H.E.A.T. Festival / 16.10.2010, Reichenbach/Fils, H2O
Programm H.E.A.T. Festival
Reichenbach/Fils, H2O
16.10.2010
Konzertbericht
Stil: Melodic Rock


Artikel vom 08.11.2010


Jürgen B. Volkmar
Top-Event für Melodic Rock-Liebhaber vor neuer Kulisse
Nachdem das diesjährige, auf zwei Tage angelegte H.E.A.T. Festival erstmals in der H2O-Halle in Reichenbach präsentiert wurde, mussten viele der anwesenden Besucher zum Teil größere Entfernungen auf sich nehmen, um die Bands zu sehen, die alle den mehr oder weniger radiotauglichen Melodic Rock in ihrem Programm haben.
Markonee Gleich nach der kurzen Ansage des Veranstalters erlöschen die Spots und Markonee stürmen auf die Bühne. Satte Gitarrenklänge und ein vitaler Leadsänger eröffnen das jetzt schon in die dritte Runde gehende Festival. Der Fünfer aus Italien hat klassischen Hard Rock im Programm und ist der ideale Festivalauftakt. Zur Begrüßung fetzen zwei Gitarren, sozusagen als Ohrenspülung, satte Töne in Richtung der Anwesenden, so dass die Stimmung sofort auf melodischen Rock gepolt wird.
Zahlreiche Songs von ihrem ersten Album, wie "Way 2 Go" und "Woman & Whisky", bringen mit ihren eingängigen Hooklines sofort Bewegung in die anfangs noch etwas zurückhaltenden Zuhörer. Die Stimme des Frontmanns kommt klar und deutlich aus dem Mikro und überzeugt selbst den letzten Skeptiker. Der Drummer bearbeitet seine Felle im Gleichtakt zu den tiefen, grollenden Tönen des ebenfalls ständig in Bewegung agierenden Bassisten. Überhaupt fällt auf, dass Markonee die Initiatoren einer Partylaune sind, die sich den ganzen Abend über aufrechterhalten sollte. Was gut ist, endet meist schnell, und so bleiben die vierzig Minuten Spielzeit wesentlich kürzer in Erinnerung.
Markonee     Markonee
Nach kurzem Umbau dann der nächste Gast, Pussy Sisster. Mit ihrem reinrassigen, dreckigen Rock'n'Roll sind sie hier das wahre Kontrastprogramm. Man merkt, dass für viele im Publikum die Jungs aus Karlsruhe den heimlichen Pussy Sisster Höhepunkt darstellen. Daher lassen die Sissters auch nichts anbrennen. Alex Nad, der Rock'n'Roll-Dompteur, jagt mit seinem Mikro wie ein Greyhound über die Bühne und bringt mit "Angel Dust" einen absoluten Losgehrocker, der die Umstehenden zu ersten Beifallsrufen animiert. Der Vierer, aus Termingründen ohne ihren zweiten Gitarristen aus den USA angetreten und zwischenzeitlich durch die TV-Auswandererserie "Goodbye Deutschland" auf VOX einem größeren Publikum bekannt geworden, drückt auf das Gaspedal.
Gitarrist Marc O. nagelt in Bestform die Tonleitern des mit Riffs gespickten Materials aus seinem Instrument. Frontshouter Alex wechselt unterdessen vom Bühnenrand bis knapp an das Gitter, das die Fans von der Bühne trennt. Er rennt, springt und turnt fast schon akrobatisch zwischen Bühne und Fotograben hin und her. Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt, als "In Your Eyes" und "City Of Angels" aus den Speakern geblasen werden. Jetzt röhrt wirklich der Hirsch. Ein Losgehrocker folgt auf den nächsten. "Leader Of The Gang", "Pussy Sisster" und "Vampires Of Death" werden stürmisch abgefeiert. Das Publikum rastet förmlich aus, als der Frontmann mit den Leuten auf Tuchfühlung geht. Leider geht auch diese Show nach knappen fünfzig Minuten viel zu früh zu Ende.
Pussy Sisster     Pussy Sisster     Pussy Sisster
Nach kleiner Umstellung gehen erneut die Lampen aus und Bangalore Choir mit ihrem legendären Frontmann David Reece lassen die ersten Töne erklingen. Einstmals als reine US-Hard Rock-Formation gegründet, sind jetzt auch deutsche Musiker mit an Bord, die ebenfalls wissen, was ihre Anhänger hören wollen. "Angel In Black", "Loaded Gun" und einige Tracks vom neuen Album Cadence halten die Stimmung weiter am kochen. Die US-Rocker zeigen eine in jeder Beziehung perfekte Instrumentalleistung. Mehrstimmige Refrains kommen perfekt auf den Punkt und die Stimme des Sängers hat in all den Jahren nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.
Eingehüllt in ständig wechselnde farbige Lichteffekte, bringt Reece eine in allen Lagen perfekte Gesangsleistung. Die Band pendelt zwischen Melodic Metal und waschechtem Hard Rock und kann sogar in den balladesken Bereichen die auf nicht so sanfte Töne eingestellten Zuhörer erreichen. Alle Melodien zünden sofort nach den ersten Takten und die bis an die Bühne Vordrängenden saugen diese auf. Ein echter Glanzpunkt, darin sind sich die meisten einig, der auch nach kurzer Dauer beendet wird.
Bangalore Choir     Bangalore Choir
Bad Habit, die eigens für dieses Festival aus Schweden angereist und bis zu diesem Zeitpunkt noch nie live in Deutschland aufgetreten sind, haben daher eine entsprechende Erwartungshaltung aufgebaut. Immerhin 25 Bad Habit Jahre auf der Bühne, das ist schon eine beeindruckende Leistung; nichtsdestotrotz ist das Quintett in unseren Breiten relativ unbekannt. Getaucht in das komplette Farbenspektrum der Strahler, sind daher auch wesentlich ruhigere Töne aus dem Melodic Rock-Sektor zu hören. "I Swear", ein fast schon Rundum-sorglos-Song, der auch aus der Songschmiede irgendeiner Boygroup kommen könnte, steht gleich zu Anfang mit mehrstimmigen Gesangseinlagen garniert auf der Setlist.
Beinahe episch intoniert, glänzt dieser Slow-Song durch seine Arrangements und bringt so manche Frauenaugen zum Leuchten. Die Besucherinnen sind auch eindeutig die Zielgruppe der perfekt aufspielenden Skandinavier. Mit kurzen Geschichten werden alle Stücke eingeleitet, so auch die allererste Single aus dem Jahr 1987 "Need Somebody", die von Sänger Bax Fehling mit nicht zu überhörender Leidenschaft intoniert wird. Melodischer Anspruch, so kann man das Credo dieser Band am Besten beschreiben. Das volle, melodische Power-Einmaleins, mit sorgfältig herausgespielten Klangfinessen von einer tadellos aufspielenden Band. Herz, was willst Du mehr.
Bad Habit     Bad Habit     Bad Habit
Rock der Marke 'Heavy', so eröffnen Soul Doctor den nächsten Set. Heißer Hard Rock, wie er von dem Berliner Power-Vierer erwartet wird. Ebenfalls auf eine beachtliche Biografie an Veröffentlichungen Soul Doctor zurückblickend, ist hier ein weiteres Hard Rock-Highlight zu erwarten. Die Truppe um Sänger Tommy Heart weiß, was sie der Menge schuldet. Anfangs etwas übersteuert, aber von ihrem Tontechniker ab dem vierten Song wieder in den Griff bekommen, werden wahre Rocksalven abgefeuert. Traditioneller Hard Rock in messerscharfer Form, der mit voller Wucht die Ohren der Anwesenden trifft.
Heavy Rock mit Groove, so wie es angesichts der vorgerückten Stunde passend ist, lässt daher auch keine Müdigkeit aufkommen. "Get It On" - nur einer von zahlreichen Rockhämmern, entfaltet eine unglaubliche Kraft, die jeden in den Bann zieht. Mit dem Gitarristen Chris Lyne ist ein Saitenbearbeiter am Werk, der nicht umsonst internationale Klasse besitzt. Die Riffs werden hinausgeknüppelt, als ob ein Dreschflegel den Gitarrenhals bearbeiten würde. Hier ist wirklich ein Gitarrenzauberer der Heavy-Fraktion an der Arbeit, der seiner Axt die Sporen gibt. Ein saucooler Auftritt einer kreativen Gruppe, die allen Vorschusslorbeeren gerecht wird.
Soul Doctor     Soul Doctor     Soul Doctor     Soul Doctor
Nach der Umbaupause ist dann eine echte Überraschung fällig. H.E.A.T. aus Schweden, noch jung an Jahren, aber bereits ein echter skandinavischer Senkrechtstarter, kommt mit seinem Neuzugang Erik Gronwall als Frontröhre. Einziger Nachteil des Sängers, dass er vom Aussehen etwas an Billy Idol erinnert und daher durch seine Frisur inmitten der anderen langmähnigen Musiker etwas wie ein Fremdkörper wirkt.
H.E.A.T. Das schwedische Sixpack bringt es aber sofort fertig, die Menge zu sichtbaren Reaktionen zu bringen. Etliche Anhänger singen sofort die mit eingängigen Hymnen angereicherten Songs mit. Bei der Ballade "Everybody Wants To Be Someone" gibt es kein Halten mehr. Daher auch tosender Applaus am Ende dieses Smashers für eine erstklassige Darbietung, deren vokale Eigenheiten dem neuen Sänger keinerlei Probleme bereiteten. Überhaupt beherrscht Gronwall das Posing-Einmaleins aus dem Stegreif. Ständig auf und ab tobt der dünne Vorsänger von einer Seite der Bühne zur anderen. Den Mikroständer wedelnd über dem Kopf oder pathetisch von links nach rechts zirkulierend - der Mann weiß, wie man Rock präsentiert.
Gitarrist Dave entfaltet dazu gewaltige Riffgewitter, die es in sich haben. "Straight Up" vom
neuen Album punktet mit seiner perfekten Melodiestruktur und wird frenetisch abgefeiert. "Shelter" und "Who Will Stop The Rain" sind absolute akustische Soundwalzen und zeigen, dass die Band mit dem sich um das Mikro krallenden Sänger die perfekte Melodic Metal-Maschine ist. Man sieht deutlich, dass hier eine Band arbeitet, die noch eine große Zukunft vor sich hat, denn jeder einzelne Track hat das Zeug zu einem Klassiker. Verdient verabschieden die Jungs sich dann schweißgebadet am Ende des Sets von dem applaudierenden Publikum. Es ist selten, dass ein Festival ohne einen qualitativen Ausfall über die Runden kommt. Doch als der Vorhang fällt, verbleibt der Eindruck von leidenschaftlicher Rock-Power mit starken Showeffekten und erstklassigen Akteuren.
H.E.A.T.     H.E.A.T.     H.E.A.T.     H.E.A.T.
Line-up Markonee:
Stefano Peresson (guitar, keys)
Ivano Zanotti (drums)
Gabriele Gozzi (vocals)
Luigi Frati (bass)
Carlo Bevilacqua Ariosti (guitars)
Pussy Sisster Line-up Pussy Sisster:
Alex 'Sex' Nad (vocals)
Marc O. (lead & rhythm guitar)
Coma (bass)
Vital Roxx (drums)
Line-up Bad Habit:
Bax Fehling (lead vocals)
Hal Marabel (guitars, keyboards)
Sven Cirnski (guitars)
Patrik Södergren (bass)
Jaime Salazar (drums)
Line-up Soul Doctor:
Tommy Heart (vocals)
Chris Lyne (guitars)
Jogy Rautenberg (bass)
Louis Sesto (drums)
Line-up H.E.A.T.:
Eric Gronwall (vocals)
Dave Dalone (guitar)
Eric Rivers (guitar)
Jona Tee (keyboards)
Jimmy Jay (bass)
Crash (drums)
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