Arrow Rock Festival / 15.06.2008, Goffertpark, Nijmegen
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Goffertpark, Nijmegen
15. Juni 2008
Event
Stil: Rock



Artikel vom 18.06.2008


Udo Gröbbels
Der niederländische Classic Rock-Radiosender Arrow veranstaltet jedes Jahr ein großes Open-Air mit 'alten Helden'.
In den vergangenen Jahren gaben sich dort schon Meister wie beispielsweise Europe, Toto, Yes oder Status Quo die Klinke in die Hand. Was das Organisationsteam aber für 2008 zusammengestellt hatte, übertraf alles Bisherige um Längen und wenn man das Billing für das Festival las, wurde jedem, der sich auch nur etwas für klassische Rockmusik interessierte ganz warm ums Herz. Das Ergebnis: Neun Bands und zehn Stunden Livemusik von mittags bis in die Nacht.
Da gab es nur eine Folgerung: Ab nach Nijmegen!!
Einlass 'Dank' der riesigen Schlange am einzigen Eingangsbereich, hörten wir REO Speedwagon leider nur von weitem, wobei dies auch aus großer Entfernung noch gut klang. Als wir dann endlich auf dem Gelände waren, hatten die Musiker leider schon längst die Hauptbühne verlassen.
Mit Gotthard hatte zwischenzeitlich schon die erste Band auf der kleineren Nebenbühne angefangen, die auch vom Publikum gut aufgenommen wurden. Gotthard waren, obwohl auch schon über 15 Jahre im Musikgeschäft tätig, die mit Abstand jüngste Band, was zeigt, dass hier wirklich nur das Prinzip 'Old School' angesagt war.
Kutte Kurz vor 15:00 Uhr kam dann der erste wirklich interessant Musikact auf die Bühne und Journey legten eine Stunde lang eine Show hin, die mit zum Besten gehört, was ich seit langem gesehen habe. Die 'alten Herren' rockten derart munter drauf los, dass es wirklich Spaß machte. Mittelpunkt war natürlich der neue Frontmann Arnel Pineda, dessen Stimme wirklich nahezu identisch mit der des großen Steve Perry ist. Außerdem legte der Mann ein Laufpensum und einen Enthusiasmus an den Tag, was wirklich einzigartig ist. Dazu kommen natürlich die zahllosen Hits von Journey und schon mit der zweiten Nummer, "Seperate Ways", hatte man das Publikum auf seiner Seite. Es folgte Hit an Hit wie "Wheel In The Sky", "Faithfully", "Be Good To Yourself" oder das bewegende "Lights". Zum Abschluss gab es als Oberknaller "Any Way You Want It" und das geniale "Don't Stop Believing". Ganz großes Kino und die Messlatte sollte nach diesem Auftritt im Goffertpark an dem Tag erst ganz zum Schluss wieder erreicht werden.
Danach war ich so geplättet, dass ich mir erst mal eine Auszeit nahm und Kansas nur aus der Entfernung sah. Großer Fan dieser Band war ich nie, aber mit "Dust In The Wind" und dem abschließenden "Carry On Wayward Son" gab es großen Beifall.
Def Leppard An dieser Stelle kurz ein Kompliment an die Organisatoren des Festivals, denn der Zeitablauf wurde bis auf 10 Minuten wunderbar eingehalten und so gab es permanent Musik. Nachdem beispielsweise Kansas den letzten Akkorde gespielt hatten, dauerte es fünf Minuten und schon standen Def Leppard auf der großen Hauptbühne. Ich war mir vorher nicht ganz sicher, ob sie live auch im Jahre 2008 noch funktionieren, aber ich wurde eines besseren belehrt. Nach anfänglichen Soundproblemen beim Opener "Rocket" klang der Rest dann besser und die Leute feierten gut mit. Def Leppard wussten natürlich nur zu gut, dass, wenn man bei diesem gemischten Festivalpublikum punkten wollte, man am besten auf Klassiker setzt. Darum gab es auch nur zwei Lieder ihrer neuen Platte "Songs From The Sparkle Lounge", dafür aber fünf Songs ihres Erfolgsalbums "Hysteria" aus dem Jahre 1987. Sogar den eher unbekannten Titeltrack dieses Millionensellers spielte man. Für die älteren Fans gab es mit "Rock Of Ages" und "Photograph" auch zwei Stücke von "Pyromania". Als Abschluss servierte man dann noch "Let's Get Rocked" und damit hatten Def Leppard bewiesen, dass man auch 2008 noch genug Biss hat. Hut ab.
Danach hieß es wieder zur kleineren Bühne gehen, wo Twisted Sister loslegten. Die Band um Dee Snider feierten mit dem Opener "You Can't Stop Rock'n'Roll" das Jubiläum ihrer gleichnamigen Platte. Snider erwies sich mal wieder als Rampensau aller erster Sahne und mit lustigen Ansagen und klassischen Rockposen gab er wieder alles. Höhepunkte des insgesamt sehr guten Sets waren natürlich "We're Not Gonna Take It" und das abschließende "I Wanna Rock". Sehr geil.
Whitesnake Kurz ein Bier und schon wieder zur anderen Bühne. Auf Whitesnake hatte ich mich im Vorfeld sehr gefreut und war gespannt auf Coverdale und Co. Leider konnten sie die Erwartungen nicht erfüllen und obwohl David Coverdale gut bei Stimme war und die Band ebenfalls hervorragend spielte, wollte der Funke zum Publikum partout nicht überspringen. Vielleicht lag es auch an der Songauswahl, denn es gab relativ viele Nummern von der neuen Platte, die die vielen Zuschauer nicht kannten. Sobald jedoch ein Track vom "1987"er ertönte, war das Publikum dann wieder etwas enthusiastischer. Erst bei den letzten drei Stücken, "Gimme All Your Love", "Still Of The Night" und dem unumgänglichen "Here I Go Again", kam etwas Stimmung auf. Bei Letzterem begrüßte David Coverdale dann noch als Gast seinen langjährigen Weggefährten Adrian Vandenberg (»my dutch brother«) auf der Bühne, der sichtlich Spaß hatte, nochmals vor so vielen Menschen zu spielen. Insgesamt aber bleibt nach einer Stunde Whitesnake ein fader Beigeschmack. Wenn auch nicht schlecht, war dies meiner Meinung nach die Enttäuschung des Festivals. War aber nicht wirklich schlimm, denn auf der Nebenbühne kam schon der nächste Kracher.
Fans »We are Motörhead and we play Rock'n'Roll!«. Diesen Standardsatz sagt der gute Lemmy ja immer - und nicht mehr, aber auch nicht weniger wird dann anschließend geboten. Motörhead live ist einfach eine sichere Bank und auch trotz einsetzenden Regens wurde die Band wieder komplett abgefeiert. Lemmy hat die in den letzten Jahren doch immer wieder relativ identisch gewordene Setlist etwas entstaubt. Leider fielen dem dann auch " R.a.m.o.n.e.s" und "God Save The Queen" zum Opfer, aber mit "Metropolis" oder "Just Cos You've Got The Power" gab es ein paar Raritäten aus dem reichhaltigen Fundus zu hören. Auch neu war die Thin Lizzy-Coverversion "Rosalie", die man Phil Lynott widmete. Zum Ende ging die Band mit "Going To Brazil", "Killed By Death" und dem unverwüstlichen Klassiker "Ace Of Spades" wieder auf Nummer sicher. Mit "Overkill" als Zugabe war dann endgültig Schluss. Motörhead - gut wie immer.
Kiss Nun aber fiebert alles dem Höhepunkt des Tages entgegen. Kiss waren angesagt und selbst wer es nicht wusste, hätte dies an den ganzen T-Shirts unweigerlich erkennen können. Von den ca. 30.000 Besuchern waren sehr viele mit den verschiedensten Kiss-Shirts ausgestattet und auf dem Gelände konnte man sich sogar in Kiss-Manier schminken lassen. Kurz vor 21:00 Uhr war es dann soweit und mit »Alright Nijmegen! You wanted the best- you got the best. The hottest band in the world - Kiss!!« ging das Spektakel los. Es war schon beeindruckend, das die Leute nach über acht Stunden Live-Musik zum Ende nochmals so aufdrehen konnten. Obwohl es 'nur' ein Festivalauftritt war, brachten Kiss ihre komplette, gigantische Show mit in den Goffertpark und es gab bei fast jedem Lied einen oder mehrere Showeffekte, wie die 'schießende Gitarre', Pyros ohne Ende oder anderen Schick-Schnack. Kiss sind und bleiben nun mal die perfekte Symbiose aus Rock'n'Roll und Las Vegas-Show. Musikalisch (ja stimmt, die machen ja auch Musik ☺) servierte die Band unter dem Tourmotto '35 Alive' fast nur alte bis uralte Nummern aus den beiden Alben "Alive 1' und "2", wobei auch hier mit "Nothin' To Loose" oder "Cold Gin" mal wieder ein paar Raritäten ausgegraben wurden. Nahezu alle Songs des Konzertes sind absolute Klassiker und so wurde mit z.B. "Strutter", "C'mon And Love Me" oder "Parasite" wirklich all das gebracht, was ein Kiss-Fan erwartet.
Kiss Zum Ende des regulären Sets dann der erste 'Show-Overkill', als bei "Rock'n'Roll All Nite" neben drei riesigen Konfetti-Fontänen auch noch die halbe Bühne explodierte. Ich habe selten so viele ältere Herren im Publikum gesehen, die ein Leuchten in den Augen hatten, so als hätten sie gerade ihre erste Eisenbahn bekommen. Natürlich war dies noch nicht alles und im Zugabeblock verabschiedete man sich mit der Frühphase der Band, aber auch "Shout It Out Loud", "Love Gun" oder "Lick It Up" wurden frenetisch abgefeiert.
Nach ihrem 'Disco-Hit' "I Was Made For Lovin You" wurde es Zeit für das große Finale und beim allerletzten Song, "Detroit Rock City", wurde erneut ganz tief in die Show-Trickkiste gegriffen. Herrlich! Um 23.00 Uhr war dann Schluss und in Begleitung von Konservenmusik ("God Gave Rock'n'Roll To You") machten sich alte und junge Rockfans auf den Heimweg.
Ein tolles Festival, was sicher in dieser Konstellation seines Gleichen sucht und das mal wieder beweist, dass klassischer Hardrock noch lange nicht tot ist.
Kiss     Kiss     Kiss
Kiss
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