The Draytones / Up In My Head
Up In My Head Spielzeit: 32:01
Medium: CD
Label: 1965 Records, 2008
Stil: Garage House/Psychedelic

Review vom 31.08.2008


Grit-Marina Müller
The Who treffen auf The Kinks. Mit dieser ultragroßformatigen Inhaltsangabe auf der Verpackung lockt man natürlich jeden Stammkunden vor das mittlerweile vertraute Marktregal gefeierter Soundrevivals.
Geradezu zwingend schien da wohl auch die Konsequenz der Draytones, sich von einem Label namens 1965 Records lancieren zu lassen. Beide Spielpartner - Band und Plattenfirma - erwachten erst 2006 zum Leben und brechen somit als ziemliche Branchenneulinge ins Geschehen ein.
"Up In My Head" dürfte mit seiner Veröffentlichung im Oktober auf jeden Fall die erste instinktive Punktlandung dieser Geschäftsverbindung werden.
Die Draytones-'Kopfarbeit' beginnt mit der nicht unbedingt nachvollziehbaren Warnung von "Turn It Down". Denn in Gang gesetzt wird an dieser Stelle ein echtes Hochleistungskraftwerk, dessen Betreiber in der klassischen Power-Trio-Formation operieren: Chris (b), Luke (dr) und Speerspitze Gabriel (g,voc) schiesst direkt aus Buenos Aires ein. Sparen wir uns Nachnamen für Mußestunden und drehen mal lieber ordentlich auf, damit das Zeug raus kann! - Das Zeug, das man als bedingungslose Hommage an jeden Townshendig zerfetzten Amplifier einerseits und die übersinnliche Kompositionslehre von Davies & Davies andererseits verstanden wissen will.
Die drei Jungspunde haben ihre Hausaufgaben gemacht. Yardbirds, Pretty Things, Beatles, Who und Kinks - das gesamte royale 'The'-Band-Arsenal wurde studiert, infiltriert, komprimiert und mit Gabriels speziellem Funken südamerikanischen Feuers flambiert. - »Argentinian flag meets Union Jack«, wie das Logo und gleichsam weltübergreifende Credo der Draytones im beiliegenden Empfehlungsschreiben von 1965 Records liebenswert schwärmerisch erklärt wird.
"Turn It Down" startet also entgegen seiner Weissagung senkrecht in Richtung Beatsvillehimmel, um fast nahtlos ins stilgetreu harp-unierte "After All" überzugehen. Treffsicher intoniert ist dieser Doppelschlag als klassischer, ehrerbietender Kniefall vor dem goldenen R&R&R&B-Zeitalter, vollführt in routiniert gekonnter 'noch Fragen?'-Lässigkeit.
'Fab Four' meet Byrds beim melodisch deutlicher segmentierten Höhenflug von "As High As I Can". Und im Kinky Style schrägt sich dann "On The Way" durch die geografische Mitte des Albums. Von Beet zu Beet hüpfen die Draytones leichtfüßig im schillernden Soundgarden einer visionären Ära, wenngleich man sich - bei allem Retro-Glanz - aber nicht ausschließlich über die Copy-Funktion als Erfolgsgaranten des Marken-Instrumentariums der Renaissance identifizieren will.
Überschlagsartig jagt das blitzblanke Beat-Inferno mit Tambourin-verstärkten Becken durch die Rhythm-Section von "Don't Talk To Me" und "I Have To Go". Dazu wird gefetzt, gehetzt, gescreamt, verzerrt und - philharmoniert. Abwechslung ist DAS Programm der UK-Connection mit heißblütigem argentinischen Einschlag. Tempo heißt die Zeiteinheit von 'Speedy Gonzalez' und seinen Co-Sprintern. Als wär' es der ultimative Run zur letzten U-Bahn nach Mitternacht, so rasen die drei Wilden durch ihr ausgeklügeltes Underground-Soundlabyrinth und hinterlassen Staubwolken, denen die Ramones leicht verdutzt hinterherblicken würden.
Schönen, zeitfern inspirierten Psychbeat offeriert "Throwing Stones" noch obendrein. Das Steingut aber ist keine Leihgabe der unsterblichen Grateful Dead sondern selbsterworbenes Wurfmaterial des sympathischen Londoner Gangstertrios, höchst eigenhändig bzw. -stimmig befördert in die mystischen Weiten von Psychedelia.
Die Draytones machen jede Menge Druck, Tempo, Spaß und Laune, arbeiten zudem mit einer hochaufladenden energetischen Wechselspannung, unterbrechen dann auch gern die kampfwütigen Akkord-Schlachten für unerwartet emotionierte polyphon-melodiöse Klangausflüge. Mit der weiteren Reifung wird dieses Vorzeige-Projekt seine überaus traditionellen, seinerzeit wegweisenden rockmusikalischen Elemente im besten Sinne der Worte - und entsprechend resonant - in die, nicht nur hinsichtlich dessen, fast schmerzend farb- und seelenlosere Gegenwart transferieren können.
Tracklist
01:Turn It Down
02:After All
03:Heart Shaped Line
04:As High As I Can
05:On The Way
06:Don't Talk Me
07:Summer's Arrived
08:I Have To Go
09:Throwing Stones
10:Flowers On The Bridge
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