Dead Guitars / Shelter
Shelter Spielzeit: 57:41
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2015
Stil: Alternative, Wave

Review vom 09.11.2015


Markus Kerren
Bei der Band Dead Guitars handelt es sich um ein bunt durcheinander gewürfeltes Bandprojekt mit Musikern aus Deutschland, der Schweiz, Großbritannien und den Niederlanden. Mit dem letzten Album "Stranger" konnte das Quintett speziell auch in England groß abräumen und sich Respekt bei der dortigen Presse verschaffen. Aber wenn man sich das Line-up etwas genauer anschaut, dann stolpert man sowieso automatisch über den einen oder anderen bekannten Namen. Mit Pete Brough, Ralf Aussem, (und seit 2012 auch) Hermann Eugster sowie Kurt Schmidt sind gleich vier Musiker am Start, die eine Vergangenheit und/oder Gegenwart bei Twelve Drummers Drumming haben, darüber hinaus ist da Carlo van Putten (Ex-The Convent, heute u. a. bei White Rose Transmission) am Start.
Vier lange Jahre hat sich Dead Guitars Zeit gelassen und nach eigener Aussage sehr viel Arbeit in diese neue Scheibe gesteckt. Untergekommen ist das Quintett bei dem renommierten deutschen Label Sireena Records, was alleine schon ein gewisses Qualitätslevel der Band voraussetzt. Und die überrascht mit dem vorliegenden Material bei der Vergangenheit der Musiker nicht wirklich durch einen deutlichen (aber nie nervigen) Einschlag in die Wave-Bewegung der achtziger Jahre, dafür aber umso mehr durch einen extrem guten, weitflächigen Sound, der viele Türen offen hält, Platz für Interpretationen lässt und immer neue Pfade anbietet, denen der interessierte Hörer folgen kann.
Der gefrönten Stilistik nicht ganz ungeschuldet geht es durchaus auch mal melancholisch zur Sache, getragene Melodien werden von fetzigeren abgelöst, klagender Gesang von hoffnungsvoll beschwingtem. Sehr gut eingebunden wurden die Background Vocals der beiden Ladies Crystin Fawn und Lilli Riettiens, die jeweils unabhängig voneinander sieben der insgesamt zehn Tracks verfeinern. Eine treibende Gitarre, die von hämmernden Drums gefolgt wird, eröffnet "Love Rules" und mit dem verechoten Gesang sind wir wieder mitten in der ersten Hälfte der Achtziger angekommen. Interessanterweise erinnert Carlo van Putten in einigen Momenten mancher Songs gar ein wenig an David Bowie.
Eine knappe Stunde Musik bei nur zehn Tracks spricht deutlich dafür, dass die Jungs von Dead Guitars einiges zu sagen haben, speziell wenn es bei den einzelnen Stücken nie zu Längen kommt. Erwähnenswert und mein Liebling der Platte ist das in der Mitte 'versteckte' "Bullet Proof", das mit Akustikgitarre und insgesamt sehr clean durch die Speaker kommt. Starke Gesangsmelodie, sehr gängiges Arrangement und somit geradezu prädestiniert für die erste Singleauskopplung. Nahezu perfekt passt hier auch die zwar simple, dafür aber umso effektivere Gitarrenmelodie von Ralf Aussem (auch Sun, Nina Hagen, Rainbirds).
Auf sehr ruhiger Note wird die Scheibe schließlich durch "Traffic Lane" nach Hause gefahren. Klasse Nummer, die - auch wegen ihrer Andersartigkeit - zu meinen Favoriten des Albums gehört. Zu Beginn wird mit "Heaven Seven" sowie "Happy Sad" aber erstmal nach Herzenslust gerockt. Gitarrensoli sollte man nicht unbedingt erwarten, was aber auch gar nicht vonnöten ist, um den einzelnen Tracks ihr eigenes Gesicht zu verleihen. Auch die Keyboards zeichnen sich viel mehr durch breitflächige Sounds statt durch Alleingänge aus.
Der Hörer darf sich also zurücklehnen, die Geschichten und musikalischen Exkursionen der Dead Guitars genießen und - bei aller Aktualität - so ganz nebenbei nochmal herrlich tief in die achtziger Jahre abtauchen. Das Songwriting ist auf "Shelter" sehr stark ausgefallen, die Produktion ebenfalls und Langeweile kommt erst recht keine auf. Klar muss man zumindest ein kleines Faible für Alternative und (Dark) Wave haben, aber wenn dem so ist, dann wird man mit dem vierten Album der Dead Guitars allerbestens bedient.
Line-up:
Kurt Schmidt (bass)
Carlo van Putten (lead vocals)
Pete Brough (acoustic guitars, background vocals)
Hermann Eugster (drums & percussion)
Ralf Aussem (guitars, loops)

With:
Joachim Broeckers (trumpets, flugelhorn)
Joe Wetzels (trumpets, flugelhorn)
Manni Schmelzer (trombone)
Crystin Fawn (background vocals - #3-5,7)
Lilli Riettiens (background vocals - #1,8,9)
Tracklist
01:Heaven Seven
02:Happy Sad
03:Half Light/Hangout In Heaven
04:I Surrender
05:Bullet Proof
06:Mona Lisa
07:Wooden Head
08:Mandy's House
09:Love Rules
10:Traffic Lane
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