Etepetete / Extrageil
Extrageil Spielzeit: 40:39
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Deutsch Rock

Review vom 03.12.2010


Mike Kempf
Etepetete? Diese Redewendung kommt mir aus meiner Halbstarken-Zeit bekannt vor und ist eine typische Berliner Floskel. So nannten wir früher Schulkameraden, die aus einem schniecken Haushalt stammten, die irgendwie verwöhnt, sensibel, zimperlich oder einfach als piekfeine Schnösel daherkamen. In der Tat stammt die Band aus Berlin und findet ihr Debüt-Album einfach nur "Extrageil".
Ich hingegen finde Extrabreit richtig geil. Ob aber meine Landsleute an die Hagener Kultband herankommen, wird sich in den nächsten guten vierzig Minuten zeigen. "Inge Goes To Hollywood" heißt ihr Opener und widerspricht ihrem seriös wirkenden Cover, auf dem sie sich frischgestriegelt an einer Kaffeetafel genüsslich laben. Richtig artig wirken sie da, während die Platte mit schonungslosem Deutsch Rock, gespickt mit reichlich Punkanleihen, dem Konsumenten ums Hirn ballert. Auch "Rotlicht Rene" ist kein Kind von Traurigkeit und offenbart puren unverfälschten Rock der härteren Gangart. Dabei spielt es keine Rolle, dass Gesangskanone Pauli nie einen Kinderchor besuchte oder gar Gesangsunterricht genoss. Ich verwette meinen Allerwertesten, dass er eher reichlich Nikotinstäbchen inhaliert, die er wahrscheinlich mit ein paar Tassen gesunden Gerstensaft nachspült. Ich sag's mal so: Der Mann hat richtige Eier, ob es aber jedem gefällt, ist eh reine Geschmackssache. Wie dem auch sei, an der Gitarre lässt er das ein oder andere gute Solo erklingen und setzt an seinem Sechssaiter so manches Ausrufezeichen. Ansonsten wird an den Stromklampfen gnadenlos geschrammelt, bestens unterstützt vom 'Haudrauf'-Experten Baron und Basszupfer Magger.
"Generation Suff", "Extrageil" und, man höre und staune, die 'Ballade' "Tüpfelchen auf dem i-Punkt" sind meine persönlichen Highlights. Wobei hier der Begriff 'Ballade' mit Vorsicht zu genießen ist. Bitte mal reinschnuppern, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Ein weiteres Plus der Combo ist, dass sie ihr Textgut zwar im schnodderhaften Deutsch vorträgt, trotzdem mit witzigen, anspruchsvollen Inhalt zu überzeugen weiß. Es ist ein Album, das ich mir mehrmals anhöre, immer mehr Details entdeckend und das mir letztlich immer besser gefällt. Schlussfolgernd wird dem Konsumenten eine geballte Ladung Rockpower geboten, die aus allen Ecken dampft und unaufhaltsam alles niederwalzt, was sich ihr in den Weg stellt. Liebhaber, die sich gern mal einen Rockmusik-Arschtritt verpassen lassen, kommen an diesem Album kaum vorbei. Fans, die es lieber seriös mögen, sollten ihren Apothekerschrank griffbereit haben, vorausgesetzt, dass dieser mit Reanimationspillen bestückt ist.
Um mal so erfolgreich zu agieren wie die Extrabreiten, ist es sicherlich noch ein steiniger Weg. Doch mit ihrem eigenen Slogan 'einmalmusikmiteiernbitte', der absolut treffend ist, haben sie sich schon mal ein gesundes Fundament geschaffen, um künftig für Furore zu sorgen.
Line-up:
Pauli Microwitsch (Gesang, Gitarre)
Murphy (Gitarre, Gesang)
Magger (Bass, Gesang)
Baron (Schlagzeug, Gesang)
Tracklist
01:Ingo Goes To Hollywood
02:Rotlicht Rene
03:Generation Suff
04:Extrageil
05:Was denkst denn du?
06:Tüpfelchen auf dem i-Punkt
07:Die Kunst, sich den Abend zu vergolden
08:In meiner Welt
09:Lachsiger Lurch
10:Paulini hat Urlaub
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