The Delta Saints / Death Letter Jubilee
Death Letter Jubilee Spielzeit: 45:46
Medium: CD
Label: Dixie Frog, 2012
Stil: Blues/Soul/Roots

Review vom 31.12.2012


Jochen v. Arnim
Kickstarter ist das magische Wort, mit dem seit einiger Zeit immer mehr Bands versuchen, die Produktion einer neuen CD zu finanzieren. Bands, die sich nicht in die Hände eines Labels begeben können/wollen und dort aus eigener Tasche einen Produktionskostenzuschuss abdrücken müssen, fragen die Fans nach einem eben solchen. Mit einer Summe X kann man sich somit vorab finanziell an der Produktion einer Scheibe beteiligen und dabei sogar einen kleinen Bonus mitkaufen. Ein signiertes Exemplar lange vor VÖ, den eigenen Namen in einer Dankesliste oder vielleicht auch nur die Gewissheit, dass mit dieser Hilfe, der Lieblingsband die Gelegenheit zu einer neuen Produktion leichter gemacht wird. Kickstarter ist auch das magische Wort im Falle der 'Heiligen aus dem Delta' mit ihrem Debütalbum "Death Letter Jubilee", das nun nach zwei EPs und einer Live-DVD (2012) zu Beginn des Jahres 2013 erscheinen wird. Die Fans hatten nach dem Erfolg der EPs, "Pray On" (2009) und A Bird Called Angola (2010), ein ordentliches Album eingefordert (wir lassen jetzt mal die Tatsache unberücksichtigt, dass das Label DixieFrog für den europäischen Markt im Jahre 2011 eine Kombination der beiden EPs herausgebracht hat) und waren offensichtlich auch bereit, dafür in Vorleistung zu gehen. Die Rückmeldungen (finanzieller Art) waren überwältigend und die Band setzte sich den hohen Erwartungen gern aus, um einen feinen Erstlingslongplayer zu schaffen.
Was mich schon bei den mir bekannten Scheiben sowie den Live-Auftritten extrem angesprochen hat, zieht sich wie ein roter Faden auch durch das Debüt: Die Delta Saints lassen sich nicht so einfach in eine bestimmte Schublade stecken. Bereits mehrfach angemerkt wurde die Tatsache, dass sie trotz ihres fast jugendlichen Alters keine gecastete Boygroup sind, die einen auf Sumpfmusik machen sollen. Aber, man muss sich das schon mal selber richtig intensiv reinziehen, was da so aus den Köpfen der Jungs entspringt.
Hier gibt es jetzt also eine Langrille, die dazu ausreichend Gelegenheit bietet. Eine gute Dreiviertelstunde haben fünf Musiker aus Nashville, die übrigens das College dorthin verschlagen hatte, zusammengeschmiedet und auf Silber gebrannt. Und sie bringen uns nicht nur traditionelle Blues-Elemente, die den Hörer an einen alten Baumwollpflücker erinnern, der im Sumpf sitzt und vor sich hin weint. Da werden modernere Pop-/Rock- und was weiß ich nicht noch alles für Ingredienzien verarbeitet. Das allein ist natürlich nichts Besonderes, aber wie so oft macht der Ton die Musik, und der ist hier schon ganz schön speziell. "Liar" wird von einem Trommelwirbel eröffnet und schwebt dann irgendwo in ein funkiges, James Brown-artiges Klanggebilde davon, begleitet von einer sehr reduzierten Basslinie, aufgepeppt von einem rockigen Riff, der Slide-Gitarre und schräger Blues Harp. Alle Mann aufwachen! Dagegen wirkt "Chicago" fast schon traditionell, das Tempo ist zurückgenommen, ebenso der Gesang, eingesprengt werden ein paar Bläser und die immer wieder durchklingende Harp. Geschrieben wurde der Song übrigens in der Tat in der Stadt 'on the lake', wo die Band von einem Blizzard getroffen und Frontmann Ben Ringel zu diesen Zeilen inspiriert wurde. Der anschließende Titelsong "Death Letter Jubilee" haut dann so richtig ins Kontor, wechselt die Tempi, soliert auf der Harp, treibt mit den Drums, frohlockt mit einem mehrstimmigen Background-Gesang und wirkt in seiner Vielfalt unglaublich aufregend. Und erneut gibt es einen klanglichen Kontrast mit dem direkt danach folgenden "Jezebel" - Slide und Harp dominieren fast ohne Tempo, während Ringels Stimme fast aus dem Off zu kommen scheint und trotzdem unglaublich präsent ist. Nur ganz pointiert werden einige wenige Percussion-Akzente gesetzt.
Es ist fast schon müßig zu sagen, dass wir unmittelbar danach, und quasi ohne wahrnehmbare Unterbrechung, von "Boogie" in eine völlig andere Klangwelt geworfen werden. Der Titel ist Programm, das Tempo zieht an und Ringels Stimme reißt den Hörer mit. Dazu treiben Gitarre und Mundharmonika unablässig voran - toller Song. Noch ist nicht einmal die Hälfte der Scheibe durchgelaufen und schon ist es für mich klar, dass sich die Jungs mit diesem ersten ordentlichen Album weit mehr als nur eine tolle Visitenkarte erschaffen haben. Man muss schon ein paar Umdrehungen riskieren, bevor sich einem die Gesamtheit der Kreationen voll erschließt. Mit jedem Durchgang entdecke ich neue Komponenten, die aus "Death Letter Jubilee" eine äußerst hörenswerte Platte machen. Und vergesst nicht, das war erst eine Hälfte. Die restlichen Songs bieten ebensoviel Abwechslung und Entdeckungsmöglichkeiten wie der Anfang der CD. Das folgende Zitat trifft nicht nur den Kern der Scheibe, es subsummiert auch die Intentionen der Band vortrefflich: »We wanted people to listen and have an emotional journey similar to the one we had while making it.« Da kann ich nur sagen - Klassenziel erreicht! Und für diejenigen, die es noch nicht mitbekommen haben, sei an dieser Stelle noch einmal der Hinweis auf unsere Tourtermine gestattet: Die Jungs sind ab Ende März für rund zwanzig Shows in erreichbarer Nähe…
Line-up:
Ben Ringel (vocals, guitars)
Greg Hommert (harmonica)
Dylan Fitch (lead/rhythm guitars)
David Supica (bass)
Ben Azzi (drums, percussion)
Tracklist
01:Liar
02:Chicago
03:Death Letter Jubilee
04:Jezebel
05:Boogie
06:Out To Sea
07:Sing To Me
08:Drink It Slow
09:From The Dirt
10:The Devil's Creek
11:River
12:Old Man
13:Jericho
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