Ein kurzer Blick zurück: The Deviants entstanden Ende 1966 im Londoner Stadtteil Notting Hill, waren eigentlich immer schon das Baby des Sängers und Lyrikers Mick Farren und galten als erste Kommunen- und Undergroundband der englischen Hauptstadt. Nach drei Alben verließ der Frontmann die Gruppe (bzw. wurde gefeuert) und nahm in den Siebzigern zwei Soloalben auf, während sich der Rest der Combo in The Pink Fairies umbenannte und ebenfalls Alben veröffentlichte. Farren stellte ab den Achtzigern sporadisch immer wieder mal The Deviants zusammen, was immerhin ein Livealbum aus dem Jahr 1984 abwarf.
Ab Mitte der neunziger Jahre nahmen die beteiligten Hauptpersonen ( Mick Farren und der Gitarrist Andy Colquhoun, die seit etwa 1977/78 zusammen arbeiteten) die Sache jedoch wieder deutlich ernster. 1996 erschien die Scheibe "Eating Jelly With A Heated Fork", gefolgt von dem hier zu besprechenden Album "The Deviants Have Left The Planet", das original im Jahr 1999 erschien. Und die beiden konnten sogar einen prominenten Neuzugang begrüßen, denn niemand geringerer als der (fast) Original- Motörhead-Schlagzeuger Phil 'Philthy Animal' Taylor hatte sich zu seinen alten Kumpels gesellt, um für immerhin sechs der elf Stücke nochmal so richtig die Felle zu verdreschen.
Um die Kritik an dieser Scheibe gleich zu Anfang anzubringen: Die elf Aufnahmen auf "The Deviants Have Left The Planet" sind ein zusammengewürfeltes Potpourri aus Studio- und Liveaufnahmen und ergeben alleine dadurch schon kein wirklich rundes Bild. Der Sound variiert deshalb natürlich etwas und irgendjemand hatte dann auch noch die glorreiche Idee, den (zugegebenermaßen geilen) Deviants-Song "Let's Loot The Supermarket Again Like We Did Last Summer" aus dem Jahr 1968 mit auf die Scheibe zu packen... Vielleicht waren hier aber auch Budget-Gründe (Studiozeit ist bekanntlich teuer) ausschlaggebend, sowohl für die Live-Stücke wie auch den etwa dreißig Jahre alten Titel.
Selbst wenn ich also mal behaupte, dass diese Platte nicht wirklich die beste der Deviants ist, so hat sie dennoch jede Menge zu bieten. Angefangen mit dem etwas panischen "Aztec Calendar", über das geil rockende "Gunfire In The Night" bis hin zu dem ersten Livesong und Bob Dylan-Cover "It's Alright, Ma" (das eher rezitierend als singend zu bluesrockiger Musik gebracht wird), die Band hatte jede Menge Dampf im Allerwertesten und war sehr ambitioniert.
Der Frontmann schimpft und wütet sich durch die Tracks, wenn er nicht gerade am Rezitieren ist. Die Texte kommen sowohl abgefahren ("Love Among The Zombies", "Twilight Of The Gods") wie teilweise auch manisch ("Aztec Calendar", "Memphis Psychosis") rüber, sind meistens allerdings auch mit jeder Menge Spaß und dem so typisch tiefschwarzen englischen Humor (bzw. Sarkasmus) versehen. Nimmt man dazu noch die verrauchte und versoffene Stimme Farrens, dann hat man hier (zum Zeitpunkt des ersten Erscheinens) dreißig Jahre Musiker- und Szeneleben vor Augen und Ohren. Und der Kreis zu Motörhead schließt sich im übrigen dadurch, dass Mick Farren an immerhin zwei Songtexten ("Keep Us On Road" und "Damage Case") dieser Band beteiligt war.
Natürlich muss man ein gewisses Faible für diese Mischung aus Rock, zeitweise Spoken Words (zu unterlegter, gleichgestellter Musik) mit einem Hang zum Punk Rock haben, aber wenn man sich erstmal ein bisschen eingehört hat, kann man dem rauen Charme dieser Tracks kaum entkommen.
In Kürze werden wir euch auch die beiden "The Deviants Have Left The Planet" folgenden Scheiben hier in RockTimes vorstellen, bevor dann leider Feierabend war. Nicht unbedingt mit der Band (die machte weiter, bis Mick Farren am 27. Juli 2013 im Alter von 69 Jahren während eines Konzertes auf der Bühne zusammenbrach und noch in derselben Nacht in einem Krankenhaus verstarb), aber nach 2002 gab es kein Album mehr, das die Band mit neuen Songs präsentierte.
Wer sich für Musik aus dem Leben einer echten Type der Londoner Szene (der Sechziger und Siebziger, bevor er in die USA umsiedelte) interessiert, die auch sehr gut wusste, wie es sich anfühlt, wenn man kein Dach über dem Kopf hat, der sollte hier zuschlagen.
Line-up:
Mick Farren (lead vocals)
Andy Colquhoun (guitars, bass)
Phil Taylor (drums)
With:
Jack Lancaster (saxophone - #2)
Doug Lunn (bass - #2)
Anastasios Tanos (drums - #2)
Adrian Shaw (bass - #4,11)
Andy Ward (drums - #4,11)
Larry Wallis (guitar - #7)
Paul Rudolph (guitar - #7)
Alan Powell (drums - #7)
| Tracklist |
01:Aztec Calendar
02:Gunfire In The Night
03:It's Alright, Ma
04:God's Worst Nightmare
05:People Don't Like Reality
06:Love Among The Zombies
07:Let's Loot The Supermarket Again Like We Did Last Summer
08:Yellow Dog
09:Mick Farren Has Left The Planet
10:Twilight Of The Gods
11:Memphis Psychosis
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