The Dukes Of September / Live At Lincoln Center
Live At Lincoln Center Spielzeit: 93:10
Medium: DVD
DVD-Technik:
Video: Widescreen 16:9
Audio: 5.1 Surround, Stereo PCM
Label: 429 Records, 2014
Stil: Blue-Eyed Soul, Smooth Jazz

Review vom 31.03.2014


Steve Braun
Es ist wieder Supergroup-Zeit - mal wieder... Beileibe nicht jeder Musikfreund lässt sich von dieser Ankündigung noch hinter dem warmen Ofen hervorlocken. Zumindest im Fall der Dukes Of September sollte man seine Strategie noch einmal überdenken, denn die drei in Ehren ergrauten Herren zählen zu den ganz großen Stimmen im 'Weißen Soul'!
Die Rede ist von Donald Fagen, der Stimme von Steely Dan, Michael McDonald, der alles andere als unumstrittene zeitweilige Sänger der Doobie Brothers und natürlich von dem vielleicht in der Breite etwas weniger bekannten Boz Scaggs. Gut, der kam eigentlich vom Blues (wohin er aktuell teilweise zurückgekehrt ist), aber in seinen Heydays (mit dem Megaseller "Silk Degrees"!!) war er fraglos einer der großen 'weißen' Soulsänger - zumindest in den US. Allesamt Gründe genug, um die 'Rhythm Revue' betitelte Tour der Dukes Of September zu einem komplett ausverkauften Erfolg zu machen.
Die Dukes Of September sind quasi eine Reinkarnation der New York Rock And Soul Revue - ein All-Star-Projekt, das in den Jahren von 1989 bis 1992 die drei Sänger mit einer illustren Truppe - u. a. Musiker von den Rascals und Steely Dan zusammenbrachte. Einige Kenner werden sicherlich im Besitz des einzigen Live-Albums (von 1991) der NYRSR sein.
Im Rahmen dieses Konzertes spielen Fagen, McDonald und Scaggs neben ihrem eigenen Material zwei Stücke aus McDonalds Phase bei den Doobies und vor allem natürlich einige der größten Steely Dan-Klassiker, die vom Publikum frenetisch mit Standing Ovations abgefeiert werden. Aber natürlich nur die, die in den soulig-jazzigen Rahmen dieser 'Rhythm Revue' passen, womit "Do It Again" - mein Favorit - außen vor bleiben muss.
Obendrein bringen die Dukes - wie Fagen es eingangs erklärend benennt - »Songs, die uns maßgeblich beeinflusst haben«: Otis Reddings "Sweet Soul Music", Muddy Waters' "The Same Thing", Mr. Duck Walks "You Never Can Tell", "Who's That Lady?" von den Isley Bothers oder das von James Brown entliehene (rattenscharfe) Konzert-Intro.
Blank poliert wie das Tafelsilber der Musikhistorie (diese scherzhafte Anspielung auf die ergraute Haarpracht sei mir gestattet) präsentieren sich die Gesangseinlagen der Herren Fagen/McDonald. 'White Lightning' McDonald intoniert seinen charismatischen Bariton mit dem wohlbekannten Anflug schmerzlicher Verzweiflung und läuft schließlich bei dem grandiosen Duett mit Monet Owens zum Doobie-Klassiker "Takin' It To The Street" zu meisterlicher Höchstform auf. Im Gegensatz dazu ist Donald Fagens Stimme etwas brüchiger, rauer geworden, was ihn nicht hindert, die Steely Dan-Evergrens zu den Klängen eines Steinwayflügels mustergültig neu aufleben zu lassen.
Die Lightshow ist eher weniger effektheischend, sondern unterstreicht geschmackvoll den manchmal einen Hauch 'unterkühlt' wirkenden Smooth Jazz der Dukes Of September. Genau hier liegt für mein Empfinden der Hund in der Pfanne: Der Blue-Eyed Soul des Duos Fagen/McDonald klingt mir zu akademisch-steril. Wenn nicht die Bläsersektion nahezu jeden Song sehr dynamisch voran schieben, die beiden Sängerinnen (hier vor allem Monet Owens' Power-Organ) wärmende Farbtupfer setzen würden, dann klänge das mit Hits nur so gespickte Repertoire leicht seelenlos. Einzig Boz Scaggs bricht das mit seinen gelegentlichen bluesigen Einlagen und der sehr angenehm-'unperfekt' schnarrenden Stimme wohltuend auf.
Gerade die gesamte, ganz exquisit spielende Truppe im Rücken der Herren Fagen, McDonald und Scaggs hinterlässt im ausverkauften David H. Koch Theatre des New Yorker Lincoln Centers wie auf dieser DVD einen sehr positiven Eindruck. Eine herausragende Stellung nimmt hier der großartige Jon Herington ein, seines Zeichens derzeitiger Leadgitarrist von Steely Dan. Nahezu jedes Solo wird in überaus einfühlsamer Weise in den jeweiligen Kontext verwoben - seien es glutvoller Soul, kühler Jazz Rock oder gelegentlich, wenn Scaggs 'Leine bekommt', auch mal Blues. Hierbei zeigt Herington, dass er auch vortrefflich mit dem silbernen Bottleneck-Röhrchen umzugehen versteht.
"Live At Lincoln Center" bietet geschliffen-elegante musikalische Unterhaltung an der Grenze zur Perfektion - allerdings wohl nur für die Zielgruppe Ü50, was auch die zahlreichen Kameraschwenks ins New Yorker Publikum unterstreichen. Dass Perfektion oft auch mit einer gewissen Sterilität einhergeht, wird diese sicherlich zu verschmerzen wissen.
Bild- und Tonqualität der mir vorliegenden DVD (das Konzert gibt es natürlich auch auf Blu-ray) lassen ebenfalls kaum Wünsche offen. Bonusmaterial ist dagegen leider Fehlanzeige - hier hätte man sich durchaus Interviewsequenzen mit den drei 'Hauptdarstellern' der Dukes Of September vorstellen können.
Trotzdem: Unterm Strich bleibt ein für 'Rock-Grufties' überaus sehenswertes Konzert mit einem Trio Fagen/McDonald/Scaggs in beachtlicher 'Spätform' und einer exzellenten Begleitband, die den Altstars sprichwörtlich 'Beine macht'.
Line-up:
Donald Fagen (lead vocals, Steinway grand piano, melodica - #12)
Michael 'White Lightnin' McDonald (lead vocals, e-piano, accordion - #8)
Boz Scaggs (lead vocals, guitar)

Jon Herington (guitar)
Michael Leonhart (trumpet)
Walt Weiskopf (tenor saxophone, flute)
Jay Collins (baritone saxophone, flute)
Jim Beard (piano)
Freddie Washington (bass)
Shannon Forrest (drums)
Monet Owens (background vocals, lead vocals - #14)
Carolyn Leonhart (background vocals)
Tracklist
01:People Get Up And Drive Your Funky Soul
02:Who's That Lady
03:Sweet Soul Music
04:I Keep Forgettin'
05:Kid Charlemagne
06:The Same Thing
07:Miss Sun
08:You Never Can Tell
09:What A Fool Believes
10:Hey Nineteen
11:Love T.K.O.
12:Peg
13:Lowdown
14:Takin' It To The Streets
15:Reelin' In The Years
16:Lido Shuffle
17:Pretzel Logic
18:Them Changes
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