Deep Purple / New, Live & Rare
New, Live & Rare Spielzeit: 71:29
Medium: CD
Label: Sonic Zoom, 2011
Stil: Hard Rock

Review vom 25.12.2011


Holger Ott
Auf den letzten Drücker vor dem Weihnachtsfest gibt es schnell noch eine Entscheidungshilfe. Damit das gesellige Familien-Beisammensein nicht in Trübsal verfällt, hier noch der von mir angekündigte Nachschlag aus dem Hause Deep Purple. Wenn ihr dem Typen, der einmal im Jahr seinen Sack auf dem Rücken spazieren trägt, etwas Gutes hinein stecken möchtet, um anderen oder euch selbst eine Freude zu machen, dann schnell in den nächsten Konsumtempel, um vor Toreschluss die CD "New, Live & Rare" zu erstehen. Die 'Purpurnen' haben wieder einmal tief gebuddelt und ein echtes Goldstück an die Oberfläche befördert. Fast zweiundsiebzig Minuten lang sind die Klassiker aus der Anfangszeit ihrer Laufbahn als Live-Mitschnitte zu hören, und darunter sind einige wahre Raritäten. Nein, nicht etwa Songs, die sonst nie gespielt werden, sondern alles Hits in ihren Bühnen-Urfassungen.
Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1969 bis 1971 zu der Zeit, als der Wechsel von der Mark I- zur Mark II-Besetzung stattfand. So kann man zum Beispiel die Stimmen der Sänger Evans und Gillan sehr gut miteinander vergleichen und hört deutlich, wie experimentierfreudig die Band in der Anfangszeit war. Da wird dann schon einmal der Single-Hit "Wring That Neck" auf fünfzehn Minuten ausgedehnt, oder "Demon's Eye" bekommt gegen Ende einen Einschlag durch "Strange Kind Of Woman". Die Band ist bei allen Aufnahmen in Höchstform, was man leider der Qualität der Songs nicht zusprechen kann. Alles beginnt erst einmal sehr lobenswert mit dem überlangen 'Halsumdreher', den ich noch nie so gut gehört habe.
Im Anschluss daran die Hymne überhaupt, "Child In Time", natürlich von Deep Purple richtig ausgekostet. "Black Night" hingegen nimmt sich im wahrsten Sinne des Wortes eine gewisse Bescheidenheit heraus. Extrem gut gespielt, allerdings mit lächerlichen drei Minuten auf dem letzten Platz der (Längen-)Liste. Bis zu dieser Stelle habe ich das Gefühl, die Band würde in der größten Halle der Welt nur für mich spielen. Der Sound ist klasse und die Musik stürzt mit einem Volumen über mich, dass es mich fast erschlägt. Ich freue mich schon innerlich auf den nächsten Track, ebenfalls einer meiner Lieblingssongs von Deep Purple. "Strange Kind Of Woman" ist angesagt, und verheißungsvolle zehn Minuten und dreißig Sekunden Spieldauer auf dem Backprint lassen mich frohlocken.
Aber leider habe ich mich etwas zu früh gefreut. Der Klang ist ab jetzt grauenvoll. Alles klingt, als ob es in einer Wellblechgarage aufgenommen wäre. Trotzdem ist alles, was in diesem und den nächsten Songs gespielt wird, sehr interessant. Eigentlich kann die CD als Vorläufer des Meisterwerkes "Made In Japan" gewertet werden. "Into The Fire" lassen wir mal als netten Versuch achtlos an den Lauschern vorbei laufen. Das darf als Lückenfüller gewertet werden - soll heißen, mit Abstand der schlechteste Track. "Demon's Eye" kratzt wieder an der Zehn-Minuten-Schallgrenze, und bei genauerem Hinhören ist es eine Mischung aus zwei Songs, wie vorher bereits erwähnt.
Noch einmal, und in fast der gleichen Länge wie zur Eröffnung der CD, wird "Wring That Neck" zum Besten gegeben. Der überforderte Hörer darf sich dann die schönere Version aussuchen. Für mich ist es eindeutig die erste. Abschließend darf man Deep Purple von einer Seite kennen lernen, die den meisten bislang verborgen geblieben ist. "Mandrake Root" reicht extrem weit in den Psycho Rock-Bereich hinein. Teilweise entsteht ein heilloses Durcheinander, und es entsteht das Gefühl, dass jedes Bandmitglied in der vorgegebenen Zeit so viel wie möglich aus seinem Instrument heraus holen muss. Das Stück zählt definitiv nicht zu meinen Favoriten, macht aber die Sammlung der raren Tracks komplett.
Die Scheibe ist eindeutig eine Bereicherung für jede Deep Purple-Sammlung und ihr Geld Wert. Zum Glück war mein Typ mit seinem Sack schon lange vor Weihnachten da und hat sie mir gebracht. Ich freue mich, sie zu besitzen und selbst mir, einem eingefleischten Fan der 'Purpurnen', hat das sehr informative Booklet einige Neuigkeiten beschert. Oder wer wusste, dass Mr. Blackmore mal eine Gitarre vor der Show geklaut worden ist? Der Steckbrief ist im Booklet abgedruckt. Bei wem mag das Teil wohl immer noch zu Hause an der Wand hängen?
Line-up:
Ian Gillan (vocals)
Ron Evans (vocals)
Ian Paice (drums)
Roger Glover (bass)
Nick Simper (bass)
Jon Lord (keyboards)
Ritchie Blackmore (guitar)
Tracklist
01:Wring That Neck
02:Child In Time
03:Black Night
04:Strange Kind Of Woman
05:Into The Fire
06:Demon's Eye
07:Wring That Neck
08:Mandrake Root
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