Eaten By Sheiks / Bold
Bold Spielzeit: 40:03
Medium: CD
Label: Ragaprong Records, 2008
Stil: Indie Rock

Review vom 27.07.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Eaten By Sheiks machen ganz starke Rock-Musik und kommen aus dem Norden Deutschlands, genauer aus St. Pauli.
Das Quartett ist, zumindest Konserven-technisch seit 1997 aktiv. In dem Jahr erschien ihre erste LP "In My Head" und mit "Bold" sind die Männer mittlerweile bei ihrer siebten Platte angelangt.
Folglich kann man den Sheiks schon eine gute Portion Erfahrung attestieren und sie sind wahrlich keine Newcomer mehr.
Der Album-Titel konnte wohl nicht treffender gewählt werden. Bold heißt soviel wie frech, mutig, schwungvoll oder auch fett gedruckt.
Richtig, besonders mit dem Begriff 'fett' kann sich der Rezensent auf besondere Weise anfreunden, denn die Gitarren kommen voll fett. So satt, wie nach einem opulenten, gut bürgerlichen Mahl, in dessen Folge man schon einmal einen Digestiv (oder auch zwei) vertragen kann, ohne sich das Essen fettig reden zu wollen.
Hölle, legen diese Musiker los… haben die einen Beat… können die grooven.
Die Rhythmus-Abteilung, Gomez (bass) und Helge Warnecke (drums) machen auch in Backing Vocals und die bestehen nicht nur aus Uhs und Ahs ("4-xtra"), sondern bilden eine sehr gute Ergänzung zu Ricardo Cortez' Gesang, der auch noch in kecker Art und Weise überzeugen kann.
Cortez ist zusammen mit Jürgen Ufer für die verwegenen Gitarren-Sounds und dreisten Soli zuständig. Da wird, mit feinen Nuancierungen, auch mal gemeinsam soliert ("I Feel Bold").
Produktions-technisch hat man die Platte in die Hände von Gregor Henning gegeben und auch selber an den Reglern gesessen. Gemeinsam wurde der Scheibe ein packenden Sound verpasst und die 40 Minuten klingen herrlich analog sowie live.
Natürlich gibt es nicht nur schwungvoll Rockendes auf die Horchlappen.
Wenn es besinnlich wird, greift man auch schon einmal zur akustischen Gitarre und lädt sich Gäste ins Studio ein. Anne-Sophie Mundt und Holger Phillipsen sind für die deliziösen Strings in "My Green Is A Shame" zuständig und obendrauf spielt Hans Jürgen Osmer Piano. Ein nur mit der Akustischen sowie Gesang eröffneter Track transformiert mit zunehmender Spielzeit, und das sind immerhin fünfeinhalb Minuten, zu einer beklemmenden Dramatik. Da muss zwangsläufig die elektrisch verstärkte Gitarre eingreifen und perfekt untermauern die Streicher-Elemente die Szenerie. Das sind keine aus der Tiefkühltruhe kommenden Emotionen.
Die Eaten By Sheiks, wer ist bloß auf diesen Namen gekommen, kann man sich aber auch voll gut merken, Rock-Maschine macht nach dem Hören der Platte kein bisschen den Eindruck, als würde sie in die Knie gehen.
Das ist eher beim Hörer der Fall, der sich nach dem zehnten Song, einem mit punkigen Anteilen versehenen "Lucky Mechanical" auf die Bein-Gelenke begibt.
Das ohne Booklet daher kommende Digipack hat auf der Innenseite eine gemalte Fratze, die sehr stark an die von King Crimsons "In The Court Of The Crimson King" erinnert. Unterschied: Die weit geöffneten Augen starren einen an. Bezüge zur Musik: Null.
In rhythmischer Vielfältigkeit hat man herrliche Melodien verpackt. Tristesse scheinen die Sheiks nicht zu kennen. Immer wieder brechen solierende Gitarren ins Geschehen ein und die Tracks sind schön eingängig. Geschickt schaltet das Quartett im Getriebe ihres musikalischen Motors hin und her. Die Nummern sind taktisch aufgelockert und hat man sich gerade in ein Stück hineinversetzt, macht die Truppe eine Kehrwendung und versieht die Nummer mit einem Break oder einer anderen Geschwindigkeit, sodass für ausreichend Überraschungs-Aspekte gesorgt wird.
Im aufgewühlten Rocker "Touched" singt Cortez, wie es dem Hörer bei ihrer Musik geht: »I wanna be touched…« Richtig, "Bold" geht einem an die Wäsche und schleicht sich auch unter die Textilien.
Refrains zum Mitsingen und Mucke Kopf- und Fußwippen-Effekten. Besondern Charme hat "Your Eyes", ein hypnotisches Midtempo-Stück, das aus den nicht beleuchteten Keller-Gewölben empor steigt. Herz, was willst du mehr.
Selbst so ein kurzes Stück wie "Bong!" geht unter die Haut. Phasenweise lässt Gomez seinen Bass abgrundtief klingen und zwischendrin bohrt sich kurz Piano-Geklimper durch die Gitarren-Wand.
Eaten By Sheiks rocken sich ganz gepflegt den Arsch ab und diese Gruppe aus St. Pauli sollte man für die Zukunft nicht aus den Augen verlieren.
"Bold"… klasse Album mit tollen Songs und live, so kann man sich vorstellen, geht die Post genauso ab, wie in diesen zehn Tracks. Mit besonders guter Laune gehen 8 von 10 RockTimes-Uhren an die Alster.
Line-up:
Ricardo Cortez (guitar, vocals)
Jürgen Ufer (guitar)
Gomez (bass, piano,backing vocals)
With:
Hans Jürgen Osmer (piano - #9)
Anne-Sophie Mundt (strings - #9)
Holger Phillipsen (strings - #9)
Patricia v. Hahn (vocals - #6)
Tracklist
01:4-xtra (2:11)
02:I Feel Bold (3:55)
03:Touched (3:30)
04:Can't Beat Them (3:42)
05:What You See (4:51)
06:Why Don't You? (5:25)
07:Your Eyes (3:58)
08:Bong! (2:56)
09:My Green Is A Shame (5:36)
10:Lucky Me Chanical (3:58)
Externe Links: