Electric 69 / Same
Same Spielzeit: 34:46
Medium: CD
Label: Go Down Records, 2008
Stil: Rock

Review vom 24.12.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Teufelszeug... welch ein göttlicher Lärm aus des Stiefels Norden.
Das Cover müsste einen Aufkleber mit Gefahr-Hinweisen haben: 'explosionsgefährlich' sowie 'hochentzündlich'!
Das Quintett ist ein Hammer!
Die machen Rock-Musik mit Anleihen aus den Siebzigerjahren und das mit einer Hingabe, dass es die Kinnlade in Richtung Boden treibt. Electric 69 kennen nur eine Richtung... mit schmutzig-fetten Riffs und einem vehementen Bums immer nach vorne.
In ihrem Gift-Laboratorium haben sie nur die edelsten Zutaten (Blues, Stoner- und Southern Rock) in die Vorlage gegeben und dann hat man alles auf Siedetemperatur erhitzt, um ein eigenes Süppchen daraus zu kochen. Auf diesem Fundament lernt die Kuh fliegen und der Maulwurf begibt sich in seinem Bau auf die Suche nach Frischluft.
So viel Dreck kann man gar nicht unter den Fingernägeln haben, den der Fünfer ihren Songs einflößt.
Von der ersten Sekunde an herrscht Hochstimmung vor den Boxen und die Gitarristen Maury Capra sowie Mauro Ramozzi (merkt euch diese Namen) schöpfen aus einem riesigen Riff-Fass. Capra ist ein umwerfend guter Vorsänger und bereits im Rock'n'rolligen Opener lassen die Backing Vocals der Kollegen keine Wünsche offen. Breaks, Hooklines... es stimmt schon im "Over And Over" alles. Ein Chuck Berry-Solo schließt Freundschaft mit der riffenden Gitarre aus den siebziger Jahren. Selten wurde der Rock'n'Roll so klasse aus den Startlöchern auf eine Kurzstrecke geschickt.
War es in der Eröffnung das Wah Wah-Pedal, sind es im folgenden die gedoppelten Gitarren, welche den Hörer aus den Schuhen hauen. Und dann ist da, wie aus dem Nichts das Keyboard. Die Aufsässigkeit der 70er-Jugend hat nachträglich eine Hymne geschenkt bekommen, die auf den Namen "Love Reducer" hört. Das, was einem da auf die Ohren kommt, verarbeiten die Männer auch noch im Text:
»This is Rock'n'Roll
Exploding in my veins
Sonic celebration
Blowing me away!«

Mich auch, Herrschaften! Diese Combo schafft es, einen kirre im Kopp zu machen.
Electric 69 haben die Anziehungskraft eines Elektro-Magneten und die fünfköpfige Mannschaft setzt die Rechte-Hand-Regel außer Kraft. Ihr Rock macht die Richtung der Feldlinien völlig unkontrollierbar.
Der "Downtown Boogie" hat keinen Ausgang, man ist gefangen im Käfig der Gitarren. Von außen verführt einen die Hammond und Drummer Steve Bosso sowie Eddie Laino (Bass) versetzen die nackten Füße in 'good vibrations'.
Selbst solch ein kurzer Vulkan-Ausbruch wie "Lazy Rope" kennt keine Gnade für die Lauscher. Rechts 'ne Gitarre, links kontert 'ne zweite... gemeinsam sind wir stark und obendrauf packen die beiden Sechssaiter-Helden der Unterwelt knackige Soli. Das sind Operationen am offenen Rocker-Herz.
Mit seiner groovig-psychedelischen Einlage hat "Cherry Rolling Down The Window" das Zeug für einen verteufelt guten Live-Jam auf der Bühne. Dessen nicht genug bläst Gast Claudio Guida noch ein Chili-Saxofon obendrauf.
Wo liegt die Stadt der Sünde? Bestimmt nicht in Italien, sondern eher in einem staubigen amerikanischen Desert. Man wird stante pede ein Fan dieser "Sin City". Nach jedem Track wartet man förmlich darauf, mit welcher Überraschung die Jungs im nächsten Song um die Ecke kommen. Viele gab es schon, allerdings haben sie sich das unerwartete Geschenk bis zuletzt aufgehoben.
Der Keyboarder bleibt bei seinem Arbeitsgerät, die anderen Musiker wechseln zu akustischen Instrumenten oder Percussion und einer streift das Bottleneck über. Man zelebiert eine unerwartet ruhige Blues-orientierte Ballade.
Dann ist leider schon Schluss mit dem Gebräu aus naturreinen Zutaten. Electric 69 hat die Show im Kasten und verursacht Spaß in Dosen. Eine späte Empfehlung im Jahr, für alle, die sich der Rock'n'Roll-Leidenschaft hingeben und hier wahrlich nicht enttäuscht werden.
Line-up:
Maury 'Wood' Capra (lead vocals, guitar)
Steve 'B' Bosso (drums, percussion, backing vocals)
Mauro 'Gif' Ramozzi (guitars, backing vocals)
Eddie 'Bullet' Laino (bass, backing vocals)
'Don Luke' Schiuma (Rhodes, Hammond)

Guest:
Claudio 'Sax' Guida (tenor saxophone - #7)
Tracklist
01:Over And Over (3:23)
02:Love Reducer (4:16)
03:Downtown Boogie (3:37)
04:Dance All Night (3:55)
05:Ain't No Waiting For (4:25)
06:Lazy Rope (2:44)
07:Cherry Rolling Down The Window (4:14)
08:Sin City (5:18)
09:Northern Swamps (2:44)
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