Enero / Hangin' Around
Hangin' Around Spielzeit: 61:31
Medium: CD
Label: Tam Recordings, 2014
Stil: Alternative Rock

Review vom 08.05.2015


René Francke
Eine junge, aufstrebende Alternative Rock-Band namens Enero (Span. Januar) aus Zwickau hat dieser Tage ihr zweites Langspielalbum auf den Markt geworfen. Der Titel des neuen Silberlings: "Hangin' Around". Und wenn die vier Jungs Christian Nötzold (Gesang), Michael Nötzold (Schlagzeug), Christopher Reissmann (Gitarre) und Robert Pursche (Bass) mal nicht im Proberaum oder Studio abhängen, beschallen sie seit ihrer Gründung 2009 die Ohren interessierter Hörer auf dem ein oder anderen Stadtfest oder Open Air ihrer Region.
Nach ihrem Debüt "A Matter of Joy and Sadness", das im Frühjahr 2012 herauskam und mit über 64 Minuten eine gewisse Überlänge erahnen lässt, veröffentlichte die Band noch im selben Jahr eine EP mit dem Titel "Tree of Life". An der im April dieses Jahres erschienenen Platte "Hangin' Around" schraubte und feilte die vierköpfige Combo aus Sachsen nach eigenen Angaben zwei Jahre lang. Herausgekommen sind 16 Songs mit einer Gesamtspielzeit von über 60 Minuten - hier wird die Langspielplatte ihrem Namen noch gerecht. Nur stellt sich mir eingangs die Frage: Ist das nicht etwas zu lang für eine CD einer noch relativ unbekannten Künstlergruppe?
Eröffnet wird die CD mit dem Stück "Gimme That", einem durchaus spritzig-groovenden Midtempo-Song mit einem drängend-eingängigen Refrain. Beim ersten Anhören erinnert mich die Stimme des Sängers Christian Nötzold sehr stark an die des Frontmanns Benjamin Kowalewicz von Billy Talent. Was sofort auffällt: Es handelt sich hier um keine übermäßig ausgeschmückte Bombast-Produktion, sondern um sauber strukturierte Klangaufnahmen, in denen die klassische Gitarre-Bass-Schlagzeug-Kombi und Gesang ausbalanciert erdige Songfundamente schaffen.
Das Intro-Riff von "I Don't See" könnte genauso gut von Angus Young stammen. Doch was folgt ist ein insgesamt sedativ wirkender Song, der wenig Überraschendes bietet. Zu Beginn von Stück No. 3 "Forgiven" habe ich zunächst das Gefühl, dass sich dieser dröge Sound fortsetzen würde, doch dann warten die vier Zwickauer mit einem wesentlich frischeren und druckvolleren Ohrwurmrefrain auf.
Das anschließende "Let's Go Dance", ist - wie der Titel schon verrät - eine Tanznummer. Und diese Intention wird u. a. durch den Einsatz der geöffneten Hi-Hat auf den unbetonten Zählzeiten und das Schließen auf den betonten Zählzeiten von der Band wirkungsvoll umgesetzt - der Sound von Kraftklub lässt grüßen. Andere Anleihen aus dem Twist ("Everyday I Fall In Love With You In D-Minor") oder dem Funk à la Red Hot Chili Peppers ("Feel No Home", "Why?!", "Sexy Lover") sorgen für zeitweilige Auflockerung vom stetig geradlinigen Alternative Rock. Wiederum andere Lieder wie die Balladen "The Best" und "Hello, This Is Goodbye" sind darum bemüht, genügend Ausgewogenheit und Abwechslung zu bieten.
Was den eingangs erwähnten sauber strukturierten Klangaufnahmen aber fast durchweg fehlt ist ein wirklicher Aha-Moment; eine Nummer, die alle Hemmungen und Skepsis bei mir als Hörer hinwegfegt und mich derartig mitreißt, dass mir unwillkürlich ein 'Wow!' entfährt - sei es durch einen schmissigen Rocksong oder durch eine gefühlvolle Ballade. Die Platte ist wie eine Geschichte, bei der der Erzähler ins Palavern gerät und partout nicht auf den Punkt kommt. Im schlimmsten Fall langweilt das den Hörer schnell. Einige Stücke hätte die Band guten Gewissens ganz rauslassen können ("I Don't See", "The Best"), andere gehaltreich eindampfen sollen ("High Lane", "Rock'N'Roll Suicide", "Night Falls"). Die Jungs von Enero machen ihre Sache insgesamt ja nicht schlecht und geben sich hörbar Mühe; Songs wie "Gimme That", "Everday I Fall in Love …" oder "Rock'N'Roll Suicide" bergen durchaus Hitpotential in sich. Aber unterm Strich heben sie sich mit ihrem Sound leider auch nicht ab von den unzähligen Bands dieses Genres. So ist dieses Werk von Enero nur eins unter vielen ähnlicher Couleur, ohne besondere Merkmale, die aus der Masse herausragen.
Line-up:
Christian Nötzold (vocals)
Christopher Reissmann (guitars, percussion)
Thorsten Winkler (guitar)
Robert Pursche (bass)
Michael Nötzold (drums, percussion)

Additional musicians:
Alexander Tscholakov (percussion)
Martin Kallnischkies (trumpet - #13)
Alexander Rudzinski (vocals - #12)

Tracklist
01:Gimme That
02:I Don't See
03:Forgiven
04:Let'S Go Dance
05:High Above
06:Everyday I Fall In Love With You In D-Minor
07:Feel No Home
08:The Best
09:High Lane
10:Rock'N'Roll Suicide
11:Hello, This Is Goodbye
12:Why?!
13:No Words
14:Sexy Lover
15:Night Falls
16:Caught In A Miracle
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