Heinz Gerstenmeyer
Der mysteriöse Tod von Jim Morrison
Der mysteriöse Tod von Jim Morrison Heinz Gerstenmeyer
Der mysteriöse Tod von Jim Morrison
Originalausgabe (7. Januar 2009)
256 Seiten, broschiert
24 Farb-Abbildungen, 173 Schwarzweiß-Abbildungen
Medium: Buch
Books on Demand GmbH
ISBN-13: 978-3-8370-6427-8, 17,90 Euro


Review vom 06.04.2009


Ilka Heiser
Was wurde nicht schon alles geschrieben über den mysteriösen Tod von Jim Morrison, was wurde spekuliert, wie er gestorben ist, an was er gestorben ist und ob er überhaupt gestorben ist - ja es wird tatsächlich behauptet, der Lizard King weile noch unter den Lebenden und würde ein geruhsames Leben auf irgendeiner Insel führen. Dazu trugen nicht nur die Fans, sondern auch Freunde und sogar Aussagen seiner ehemaligen Musikerkollegen bei.
Natürlich ließen die wenigen vorliegenden Fakten jede Menge Spekulationen zu, lag doch so manches im Dunkeln. Und als Oliver Stones Film "The Doors" im März 1991 in die Kinos kam, trug dieser auch nicht gerade zur Wahrheitsfindung bei - das Gegenteil war eher der Fall.
Nachdem ich das Buch von Bob Seymore: The End - Der Tod von Jim Morrison durchgelesen hatte, das mit vielen Aufzeichnungen, polizeilichen Dokumenten, Gutachten, Aussagen usw. aufwarten konnte, glaubte ich, nun sei endlich das Ei des Kolumbus gefunden, welches den Tod Morrisons belegt.
Deshalb war ich, als ich nun diese Veröffentlichung von Heinz Gerstenmeyer in die Hand bekam, wirklich voreingenommen: Nichts Neues, alles schon mal irgendwo gelesen, alles in meiner reichhaltigen Büchersammlung über Morrison und die Doors vorhanden.
Gleich vorweg: Ich hab mich eines Besseren belehren lassen müssen, denn was der Autor hier abliefert, hat tatsächlich Hand und Fuß. Selten wurde mit soviel Akribie recherchiert. Noch nie wurden die Ereignisse im Juli '71 in Paris so lückenlos rekonstruiert.
Gerstenmeyer beginnt sein Buch mit dem allseits bekannten Mythos, dass Morrison noch leben könnte und geht diesem in dem Kapitel des "tatsächlichen Verlaufes der Ereignisse vom 2. bis 10. Juli 71" bereits ordentlich an den Kragen.
Mit kriminalistischem Feingespür arbeitet sich der Autor durch Berge von Material. Es werden Aussagen von Freunden und Bekannten gründlich durchleuchtet. Interviews, alte Zeitungsartikel, Akten, Sterbeurkunden und sonstige behördliche Schreiben, ja selbst die polizeilichen Aussagen von Pamela Courson, mit der Jim liiert war sowie von Alain Ronay, einem engen Freund der Beiden, wurden bis ins letzte Detail auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Dabei geht Gerstenmeyer jedem noch so kleinen Widerspruch auf den Grund und weist diesen dem Leser auch nach indem er aufzeigt, wie und durch was dieser entstanden ist oder sein könnte. Die Erklärungen dazu werden als Fußnoten entsprechend notiert.
Denn viele Fragen blieben bisher offen. Zum Beispiel: Warum wurde lediglich Herzversagen diagnostiziert, warum wurde keine Obduktion vorgenommen, warum hält sich, trotz des mittlerweile veröffentlichten Totenscheines nach wie vor hartnäckig das Gerücht, Jim wäre an einer Überdosis Heroin gestorben, obgleich Freunde behaupten, er hätte nie Heroin genommen. Alles Fragen, die den Mythos um einen Tod, der nicht sein darf, schürten.
Interessant ist auch, wie sich der Autor mutig in medizinische Gefilde begibt und anhand sicherer Todeszeichen wie Totenflecken, Totenstarre und Fäulnis den Todeszeitpunkt Morrisons nachzuweisen versucht. Eine wichtige Spur ist dabei die Temperatur des Badewassers beim Auffinden Morrisons durch Pam (Pamela Courson) sowie beim Eintreffen der Polizei und des Arztes. Denn die große, unbeantwortete Frage lautet: Hat Jim noch gelebt, nachdem Pam das Bad betrat, ihn leblos in der Wanne liegen sah mit einem Blutgerinnsel, welches aus der Nase lief und darauf hin ihre Freunde Alain Ronay und Agnes Varda per Telefon um Hilfe bat, da sie kein Französisch sprach? Hat Ronay zu lange gehögert, um Hilfe zu holen? Fragen über Fragen, die in diesem Buch ihre Antwort finden.
Gerstenmeyer liefert punktgenaue Vergleichsmessungen anhand einer Tabelle und zeigt auf, wann Jim die Badewanne bestiegen haben muss, wie lange er darin gelegen hat und wann er gestorben ist. Auf jeden Fall konnte durch diese Recherchen belegt werden, dass tatsächlich zu spät Hilfe geholt wurde.
Ein weiteres Kapitel befasst sich mit dem Schicksal Pamela Coursons nach dem Tod ihres Freundes und Lebenspartners. Erschreckend dabei ist die jahrelang andauernde, gerichtliche Schlammschlacht zwischen ihr und den 'drei überlebenden Doors', wie sich Manzarek, Krieger und Densmore gerne selbst bezeichnen. Obwohl Jim Morrisons Partnerin »dank eines unanfechtbaren Testaments, das auf Jims Anweisung von seinen Rechtsanwälten aufgesetzt wurde«, Alleinerbin ist, verweigert man ihr unter fadenscheinigen Begründungen ihren Anteil. Auch von einem Gericht wurde Morrisons Testament, welches er von seinem langjährigen Rechtsanwalt Max Fink hat aufsetzen lassen, für rechtsgültig erklärt. Dennoch wurde es von den drei Doors angefochten. Dieser Rechtsstreit zog sich über mehrere Jahre hin. Im Januar 1974 einigte man sich endlich - doch zu spät für Pamela. Sie starb am 25. April 1974.
Noch einmal werden Jims letzte Lebensmonate in Paris rekonstruiert, indem seine Band, Manager, Produzenten und Freunde zu Wort kommen. Dabei wird immer wieder deutlich, dass er keine Lust mehr auf das Leben eines Rockstars hatte und sich selbst als Dichter und Poet sah. Er wollte seine Gedichte in einem Buch veröffentlichen und er hatte Visionen, diese auch als Lesung auf eine Platte pressen lassen. Auch dieses Kapitel ist sehr interessant, zumal hier die »wahre Geschichte der sogenannten 'Lost Paris Tapes'« ans Tageslicht kommt.
Natürlich gehört zum Tod, zum Sterben auch ein Begräbnis. Dieses Begräbnis Jim Morrisons fand auf dem Friedhof Père-Lachaise statt.
Einführend erzählt Heinz Gerstenmeyer zu diesem Kapitel die interessante und lesenswerte Geschichte über den wohl bekanntesten Friedhof Frankreichs. Und so erfährt man auch, dass der Star nicht in der Poetenecke, wie immer behauptet wird, sondern im 'Severed Garden' (5. und 6. Division) begraben wurde. Ein Grab, das sehr schlicht gehalten ist. Da ist nichts Pompöses, auch wenn zwischendurch mal eine Büste Jims darauf stand. Es ist ein Grab, das mit einem Absperrgitter versehen wurde, weil es seit 1971 zur Pilgerstätte für Tausende von Fans geworden ist, die ihrem Idol die letzte Ehre erweisen möchten, indem sie Blumen, Kerzen, Liebesbriefe, Bilder, Räucherstäbchen und Gedichte niederlegen. Aber es ist auch ein Grab, das von sogenannten 'Fans', die sich einfach nicht zu benehmen wissen, immer wieder geschändet und mit Graffiti beschmiert wurde und noch wird, die Partys feiern, saufen, bewusstseinserweiternde Mittelchen rauchen und meinen, damit 'ihrem Idol besonders nahe zu kommen'. Eine höchst fragwürdige Heldenverehrung.
Alles in allem habe ich zum ersten Mal ein Buch gelesen, in dem mit ungeheuer viel Sorgfalt die Hintergründe über den Tod des Künstlers recherchiert und analysiert worden sind. Hut ab für das Durchhaltevermögen des Autors, hat er doch über 20 Jahre lang recherchiert, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen. Er zeichnet ein Bild, das uns beweist, dass die meisten Menschen aus dem Umfeld Morrisons lediglich glaubten, die Wahrheit zu wissen, woher auch immer, denn tatsächlich stellt sich diese Annahme im Nachhinein als falsch heraus. Der Mythos 'Morrison lebt' - selbst von den 'Rest-Doors' immer wieder am Glimmen gehalten, zumal sich dieser wahrlich gut vermarkten lies - zerplatzt mit Gerstenmeyers Buch wie eine Seifenblase.
In Frankreich wollte der Rockstar Jim Morrison Ruhe finden, um sich seinen Gedichten widmen zu können. Hier hat er bereits mit 27 Jahren seine endgültige Ruhe gefunden. Mögen seine Fans das endlich begreifen.
Zum Buch selbst: Es liest sich nicht einfach wie eine bloße Aneinanderreihung von Fakten, sondern flüssig und teilweise sogar richtig spannend. Man hat das Gefühl, das Teil nicht mehr aus der Hand legen zu können. Darüber hinaus ist es mit Farb- bzw. Schwarzweiß-Abbildungen aufgelockert. Man findet Fotos von verschiedenen Stätten, Kneipen, Parks, in denen Morrison seine Duftmarke hinterlassen hat. Selbst eine Abbildung des Wohnhauses, in welchem er seine letzten Tage verbrachte, ist zu sehen.
Absolute Kaufempfehlung!
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