Drecksau / Brecher
Brecher Spielzeit: 44:07
Medium: CD
Label: Metal Mind Productions, 2008 (1998)
Stil: Doomcore


Review vom 02.08.2008


Andrea Groh
Drecksau - das ist ein Bandname, bei dem so einige erst einmal irritiert blicken und fragen, wie man denn eine Band so nennen kann. Hieße die Band "Filth Pig", würde niemand diese Frage stellen - oder? Wie oft kommen in englischen Namen oder Plattentiteln Begriffe wie "Filth", "Dirt" oder "Sleazy" vor? Es wird gerne mal damit kokettiert, dreckig und schmutzig zu sein. Dies gilt insbesondere für Bands und Musikstile aus dem amerikanischen Süden. Drecksau kombinieren diesen Einfluss mit harter deutscher Musik - um dies auszudrücken, wählten sie den deutschen Begriff, der für die anglizistisch geprägten Ohren erst einmal seltsam klingt, aber genauer betrachtet eine clevere Symbolisierung ihrer Verknüpfung zweier Welten ist.
Im Allgemeinen werden Drecksau jedoch als Doomcore eingestuft, eine Mischung aus Doom Metal und Hardore, also vorwiegend langsam, manchmal mit Geschwindigkeitsausbrüchen, meist rauh und aggressiv. Vorbilder hierzu sind Crowbar, Carnivore (die beiden legendären LPs wurden übrigens auch von Metal Mind Productions Re-released), deren Nachfolger Type O Negative. Auf der deutschen Seite Eisenvater und Totenmond. Unter dem Einfluss all dieser Bands, wurden Drecksau 1996 in Nürnberg gegründet, die allerdings meistens doomiger, sprich langsamer als die genannten agieren. Ein Jahr später erschien ihr Demo "Schänder", das sie in nur drei Tagen aufgenommen hatten, was die Aufmerksamkeit des Labels GSM Records weckte, doch schließlich unterschrieb man einen Vertrag bei den doch deutlich größeren Nuclear Blast.
Am 26.10.1998 erschien dann dort das Debüt "Brecher", das von Andy Classen produziert wurde (Ex-Holy Moses und mittlerweile in diesem Sektor sehr bekannt und erfolgreich) und welches mir hier nun als Neuauflage vorliegt. Es enthält 13 Songs, die bis auf das kurze Stück "Grey Suit" alle deutsche Texte haben, welche nicht von Partys oder Blümchen handeln. Das hätte bei diesem Bandnamen auch niemand ernsthaft erwartet. Die Lyrics sind wie die Musik, kalt, hart und rau, selbst wenn es um Gefühle geht. Es gibt auch ein Statement gegen Rechts (in der Dankesliste und im Text von "Hetzer"), was für eine deutsche Band, die ihre Muttersprache benutzt leider notwendig ist, insbesondere wenn nicht alle Musiker langhaarig sind, damit da erst gar keine Verdächtigungen aufkommen.
Dennoch machen Drecksau keine Gefangenen. Nach dem als Intro dienenden "Kreuzgang" öffnet sich "Der Schlund" und verschlingt die Hörer, es geht hinein in eine finster-fiese Welt voller Zorn, Verzweiflung und aggressiver Attacken. Abstoßend und kraftvoll faszinierend gleichzeitig, wie ein chaotischer Ritt auf einer wild gewordenen (Dreck-)sau. Natürlich sollte man schon Begeisterung für oben genannte Bands und Musikrichtungen mitbringen, um die Reise genießen zu können. Aufgelockert wird das Ganze durch Tonsequenzen aus den Filmen "Kaminski", "Der Totmacher" und "Das Boot".
Obwohl ganz sicher nicht massenkompatibel, gab es doch einige Begeisterung und Käufer, während andere die Band hassten. Wie es mit der Truppe weiterging siehe hier. Nun bringt das polnische Label Metal Mind Productions, die sich schon einiger vergleichbaren Bands angenommen hatten, das Re-release, wie immer auf goldener Disk, limitiert auf durchnummerierte 2000 Stück und aufwendigem Booklet mit Texten, Fotos und History. Leider gibt es hier kein Bonusmaterial.
Line-up:
Scherer (Gitarre, Stimme)
Seitz (Bass)
Friedmann (Schlagwerk)
Tracklist
01:Kreuzgang (2:04)
02:Der Schlund (2:32)
03:Keiler (2:37)
04:Salz (3:35)
05:Schänder (3:50)
06:Hetzer (1:15)
07:Furcht (3:34)
08:Tränennacht (4:13)
09:Grey Suit (0:59)
10:Brecher (4:08)
11:Der Sohn (3:38)
12:Tief in mir (4:07)
13:Endlager (6:46)
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