Doc Holliday - 24.06.2011, Bluesgarage, Isernhagen
Support Act: Sir Edward
Bluesgarage
Doc Holliday - Support Act: Sir Edward
Bluesgarage, Isernhagen
24. Juni 2011
Stil: Southern Rock


Artikel vom 30.06.2011


Jürgen Bauerochse
Doc HollidayDie Southern Rocker von Doc Holliday sind in diesem Jahr in aller Munde. Und das nicht ohne Grund, denn die Jungs aus Macon, Georgia, um Mastermind Bruce Brookshire ziehen nach dreißig Jahren einen Schlussstrich unter ihre Karriere, in der sie es immerhin auf zehn Studio-Alben und weit über tausend Auftritte gebracht haben. So war es nicht verwunderlich, dass auch die RockTimes-Redaktion bei mehreren Gastspielen der Band auf dieser Abschiedstour durch Europa dabei war, denn auch wir gehören zu der riesigen Fangemeinde der Gruppe, die vor allem in Good Old Germany immer wieder sehr gerne gesehen wird. Nachdem schon die Shows in Mannheim und im belgischen Verviers beobachtet wurden, war jetzt der Gig in der Bluesgarage dran, in der Doc Holliday schon in den Jahren 2004 und 2006 aufgelaufen waren.
Doc HollidayUnd jedes Mal hatten die Auftritte der Band etwas ganz Besonderes an sich. So erschienen sie vor sieben Jahren in Trio-Besetzung (!) mit Brookshire, Samuelson und Lastinger, was dem verblüfften Publikum eine Show bescherte, deren erste Hälfte aus einem reinen Akustik-Set bestand. Eine Tatsache, die sicherlich auch nicht all zu oft zu hören war. Aber auch der folgende, stromverstärkte Teil war vom Feinsten (Man höre sich nur mal das fantastische "Simple Man" auf dem
ersten Bluesgaragen-Sampler an).
Auch der Auftritt zwei Jahre später stand unter einem besonderen Stern, denn hier wurden Filmaufnahmen für eine geplante Live-DVD mitgeschnitten, auf die wir bis heute noch warten. Aber dafür war Doc Holliday diesmal vollständig auf der Bühne und rockte sich perfekt durch ihre größten Hits.
Doc HollidayMan sieht also, Doc Holliday-Konzerte in Isernhagen hatten immer etwas Besonderes. Was würde also heute auf uns zukommen? Zunächst einmal fehlte Bassist Daniel Ford wegen eines Krankheitsfalles in der Familie. Dafür übernahm Gitarrist John Turner Samuelson die dicken Saiten. Also wieder mal eine Umbesetzung im Line-up, die allerdings schon länger feststand. Aber das war kein Grund zur Sorge, Doc Holliday blieben ihrer Linie eben treu, und bisher konnten sie diese Wechsel immer ohne Probleme verkraften, ohne dass die Qualität ihrer Auftritte darunter litt.
Doc HollidayDoch zunächst betrat die mir völlig unbekannte Band Sir Edward die Bühne der Bluesgarage. Da ich immer ein etwas gestörtes Verhältnis zu solchen Support-Acts habe, werde ich an dieser Stelle nicht näher auf diesen Auftritt eingehen, da ich der Meinung bin, dass man sich bei solchen kurzen Einheizer-Shows kein klares Bild von einer Band machen kann. Näheres zu Sir Edward hat aber der geschätzte Kollege Steve in seinem Bericht vom Mannheimer Konzert angemerkt. Von mir nur so viel dazu: In den dreißig Minuten gab es einige sehr schöne Gitarren-Duelle und etliche Slide-Einlagen bei den straighten Rocksongs. Doch, wie erwartet, brachte das kurze Set keine großen Erkenntnisse, und Sir Edward wurden mit höflichem Applaus verabschiedet.
Doc HollidayDoch kommen wir nun zum Top-Act des Abends. Zunächst bleibt festzustellen, dass die Band mental sehr gut drauf war. Selten habe ich die Musiker so gelöst und locker gesehen, wie an diesem Freitag in Isernhagen. Man sah eigentlich nur lachende Gesichter auf der Bühne, und auch für die Fotografen stellte man sich immer wieder perfekt in Pose, was natürlich von Anfang an für sehr gute Stimmung im Saal sorgte. Das Publikum machte bei dieser Performance perfekt mit und so entwickelte sich ein sehr stimmungsvoller Gig, der auch noch durch einen perfekten Sound unterstützt wurde. Und da die Vier großartige Musiker sind, war handwerklich eine starke Show zu erleben.
Doc HollidayUnd doch konnte mich dieses Konzert nicht voll überzeugen. Der Band gelang es einfach nicht, den so typischen Südstaaten-Sound aus den Boxen zu zaubern. Die fehlende Gitarre konnte nicht vollwertig ersetzt werden, obwohl Eddie Stone an seiner Hammond alles versuchte. Aber auch sein großartiges Spiel war kein Ersatz für den zweiten Sechssaiter.
Ebenfalls schmerzlich vermisst wurde das Slide-Spiel von Bruce Brookshire, der nur äußerst selten mal das Bottleneck überstreifte. Und gerade das war, speziell bei dem Auftritt im Jahr 2004, das Highlight des damaligen Konzertes.
Doc HollidayAuch die Songauswahl war meiner Meinung nach nicht optimal. Es wurde viel zu sehr auf Publikumsreaktionen gesetzt, was natürlich sehr gut mitging und viele Mitklatsch- und Mitsingaktionen produzierte. Doch das ging eindeutig zu Lasten der Songauswahl. So musste das Tribute an Bo Diddley nicht unbedingt sein, und auch die Zugabe "Johnny B. Goode/Route 66" sorgte zwar noch einmal für Bewegung unter den Zuhörern, gab aber von der musikalischen Qualität nicht all zu viel her. Hier hätte ich mir, wenn schon Cover-Versionen, dann wenigstens einen "Statesboro Blues" oder das schon erwähnte "Simple Man" gewünscht, von denen es so geile Fassungen von Doc Holliday gibt.
Doc HollidayDoch natürlich waren die Klassiker der Band auch in diesem Line-up immer noch sehr hörenswert. Songs wie "Last Ride", "Song For The Outlaw" und das geniale "Lonesome Guitar" gehören nach wie vor zu den absolut zeitlosen und großartigen Werken des Southern Rock und sind in jeder Version eine Ohrenweide.
Ganz stark auch das Tribut-Stück "Thunder & Lightning - Into The Night" an den kürzlich verstorbenen Ronnie James Dio. Erstaunlich wie Brookshire die Stimme des kleinen Shouters fast perfekt treffen konnte. Wahrlich eine schöne Variante, um an diesen großartigen Musiker zu erinnern, der ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Doc Holliday pflegte.
Doc HollidayAuch die Gesamtspielzeit des Gigs von fünfundachtzig Minuten (incl. Zugabe) war doch eher unterer Durchschnitt bei Rockkonzerten. Da wäre durchaus noch Luft nach oben gewesen, um sich gebührend von den deutschen Fans zu verabschieden. Und trotzdem möchte ich dieses Konzert nicht missen, denn unter der Prämisse, dass die Band nun tatsächlich aufhört, war es natürlich eine Pflichtübung, sie noch einmal live zu erleben.
Vielleicht bin ich mit einer zu hohen Erwartungshaltung in diesen Abend gegangen, trotzdem bleibt es ein Fakt, dass ich Doc Holliday schon wesentlich stärker erlebt habe.
Line-up:
Bruce Brookshire (vocals, guitar)
Eddie Stone (Hammond XK3c, vocals)
John Turner Samuelson (bass, vocals)
Danny Lastinger (drums)
Externer Link: