer am Gesangsmikrofon wird es richtig kirchlich. Abschließend gibt es im Bonustrack nochmals den Tanzgroove.
De Staat macht Staat... auf ungewöhnlich antörnende Art. "Wait For Evolution" ist berauschende Musik. Aus anderen Genres kommen zwar Cowboys From Hell und Mörglbl, aber De Staat ist mit ihrer Eigenwilligkeit zu vergleichen. Das extravagante Album-Konzept funktioniert erfreulicher Weise auch live...
Line-up:
Torre Florim (all instruments, vocals)

Also Featuring:
Marloes Eikens (additional vocals - #2)
Jop van Summeren (bass - #4, additional vocals - #3,4)
Fuck The Writer (banjo - #6, vocals - #6)
Wout Kemkens (guitar - #9)
Sanne Hemmer (additional vocals - #11,12)
Tracklist
01:Sleep Tight (4:07)
02:The Fantastic Journey Of The Underground Man (3:26)
03:I Am Here To Lose Control (5:22)
04:Wait For Evolution (3:30)
05:Habibi (3:15)
06:We're Gonna Die (3:58)
07:My Blind Baby (5:15)
08:Kill The Man (4:13)
09:Meet The Devil (6:21)
10:You'll Be The Leader (3:01)
11:Taste It (2:27)
12:Love It (3:56)
13:Because I Am A Cage Fighter [Bonus Track] (3:23)
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